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"Ein Schlag ins Gesicht" - Kritik am Haushaltsentwurf für Bayern

"Ein Schlag ins Gesicht" - Kritik am Haushaltsentwurf für Bayern

Heute findet im Landtag die erste Lesung zum Doppelhaushalt 2026/2027 statt. Bayern hält an einem Haushalt ohne neue Schulden fest. Wird ausreichend investiert, etwa in Polizei und Schulen? Nein, sagen viele Verbände.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Radio am .

Investieren, konsolidieren, reformieren. So beschreibt Ministerpräsident Markus Söder (CSU) den Haushaltsentwurf seiner Staatsregierung. Insgesamt wächst der Doppelhaushalt auf rund 168 Milliarden Euro an. Knapp 40 Prozent des Budgets fließen in Personalkosten. Rund 17,5 Prozent werden investiert. Laut Söder eine Rekordsumme von fast 30 Milliarden Euro für Wissenschaft, Kommunen und Sicherheit.

Einsparungen bei Familien und Beamten

Aber ohne Abstriche geht es nicht. Zu spüren bekommen das etwa junge Familien und Beamtinnen und Beamte. Das für 2026 geplante Kinderstartgeld wurde gekippt. Das Geld soll stattdessen in den laufenden Betrieb von Kitas fließen. Und künftige Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst sollen für Beamte nicht mehr direkt übernommen werden, sondern erst mit einer Verzögerung von sechs Monaten.

Frust bei der Polizei

Das gilt auch für Polizeibeamtinnen und -beamte. Der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Bayerns, Jürgen Köhnlein, sieht im Haushalt deshalb einen "Schlag ins Gesicht all jener, die Tag und Nacht für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger einstehen". Das erzeuge Frust, Demotivation und Loyalitätsverlust bei der Polizei, sagte Köhnlein BR24. Zudem fordert er 2.000 zusätzliche Stellen für die bayerische Polizei, unter anderem um Überstunden abzubauen. Bei der bayerischen Polizei schiebe man rund 3,15 Millionen Überstunden vor sich her.

Nur 200 neue Stellen ab 2027

2.000 neue Stellen für die Polizei hatten sich CSU und Freie Wähler selbst aufgetragen im Koalitionsvertrag. Darin heißt es: "Die Gesamtmitarbeiterzahl unserer Bayerischen Polizei einschließlich der Grenzpolizei werden wir bis 2028 insgesamt um 2.000 auf über 47.000 Stellen erhöhen." Derzeit gibt es bei der bayerischen Polizei 45.700 Stellen. Vorgesehen sind nun 200 weitere neue Stellen ab 2027.

Aus Sicht der Deutschen Polizeigewerkschaft Bayerns reicht das bei Weitem nicht aus. Die neu vorgesehenen 200 Stellen würden ausschließlich neue Aufgaben betreffen, insbesondere die Drohnenabwehr und das geplante Landesamt für Bevölkerungsschutz. Selbst dafür seien die Stellen schon knapp bemessen, so Köhnlein. Die im Koalitionsvertrag avisierten 47.000 Stellen werden damit jedenfalls noch nicht erreicht.

Schulen: "Tropfen auf den heißen Stein"

Nach einem Stellenmoratorium in 2026 soll es 2027 auch neue Stellen an bayerischen Schulen geben: 1.500 neue Lehrerstellen und 400 Stellen für multiprofessionelle Teams, etwa Sozialpädagogen. Aus Sicht von Lehrergewerkschaften ist das zu wenig. Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) beklagt, dass allein an Mittelschulen schon im kommenden Jahr 535 Stellen fehlen würden. Für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sind 1.500 neue Lehrerstellen in 2027 "ein Tropfen auf den heißen Stein".

Angesichts steigender Schülerzahlen, wachsender Inklusionsaufgaben und des kommenden Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung bräuchte es mindestens 5.000 neue Vollzeitstellen, um die Unterrichtsversorgung überhaupt stabil zu halten. "Wer an Lehrkräften spart, spart an der Zukunft unserer Kinder", sagt die GEW-Landesvorsitzende Martina Borgendale auf BR24-Anfrage. Schon jetzt kämpften viele Schulen mit massivem Lehrkräftemangel, überfüllten Klassen und steigendem Unterrichtsausfall, so Borgendale.

"Staatsregierung spart am Sozialen"

Auch der Sozialverband VdK Bayern ist nicht zufrieden. Um keine Schulden aufzunehmen, spare die Staatsregierung am Sozialen. Verena Bentele, Landesvorsitzende vom VdK Bayern, hat gleich mehrere Kritikpunkte: Unter anderem, dass das Gehörlosengeld, das im Koalitionsvertrag zugesagt wurde, doch nicht eingeführt wird. Dass das geplante Kinderstartgeld komplett wegfällt. Und dass das Landespflegegeld für Pflegebedürftige halbiert wird. Einen Aspekt lobt Bentele dann aber doch. Es sei richtig, dass die Staatsregierung knapp eine Milliarde zusätzlich an die Kommunen im Rahmen des Finanzausgleichs zur Verfügung stelle. "Bei den immer zahlreicheren essenziellen Aufgaben der Kommunen kann das aber nur ein erster Schritt sein", so Bentele.

Wirtschaft: "Haushalt auf dem richtigen Weg"

Dass die Staatsregierung die finanziell belasteten Kommunen trotz der angespannten Haushaltslage besser ausstattet, findet auch die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) richtig. Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der vbw, sieht im Haushalt insgesamt ein positives Signal, weil er ohne neue Schulden auskommt. Zudem werde trotz der Sparbemühungen weiter investiert. "Daher sehen wir wirtschaftspolitisch den Haushalt auf dem richtigen Weg", so Brossardt. Kritisch werde man aber begleiten, ob die Mittel aus dem Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität tatsächlich vollständig in zusätzliche Investitionen fließen.

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