Wohin soll das neue Verwaltungsgericht in Niederbayern?
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Diskussion über Verwaltungsgericht: SPD spricht von "Kuhhandel"

Diskussion über Verwaltungsgericht: SPD spricht von "Kuhhandel"

Wo soll das neue Verwaltungsgericht für Niederbayern hin? Nachdem sich die Regierung weder auf Freyung noch auf Grafenau einigen konnte, brachten die Freien Wähler Deggendorf ins Spiel. Daraufhin schlug die CSU Passau vor. Dort sind sie überrascht.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Niederbayern am .

Niederbayern hat kein eigenes Verwaltungsgericht. Wer entsprechende Fragen zu klären hat, muss sich ans Verwaltungsgericht in Regensburg wenden. Im Zuge der Behördenverlagerung aufs Land wollte die Bayerische Staatsregierung ein neues niederbayerisches Verwaltungsgericht im Bayerischen Wald ansiedeln. Doch daraus wurde nichts. Mittlerweile liegen mehrere Vorschläge auf dem Tisch – CSU und Freie Wähler sind sich aber weiter uneins.

Viele Vorschläge – noch keine Einigung

Der ursprünglich anvisierte Standort Freyung war im Januar ausgeschieden. Die Freien Wähler hatten sich quergestellt, weil sie die Bevorzugung einer Stadt mit CSU-Bürgermeister vermuteten. Sie hatten Grafenau vorgeschlagen, wo Alexander Mayer von den Unabhängigen Wählern regiert.

Nachdem beide Vorschläge vom Tisch waren, brachten die Freien Wähler Deggendorf ins Spiel. Dort gebe es bereits einen Gerichtsstandort, wo man andocken könnte, so ein Argument. Zuletzt schickte dann die CSU eine ganz andere Stadt ins Rennen: Danach soll das niederbayerische Verwaltungsgericht nach Passau.

SPD-Abgeordneter warnt vor politischer Instrumentalisierung

Der Passauer SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Schätzl spricht von einem "Kuhhandel". Ein dringend notwendiger Gerichtsstandort dürfe nicht politisch instrumentalisiert werden, so Schätzl zum BR. In der Diskussion über ein neues Verwaltungsgericht für den Bezirk Niederbayern forderte der SPD-Bundestagsabgeordnete am Freitag (16.2.) eine zeitnahe verbindliche Standortzusage.

Schätzl hat nach eigenen Angaben kein Verständnis dafür, dass der zunächst geplante Standort Freyung vor Kurzem zurückgenommen wurde. Die Stadt hatte bereits große Summen in den Erwerb eines entsprechenden Areals investiert, deshalb kam die Absage "genauso überraschend wie unbegründet", so Schätzl weiter.

Auch der SPD-Oberbürgermeister der Stadt Passau ist überrascht über den Standort-Vorschlag der CSU, der seiner Aussage nach aus Passau stammt und bereits in den 1990er Jahren aufkam. Jürgen Dupper sagte dem BR: "Letztendlich fiel die Entscheidung auf die Stadt Freyung, auch um eine strukturpolitische Stärkung im ländlichen Raum zu erreichen. Diese Auswahl wurde von der Stadt Passau akzeptiert. Umso überraschter waren wir, als sich Anfang des Jahres die Regierungsparteien dann doch nicht auf den Standort Freyung einigen konnten und dessen Aus verkündet wurde."

Passau mit offenen Armen für neues Gericht

Nichtsdestotrotz würde Dupper Passau sehr als Standort für ein niederbayerisches Verwaltungsgericht begrüßen, gebe es doch "neben den Vorteilen einer hervorragenden verkehrlichen Anbindung" auch eine juristische Fakultät an der Universität Passau. Außerdem würde ein Verwaltungsrechtsweg in Passau die bisherige ordentliche Gerichtsbarkeit (AG und LG) sowie die Arbeitsgerichtsbarkeit (ArbG) ergänzen. Entsprechende Räumlichkeiten würde die Stadt Passau stellen.

Auch die Passauer Grünen befürworten den Standort Passau. Sie sehen den Vorteil eines Verwaltungsgerichts in der Stadt unter anderem in attraktiven Ausbildungs- und Arbeitsplätzen. Als möglichen Standort könnten sich die Grünen das JVA-Gebäude in der Theresienstraße vorstellen.

Grüne wollen Tempo machen

"Ich appelliere hier an alle Stadtratsmitglieder, an einem Strang zu ziehen und Ministerpräsident Markus Söder aufzufordern, ein Verwaltungsgericht für Niederbayern schnellstmöglich in Passau umzusetzen", so die Kreisvorsitzende Monika Solomon. Der Grünen-Landtagsabgeordnete Toni Schuberl wird bei der Staatsregierung anfragen, ob Passau als Standort für ein Verwaltungsgericht infrage kommt, heißt es in einer Mitteilung vom Freitag.

Auch die Freien Wähler signalisierten bereits Gesprächsbereitschaft. Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger sagte dem BR am Mittwoch, man werde sich den Vorschlag anschauen und darüber reden, wenn "es Sinn macht". Er sagte weiter: "Ich schließe das jetzt nicht aus."

Gemeindetag kritisiert Diskussion über Standort Passau

Nun hat sich auch Uwe Brandl (CSU), Präsident des Bayerischen Gemeindetags und früherer Bürgermeister von Abensberg, zu Wort gemeldet. Das geplante Verwaltungsgericht im ländlichen Raum sei eine richtige Idee der Bayerischen Staatsregierung im Zuge der Behördenverlagerungsoffensive gewesen. Zunächst waren Freyung, Grafenau und Deggendorf als mögliche Standorte gesetzt.

Die Debatte über die kreisfreie Stadt Passau als Standort für das neue Verwaltungsgericht Niederbayern sei zum Nachteil des ländlichen Raums, findet der Bayerische Gemeindetag. Uwe Brandl: "Es ist nicht nachvollziehbar, warum damit erneut eine Chance für den ländlichen Raum vergeben wird. Ständige Lippenbekenntnisse für gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land bringen den ländlichen Raum nicht weiter. Es ist an der Zeit, ein deutliches Zeichen dafür zu setzen, dass der Verfassungsgrundsatz auch mit Leben erfüllt wird. Gerade auch in Niederbayern gibt es infrastrukturell gut angebundene kreisangehörige Städte, Märkte und Gemeinden, die geeignet wären, Sitz des Verwaltungsgerichts Niederbayern zu werden."  

Appell an Staatsregierung

Der Bayerische Gemeindetag fordert die Staatsregierung auf, ihren eigenen Grundsätzen Rechnung zu tragen und geeignete kreisangehörige Gemeinden als Standort für das Verwaltungsgericht Niederbayern in Betracht zu ziehen und die Parteipolitik bei der Entscheidung für das Land hintenanzustellen. Dies wäre ein klares Signal, dass der Verfassungsgrundsatz für gleichwertige Arbeits- und Lebensverhältnisse in Stadt und Land ernst genommen wird, heißt es. Und es wäre ein positives Zeichen für ganz Niederbayern, so Brandl abschließend.

💡 Was wird am Verwaltungsgericht verhandelt?

Die Gerichtsbarkeit in Deutschland ist nach verschiedenen Gerichtszweigen organisiert. Einer der fünf Gerichtszweige ist die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Ihre Aufgabe ist es, Bürgerinnen und Bürgern effektiven Rechtsschutz gegenüber staatlichem Handeln zu gewähren.

Das Verwaltungsgericht ist zum Beispiel zuständig, wenn Bürger und Staat sich in einer öffentlich-rechtlichen Meinungsverschiedenheit gegenüberstehen. Es gibt Verfahrenskonstellationen, in denen sich der Bürger gegen einen behördlichen Eingriff wendet (Beispiel: Entziehung der Gaststättenerlaubnis), aber auch Verfahren, in denen der Bürger eine Leistung begehrt, die die Verwaltung ihm verweigert (Beispiel: Baugenehmigung).

Weitere Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte sind unter anderem: Ausländer- und Asylrecht, Schul- und Hochschulrecht, Ordnungsrecht (darunter zum Beispiel das Versammlungsrecht) oder das Umweltrecht (Immissionsschutz-, Naturschutz- und Wasserrecht).

(Quelle: Bayerische Verwaltungsgerichtsbarkeit)

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