7. Januar 2022. Die Corona-Pandemie ist auf dem Höhepunkt, da zwingt das Virus den FC Bayern fast in die Knie. Zum Rückrunden-Auftakt muss der halbe Kader in Quarantäne. Mit einer Not-Elf verliert die Mannschaft von Trainer Julian Nagelsmann zu Hause gegen Borussia Mönchengladbach mit 1:2. An diesem Abend feiert Paul Wanner sein Bundesliga-Debüt: Mit gerade einmal 16 Jahren und 15 Tagen. Er ist bis heute der jüngste Bundesligaspieler in der Geschichte des FC Bayern München.
Der damalige Trainer Julian Nagelsmann prophezeit ihm eine große Karriere, "wenn er klar im Kopf bleibt. Er ist ein unfassbares Talent, sehr schnell, sehr ballsicher, mutig." Auf Nagelsmanns Loblied folgen erstmal nur fünf weitere Kurzeinsätze für die Profis der Bayern. Danach soll Wanner bei zwei Leihstationen Profi-Kilometer sammeln.
Nach Leihen: Paul Wanner kehrt zum FC Bayern zurück
In diesem Sommer kehrt der deutsche U21-Nationalspieler mit den österreichischen Wurzeln zurück zum Rekordmeister. Dort könnte er zur Übergangslösung nach dem Ausfall von Superstar Jamal Musiala werden. Anders als Musiala musste Wanner den Umweg über Zweitligist Elversberg gehen, wo er sich unter Trainer Horst Steffen die nötige Profi-Härte in der zweiten Liga abgeholt hat.
Steffen, inzwischen Cheftrainer bei Bundesligist Bremen, würde das Riesentalent gerne an die Weser holen. Über Wanner und den Ex-Elversberger Asllani sagt Werders Trainer: "Das sind Jungs, mit denen ich gut zusammengearbeitet habe, die ganz interessant sind. Der Umgang mit beiden Spielern war so, dass sie ganz gut performt haben und es genossen haben."
Wanner kassiert verbale "Watschn" von Hermann Gerland
Dass Wanner kicken kann, stellt niemand infrage. Allerdings muss der inzwischen 19-Jährige beweisen, dass er die Bundesliga-Härte und -Seriosität auch dauerhaft abrufen kann. Ins selbe Horn stößt auch Bayerns Co-Trainer-Legende Hermann Gerland, inzwischen Co-Trainer bei Deutschlands U21-Junioren.
Der "Tiger" crasht ein Interview der "Bild"-Zeitung mit Wanner und blafft: "Wenn ich damals dieses Talent gehabt hätte wie Paul, hätte ich in seinem Alter schon ungefähr 100 Spiele mit 19 Jahren bei Bayern München gemacht!" Gerlands Worte klingen wie eine Watschn, sollen den Ausnahme-Kicker allerdings eher motivieren, mehr aus seinem Talent zu machen.
Berg- und Talfahrt mit Heidenheim
Eine ähnlich harte Schule hat Wanner bereits im Jahr zuvor durchlaufen. Als Leihspieler in Heidenheim lernt er, was "Gras fressen" bedeutet. Unter Schleifer Frank Schmidt startet die Bayern-Leihgabe gut in die Saison. Bayerns Sportdirektor Christoph Freund goutiert dies im vergangenen September so: "Grundsätzlich ist es eine sehr gute Entwicklung. Er hat jetzt einen perfekten Saisonstart gehabt, Heidenheim ist der perfekte Verein für ihn."
Auch, weil Wanner beim FCH durch Leistungstäler gehen kann und darf. Der talentierte Teenie hilft nach einer Berg- und Talfahrt mit Heidenheim mit, über den Umweg Relegation die Liga zu halten. Im Rückspiel gegen seinen Ex-Club Elversberg gibt Wanner die Vorlage beim Heidenheimer Siegtreffer. Im Anschluss wird er mit Deutschland Vize-Europameister bei der U21-EM.
Aktuell ist seine Zukunft allerdings unklar. Zum Trainingsstart in drei Wochen wird er bei den Bayern wohl erstmal zurückerwartet. Ob er aber bleiben darf, ist ungewiss. Die sportliche Führung um Vorstand Max Eberl hat nach Informationen von BR24Sport bislang keine klare Aussage gegenüber Wanner getroffen.
Die Zukunft von Paul Wanner: Bleibt er beim FC Bayern?
Interessenten für eine Leihe oder gar einen Kauf wären da: Neben Bremen ist auch der VfB Stuttgart heiß auf Wanner. Ob als Verrechnungsposten beim Woltemade-Transfer oder gegen Bares. Dennoch stellt sich die Frage: Wieso vertrauen die Bayern einmal mehr ihrer eigenen Nachwuchsförderung nicht? Jahr für Jahr verlassen unzählige Talente den Bayern-Campus, ohne Chance auf Spielzeit erhalten zu haben.
Lediglich bei Superstar Musiala hatten die Münchner unter dem damaligen Trainer Hansi Flick den Mut bewiesen, einen Youngster hineinzuwerfen. Was daraus wurde, ist hinlänglich bekannt. Selbst Aleksander Pavlovic wäre beinahe durchs Raster gefallen, hätte Ex-Trainer Tuchel damals seine "Holding Six" bekommen. Für den Fall Wanner bedeutet das nun: Entweder mutig sein und vielleicht den nächsten Superstar selbst formen, oder mal wieder tief in die Tasche greifen und ein weiteres Talent vergraulen.
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