Die Sanierung des Waldschmidthauses auf dem Rachel im Bayerischen Wald ist die derzeit wohl höchste Baustelle Bayerns. Dort machen die Handwerker jetzt Winterpause. Wann sie im Frühling weiterarbeiten können, wissen sie noch nicht. Geplant ist, dass das Waldschmidthaus im kommenden Herbst wieder öffnet und Wanderer dort auch wieder übernachten können. Aber nicht immer läuft unterm Rachelgipfel alles wie geplant.
Wind und Wetter zwingen zum Improvisieren
Das Waldschmidthaus ist in dichten Nebel eingehüllt. Vom Gipfel des Rachel weht ein eisiger Wind herab. Die Kälte kriecht einem nach wenigen Minuten in die Glieder. Handwerker, die auf dem Dach arbeiten sollten, ziehen wieder ab. Es ist bei dem Wetter unmöglich zu arbeiten, sagen sie. Das Waldschmidthaus steht auf 1.360 Meter Höhe auf dem Dach des Bayerischen Waldes. Von hier aus sind es nur noch 92 Höhenmeter zum Rachelgipfel (1.452m). "Hier oben ist wenig planbar, man muss oft einfach auf die Situation reagieren und flexibel sein", erklärt Johannes Dick. Er ist für die Nationalparkverwaltung Projektleiter bei der Sanierung des Waldschmidthauses.
Steile Zufahrt fordert Bauarbeiter
Schon die Zufahrt zum Waldschmidthaus ist eine Herausforderung. Ein schmaler Wanderweg, durchzogen von tiefen Wasserrinnen ist der einzig mögliche Weg. Teilweise beträgt die Steigung mehr als 20 Prozent. Unmöglich für schwere Baumaschinen. Noch dazu liegt die Schutzhütte mitten im Kerngebiet des Nationalparks Bayerischer Wald. Hier sollen Pflanzen- und Tierwelt möglichst ungestört bleiben: "Ursprünglich hatten wir geplant, Fertigelemente aus Holz per Lastenhubschrauber auf den Berg zu bringen, haben uns aber aus Naturschutzgründen dann doch dagegen entschieden", erklärt Johannes Dick. Stattdessen habe man umgeplant. Die Holzelemente wurden kleiner konstruiert, damit leichter und schließlich konnten Nationalparkarbeiter sie auf Anhänger verladen und per Unimog zur Baustelle bringen, erläutert der Projektleiter.
Waldschmidthaus ist eine "Ikone im Bayerischen Wald"
Trotz der besonderen Herausforderungen beim Bau und der Planung - Architekt Alfons Döringer sagt: "Dieses Projekt wollte ich unbedingt umsetzen, das ist eine Herzenssache." Der 54-Jährige bezeichnet das Waldschmidthaus als "Ikone im Bayerischen Wald". Von seinem Kinderzimmer aus habe er auf den Rachel geschaut, berichtet der Architekt. Deswegen habe er auch zum Schutzhaus eine besondere Beziehung.
Als Planer muss er besonders darauf achten, dass der Charakter des Gebäudes erhalten bleibt. Auch weil es unter Denkmalschutz steht. So hat sich Alfons Döringer dazu entschieden, die Fassade mit Lärchenschindeln verkleiden zu lassen. Sie würden grau werden, so dass das Waldschmidthaus seine ursprüngliche Optik behalten werde. Im Original war das Gebäude mit sogenannten Eternitplatten verkleidet, asbesthaltigem Baumaterial, das nicht mehr verwendet werden darf. Die Haustechnik wird in einem Anbau, einer sogenannten "Energiescheune" untergebracht. An deren Fassaden und dem Dach werden PV-Module montiert, um den Energiebedarf zu decken. Denn auf den Rachel führen keine öffentlichen Strom- oder Wasserleitungen.
Eine alte Aufnahme des Waldschmidthauses am Rachel im Bayerischen Wald.
Sanierung kostet rund drei Millionen Euro
Der Bau des Waldschmidthauses im Jahr 1912 hat rund 12.000 Mark gekostet. Für die grundlegende Sanierung gibt der Freistaat Bayern jetzt etwa drei Millionen Euro aus. Und macht damit das Gebäude wieder zu einem wichtigen Ziel für Wanderer. "Wer zum Beispiel im Nationalpark vom Falkenstein über den Rachel zum Lusen wandern will, braucht hier eine Übernachtungsmöglichkeit", erläutert Nationalparkchefin Ursula Schuster. Künftig bietet das Waldschmidthaus wieder vier Gästezimmer mit zwölf Schlafplätzen.
Hüttengeschichte: das Waldschmidthaus ist 113 Jahre alt
Das Waldschmidthaus unterm Gipfel des großen Rachel ist am 1. September 1912 eingeweiht worden. Die Spiegelauer Sektion des Bayerischer Waldvereins hatte die Hütte damals gebaut und sie zu Ehren von Heimatdichter Maximilian Schmidt "Waldschmidthaus" genannt. Zuvor stand an der Stelle schon eine spartanische Schutzhütte. Dort hatten in den Jahren zuvor schon jeweils mehr als 2.000 Wanderer übernachtet.
Der Bayerische Wald erlebte in den Jahren vor dem 1. Weltkrieg bereits einen Tourismusboom. Durch den kriegsbedingten Besuchereinbruch musste die Waldvereinssektion das Gebäude bereits 1920 aufgeben, ein Privatmann erwarb das Waldschmidthaus bei einer Versteigerung. In der Folgezeit standen auf dem Rachel dann bis zu 46 Übernachtungsplätze zur Verfügung. Aufgrund neuer Brandschutzauflagen mussten die Schlafplätze bereits vor 13 Jahren aufgegeben werden. 2017 wurde das Waldschmidthaus dann vorübergehend geschlossen und vom Freistaat gekauft. Die geplante rasche Wiedereröffnung scheiterte im Jahr 2020. Seitdem ist das Waldschmidthaus, das von der Nationalparkverwaltung betreut wird, geschlossen. Wenn das Wetter mitspielt, soll es nach der Sanierung Ende kommenden Jahres wiedereröffnet werden.
Das eingerüstete Waldschmidthaus. Es wird saniert und umgebaut.
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