Als Ministerpräsident Markus Söder im April 2023 ein Ein-Euro-Ticket für die Fahrradmitnahme ankündigte, war die Vorfreude unter den Fahrrad-Enthusiasten groß. 2023 ging das "BaSTi (R)"-Ticket dann an den Verkaufsstart. "BaSTi (R)", das steht für "Bayerisches Schienenpersonennahverkehrsticket Rad".
So sperrig der Name klingt, so kompliziert ist auch dessen Nutzung, beklagen die Grünen im Landtag. Sie erkundigten sich beim Verkehrsministerium nach den Verkaufszahlen für das hochgelobte Ticket. Aus der Antwort geht hervor: Es wurden im vergangenen Jahr bayernweit nur knapp 100.000 Mal verkauft. Im Vergleich zu regionalen Radtickets ist das wenig: allein die Fahrradtageskarte des Münchner Verkehrsunternehmens MVG wurde im selben Zeitraum dreimal so oft gekauft.
Landtags-Grünen: Söders Radticket floppt
Gleich mehrere Fehler wurden gemacht, sagt der Grünen-Abgeordnete Markus Büchler: "Weil der Ministerpräsident Söder ohne Fachkenntnis hoppladihopp was rausgehaut hat, nämlich 'Wir brauchen jetzt ein Ein-Euro-Ticket' und dann die ganze Branche gesagt hat, 'so geht es aber nicht'. Und dann ist es wahnsinnig kompliziert geworden. Jetzt ist ein völlig undurchsichtiger Flickenteppich herausgekommen."
Einschränkungen bei Strecken, Uhrzeiten und Wochentagen
Eine der Einschränkungen des Ein-Euro-Radtickets: Es gilt nicht auf bestimmten hochfrequentierten Strecken, etwa zwischen München und Nürnberg oder München und Salzburg. Auch morgens zwischen 3 und 9 Uhr ist die Ticket-Nutzung nicht möglich. Und von März bis Oktober gilt das Ticket an den Wochenenden grundsätzlich nicht.
Für Geschäftsführerin Petra Husemann-Roew vom Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club ADFC ist das der Hauptgrund für die mäßige Nachfrage: "Das Ticket ist zwar vom Preis her erstmal ’ne gute Idee gewesen. Es hat aber so viele Einschränkungen, dass es faktisch viel zu wenig genutzt wird."
Tarif-Dschungel: Verschiedene Rad-Fahrkarten in Bayern
Weiteres Problem: Es gibt parallel mehrere Rad-Fahrscheine in Bayern: Neben dem Ein-Euro-Ticket ist da noch das bayernweite Tages-Radticket der Deutschen Bahn für sieben Euro und die Tages-Fahrradkarten der jeweiligen Verkehrsverbünde. Der Radclub ADFC kritisiert das Tarif-Wirrwarr und fordert einen bundesweiten Rad-Fahrschein: "Wir würden uns – ähnlich wie das Deutschland-Ticket- ein bundesweit einheitliches Ticket wünschen, das die Fahrradmitnahme ermöglicht. Das auch einfach zu verstehen ist und nicht quasi an jeder Stelle, wo ich ein Fahrrad in ein öffentliches Verkehrsmittel mitnehme, sozusagen das Diplom machen muss, alle Tarifbestimmungen zu befolgen."
Auf BR-Anfrage weist die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) die Kritik von sich: "Wie alle neuen Angebote unterlag auch dieses einer Anlaufzeit", heißt es in der schriftlichen Antwort. Die BEG rechnet für 2025 mit einer weiter steigenden Nachfrage: "Die aktuellen Zahlen der ersten Monate deuten darauf hin."
Zum Vorwurf der vielen Einschränkungen für das Basti-R-Ticket schreibt die Eisenbahngesellschaft: "Grund für die Ausnahmeregelungen ist, dass auf Strecken und zu Zeiten, in denen die Züge bereits aktuell sehr stark ausgelastet sind, durch BaSTi (R) keine zusätzliche Belastung entstehen soll."
Vorbild Baden-Württemberg?
Grünen-Politiker Markus Büchler fordert für Bayern eine einfache Lösung nach dem Modell Baden-Württembergs: "Da ist die Fahrradmitnahme so einfach wie mit einem Koffer, nämlich: ist es kostenlos, abgesehen von der Stoßzeit zwischen sechs und neun Uhr. Da kostet es sechs Euro. Das ist einfach, das versteht auch jeder."
So einfach ist es nicht, sagt dagegen Norbert Moy vom Fahrgastverband Pro Bahn in Oberbayern. Denn schon jetzt seien manche Strecken von München ins Oberland oder ins Werdenfelser Land mit Fahrrädern überlastet. Ein kostenloses Ticket würde die Situation noch verschärfen. Die Meinung bei Fahrgästen gehe beim Thema Fahrradmitnahme auseinander, so der Verbandsvertreter. Nicht selten gibt es Konflikte in den Zügen. Der Platz sei begrenzt, es bräuchte deutlich mehr Kapazitäten auf den Strecken, und: Baden-Württemberg sei nicht überall mit Bayern vergleichbar.
Die Nachfrage in einer Millionenstadt wie München, die nur eine Zug-Fahrstunde vom Alpenvorland und den großen Bergseen entfernt liegt, sei komplizierter zu managen. Das unterstreicht auch die staatliche Eisenbahngesellschaft: "Ein seriöser Vergleich mit Baden-Württemberg ist aus mehrerlei Hinsicht nicht möglich. Neben geografischen Gegebenheiten sind dies beispielsweise auch andere Verbundstrukturen."
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