"Wir brauchen keine Zelte mehr für Flüchtlinge aufzustellen", sagt Markus Müller, Landrat des Landkreis Dillingen a. d. Donau. Aktuell kämen nur noch bis zu zehn Flüchtlinge pro Woche neu an, meist aus der Ukraine. Vor zwei Jahren kamen jede Woche bis zu 50 Menschen, ganze Busse voll. In der Not habe man dann eilig Zelte aufgebaut, in Buttenwiesen, Wertingen, Lauingen. Die sind heute verschwunden, die Geflüchteten leben nun in Unterkünften, wenige in Privatwohnungen. Mittlerweile habe sich die Lage entspannt, sagt Markus Müller. Diesen Eindruck teilen auch andere Kommunen in Deutschland. Das belegt eine Befragung der Universität Hildesheim und des Mediendienstes Migration (externer Link).
Bayern: Für Hälfte aller Kommunen hat sich Lage verbessert
Dabei gibt jede zweite Kommune an, dass sich die Flüchtlingssituation 2024 verbessert habe. Das trifft auch auf Bayern zu, sagt Migrationsexperte Boris Kühn von der Universität Hildesheim. Die Wissenschaftler haben insgesamt 4.678 Kommunen in ganz Deutschland befragt.
Nach früheren Erhebungen in 2023 und 2024 zeigt die Umfrage jetzt: Der "Notfallmodus" wird immer mehr zur Ausnahme. Hatten 2023 noch rund 40 Prozent der Kommunen einen solchen festgestellt, ist dieser Wert nun auf rund 11 Prozent gesunken. Knapp 17 Prozent gaben an, "ohne größere Schwierigkeiten zurechtzukommen". Die meisten Kommunen – rund 72 Prozent – bezeichneten die Lage bei der Unterbringung von Asylsuchenden vor Ort als "herausfordernd, aber noch machbar".
Langfristiges Problem: Umzug in private Wohnungen
Die Erstaufnahme sei nun zwar in vielen Kommunen geregelt, stellen die Forscher fest. Aber langfristig bleibe die Unterbringung eine große Herausforderung, sagt Politikwissenschaftler Kühn. "Manche Menschen wohnen schon fünf Jahre in Flüchtlingsunterkünften und finden keinen privaten Wohnraum." Für eine langfristige Integration brauche es auch ausreichend Kita- und Schulplätze, Sprachkurse und den Einstieg in den Arbeitsmarkt.
Bayern 2025: Weniger Geflüchtete, weniger Asylanträge
Im Jahr 2025 ist die Zahl der Menschen, die in Bayern Zuflucht suchen, stark zurückgegangen. Laut Bayerischem Innenministerium sind bis Ende Oktober dieses Jahres rund 11.700 Flüchtlinge im Freistaat angekommen. Das sind zwei Drittel weniger als im Vorjahr. 2024 waren es insgesamt noch rund 31.900. Auch die Zahl der Asylanträge ist zurückgegangen: In den ersten zehn Monaten dieses Jahres haben fast 60 Prozent weniger Menschen aus anderen Ländern in Bayern Asyl beantragt.
Innenminister Herrmann: Teure Unterkünfte kündigen
Der Rückgang entlaste auch die Unterkünfte in Bayern. So wurden im November dieses Jahres etwa zehn Prozent weniger Plätze in Asylunterkünften gebraucht als noch im Januar 2025. Deswegen hat Bayerns Innenminister Herrmann nun die Schließung einiger Unterkünfte angekündigt. "Wir wollen bei den teuersten Unterkünften beginnen, die Verträge zu kündigen", sagt Minister Herrmann. Damit werde auch der Steuerzahler entlastet.
Die Zahl der Flüchtlinge könne jederzeit wieder steigen, sagen die Studienmacher von der Uni Hildesheim. Ihr Rat an alle Kommunen: Bereits proaktiv Pläne auszuarbeiten für weitere Massenunterbringungen – falls wieder der Notfallmodus eintrete. Auch der Dillinger Landrat Markus Müller findet das sinnvoll und denkt das nächste Krisenszenario bereits mit.
Turnhallen-Belegung durch Geflüchtete: Nur Einzelfälle
Boris Kühn und seine Kollegen haben darüber hinaus abgefragt, wie viele Turnhallen bundesweit noch von Geflüchteten belegt sind. Das Ergebnis: Die Notunterbringung in Sportzentren ist auf zwei Prozent gesunken. Die Sorge, dass zugunsten von Flüchtlingen bei vielen Kindern der Sportunterricht ausfallen muss, ist demnach unberechtigt. "Die Bilder von belegten Turnhallen sind ein mediales Phänomen", sagt Boris Kühn. "Es sind Einzelfälle, die aber in der Gesellschaft anders wahrgenommen wurden." Selbst mitten in der Krise 2023, nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine, hätten nur sieben Prozent der Kommunen auf Sporthallen zurückgegriffen.
Im Video: Weniger Geflüchtete lassen Kommunen aufatmen
Lage in den Flüchtlings-Unterkünften in Bayern entspannt sich
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