Ein ehemaliger Ort des Grauens soll zum Treffpunkt für Fröhlichkeit und Genuss werden? In Flossenbürg im Oberpfälzer Landkreis Neustadt an der Waldnaab wurde ein ehemaliges Wachhaus der Nazis für viel Geld saniert und zu einem Kiosk ausgebaut. Ein Treffpunkt mit Geschichte – der Bürgermeister steht hinter der Idee.
Wachhaus am KZ-Steinbruch wird zum Kiosk
Es ist klein, hat eine grüne Holztüre sowie grüne Fensterläden – in der Gemeinde Flossenbürg kennt jeder dieses Häuschen. In den vergangenen Monaten ist das Gebäude für gut 170.000 Euro denkmalgerecht saniert worden.
Gebaut haben es einst die Nationalsozialisten als Kontrollstelle für den Haupteingang des KZ-Steinbruchs. Jetzt, 80 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers (KZ) Flossenbürg, wird das ehemalige SS-Wachhaus zu einem Kiosk.
Weiterentwicklung – ohne zu vergessen
In den vergangenen Jahren stand das Häuschen leer, die Witterung und die Zeit nagten an der Bausubstanz. Um einen weiteren Verfall zu verhindern, kaufte die Gemeinde vor vier Jahren das Haus. Mithilfe städtebaulicher Förderung konnte das ehemalige Wachhäuschen saniert werden.
Für Bürgermeister Thomas Meiler (CSU) ist diese Sanierung ein wichtiger Schritt in die Zukunft. Seiner Meinung nach entwickeln sich die Gemeinde Flossenbürg und die Gedenkstätte stetig weiter. Nach dem Krieg wurde das Gebäude schon einmal als Kiosk genutzt. "Für die Flossenbürger ist das ein Kiosk und kein Wachhaus mehr und in Zukunft soll es wieder ein Treffpunkt für alle werden", so Meiler.
Pächterin will positiv und progressiv in die Zukunft sehen
Die neue Pächterin des Kiosks ist Lena Stengl. Die 31-Jährige ist gelernte Hotelfachfrau und kommt ursprünglich aus Weiden. Vor viereinhalb Jahren ist sie nach Flossenbürg gezogen und hat sich hier niedergelassen. Als sie sich auf die Ausschreibung der Gemeinde beworben hatte, wusste sie noch gar nicht, dass das Gebäude ein ehemaliges Wachhaus der Nazis war. Seitdem Stengl die Geschichte des Häuschens kennt, geht sie mit viel mehr Respekt heran, sagt sie. Für die Pächterin ist es wichtig, das Geschehene nicht zu vergessen, trotzdem ist sie der Meinung, dass man positiv und progressiv in die Zukunft schauen sollte.
Nach der Eröffnung können künftig die Bürger jeweils am Samstag und Sonntag im Kiosk einkaufen und dort Kaffee und Kuchen genießen. Letzteres liegt Stengl besonders am Herzen. Sie will, dass die Flossenbürger hier einen Ort haben, um sich auszutauschen und lachen zu können. "Ich möchte etwas Schönes daraus machen, ohne die Geschichte zu vergessen", erklärt die Kiosk-Pächterin.
Veränderung ist ein Markenzeichen von Flossenbürg
Nur wenige hundert Meter vom Kiosk entfernt, befindet sich das Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Flossenbürg. Jörg Skriebeleit, der Leiter der Gedenkstätte Flossenbürg, hat die Entwicklung des ehemaligen Wachhäuschens mitverfolgt. Seiner Meinung nach ist es ein Markenzeichen des Ortes, dass nicht alle KZ-Relikte Bestandteile der Gedenkstätte sein müssen.
Die Gemeinde habe sich nach 1945 sukzessive und systematisch in das ehemalige KZ-Gelände hineinentwickelt, so Skriebeleit. "Gedenkstätte sollte man als eine soziale Institution begreifen, die sich für ganz viele Schichten und Gruppen öffnet", meint der Gedenkstättenleiter. Er findet es gut, dass es eine neue Anlaufstelle nicht nur für den Ort, sondern auch für die Besucher gibt.
Zum Nachhören: Ehemaliges SS-Wachhäuschen wird zum Kiosk
Das denkmalsanierte ehemalige SS-Wachhaus in Flossenbürg wird ein Kiosk.
Im Video: #BR24Zeitreise: Befreiung des KZ Flossenbürg
KZ Flossenbürg
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