Besonders viele Kinder und Jugendliche sind in Aschaffenburg armutsgefährdet. Die Zahlen sind hier im bayernweiten Vergleich besonders hoch. In einigen Stadtteilen ist jedes dritte Kind von Armut betroffen. So steht es im Sozialplan der Stadt Aschaffenburg.
Die Diakonie betreibt im Bahnhofsviertel der Untermain-Metropole ein Sozialkaufhaus. Rüdiger Schuch, der Präsident der Diakonie Deutschland, hat es besucht und sich ein Bild gemacht. Seit Montag hält er sich im Freistaat auf, um die Menschen für das Thema Armut zu sensibilisieren.
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Arme Kinder, arme Rentner
"Das Thema Armut in Bayern ist ein wachsendes Problem, es ist kein abnehmendes Problem. Die Anzahl der Kinder unter 18, die armutsgefährdet sind, steigt, die Anzahl von jungen Menschen unter 25 steigt, die Anzahl von Alleinerziehenden. Auch die Anzahl von Rentnerinnen, die armutsgefährdet sind, ist enorm hoch in Bayern", beklagt Schuch.
Bezahlbarer Wohnraum für Geringverdiener kaum verfügbar
Bayern sei zwar eines der wirtschaftsstärksten Länder in Deutschland, aber der Freistaat habe auch große Probleme. Schuch zufolge fehlt es etwa an bezahlbarem Wohnraum für viele Familien - nicht nur in München oder in Nürnberg, sondern auch in vielen kleineren Städten. Schuch spricht außerdem von einem teils undurchdringlichen Dickicht, was die Beantragung von Leistungen anbelangt und fordert, die Verfahren zu vereinfachen und Bürokratie abzubauen.
"Kinderarmut ist ein Skandal!"
"Kinderarmut ist ein Skandal" betont auch Wolfgang Grose, der Leiter des Diakonie-Sozialkaufhauses in Aschaffenburg. Jeder vierte oder fünfte junge Mensch in der Stadt sei von Armut betroffen. Insgesamt rund 1.400 Kinder lebten Grose zufolge in der Grundsicherung und das schon seit vielen Jahren. In Kempten etwa sind es nur halb viele. Das habe mehrere Gründe: Geografisch liegt Aschaffenburg am Rand der Metropolregion Frankfurt Rhein-Main, jeder dritte Mensch in der Stadt habe einen Migrationshintergrund.
Aschaffenburg hat zudem bei der Aufnahme Geflüchteter die Quote übererfüllt, so Oliver Theiß von der Sozialplanung der Stadt. Viele dieser Menschen bekämen ihre Berufsabschlüsse nicht anerkannt und finden nur schwer Arbeit. Außerdem gebe es in der Region viel Industrie - und die sei von arbeitsmarktpolitischen Schwankungen besonders betroffen. Laut Grose liegt auch die Schuldnerquote in Aschaffenburg über dem Bundesdurchschnitt.
Hilfe auf vielen Ebenen
Die Diakonie in Aschaffenburg versuche, all den Problemen auf unterschiedlichen Feldern entgegenzusteuern, so ihr Leiter Wolfgang Grose. "Eine Hose, ein Kinderwagen, ein Schulranzen, verändert aber noch kein Leben. Es braucht Perspektiven aus der Armut", fordert Grose. "Wir ermöglichen zusammen mit den Jobcentern Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose", fährt er fort. Die Diakonie bietet Sozialberatung, Schuldner- und Insolvenzberatung an.
Im Audio: Aschaffenburgs Zahlen im bayernweiten Vergleich hoch
Das Sozialkaufhaus der Diakonie in Aschaffenburg
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