Symbolbild: Impfpflicht gegen Corona
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Einrichtungsbezogene Impfpflicht: Viele Fragen offen

Einrichtungsbezogene Impfpflicht: Viele Fragen offen

Die Impfpflicht im Gesundheitswesen ist beschlossene Sache. Doch aus den Ländern kommt Kritik: Die einrichtungsbezogene Impfpflicht sei vom Bund schlecht vorbereitet: Was bedeutet das für Mitarbeiter in der Pflege, Patienten und ihre Angehörigen?

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Ab Mitte März gilt die Corona-Impfpflicht im Gesundheitswesen. Doch zur Umsetzung gibt es noch immer viele offene Fragen. Fest steht bislang nur das Datum: Bis zum 15. März müssen Arbeitgeber in Arztpraxen, Krankenhäusern, Behinderteneinrichtungen und Pflege die Anzahl ihrer ungeimpften Mitarbeiter den Behörden gemeldet haben. Wie das genau erfolgen soll, darüber gibt es nach Informationen des BR-Politikmagazins Kontrovers große Verunsicherung in der Branche.

Partielle Impfpflicht: Erst beklatscht - dann gekündigt?

Wie lange dürfen ungeimpfte Mitarbeiter im Gesundheitswesen danach möglicherweise doch noch arbeiten? Wird die Umsetzung der Impfpflicht - wegen der ohnehin angespannten Personalsituation - zu Versorgungsengpässen im Gesundheitsbereich führen? Fragen, die auch Hennig Löffler beschäftigen.

Der Heimleiter des Caritas Altenheims St. Martin in Rosenheim fürchtet, dass mit Beginn der Impfpflicht Mitte März alle ungeimpften Mitarbeiter in seiner Einrichtung wegbrechen: "Wenn da nur ein Großteil ausfällt, weil die vom Gesundheitsamt ein Betretungsverbot bekommen, oder was auch immer, dann sind wir wirklich in der schwierigen Situation, dass wir die Pflege, wie wir sie gerne bieten möchten, in der Qualität, wie wir sie gerne bieten möchten, fast nicht mehr ausführen können." Die partielle Impfpflicht betrifft jeden, der in einer Gesundheits- und Pflegeeinrichtung arbeitet: Pfleger, Ärzte und Heilpraktiker ebenso wie Hausmeister, Köche oder Reinigungspersonal. Doch was passiert mit den Betroffenen, die am 15. März noch ungeimpft sind? Im Rosenheimer Altenheim der Caritas träfe das mehr als ein Viertel aller Mitarbeiter. Viele von ihnen arbeiten in der Pflege.

Schlimmstenfalls müsste das Altenpflegeheim St. Martin die Bewohneranzahl reduzieren. Aber ob es wirklich so weit kommen wird, weiß Hennig Löffler nicht. Denn die Behörden prüfen, ob Ungeimpfte je nach Einzelfall vielleicht doch auch nach dem 15. März weiter arbeiten dürfen. Der Heimleiter wünscht sich Planungssicherheit, klare Regeln und schnelle Entscheidungen von den Behörden.

Gesundheitsämter fürchten Überlastung

Doch auch im Rosenheimer Gesundheitsamt herrscht Unsicherheit, berichtet Leiter Dr. Wolfgang Hierl dem BR-Politikmagazin Kontrovers. Wieviel Aufwand auf die Behörde zukommen wird, kann er noch nicht einschätzen.

Erst sobald die Meldungen bei ihnen eingegangen sind, kann das Amt mögliche Konsequenzen prüfen und gegebenenfalls Sanktionen erlassen. Und das wird wohl dauern, sagt der Leiter des Gesundheitsamts voraus.

Praxisfragen: Behörden ratlos

Gleichzeitig herrscht aufgrund der Pandemie auch im Rosenheimer Gesundheitsamt eine große Belastung. Zusätzliches Personal zur Durchsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ist nicht geplant. Dr. Wolfgang Hierl ist besorgt: "Das macht mir insgesamt schon Bauchweh. Also, ich kann nicht sagen, wie schnell und wie stringent die Prüfungen und Vollzugsmaßnahmen stattfinden."

Solche "Vollzugsmaßnahmen" können Tätigkeits- und Betretungsverbote sein. Wann die Behörden welche Sanktion verhängen sollen, muss bislang jeder Landkreis für sich entscheiden. Dr. Wolfgang Hierl kritisiert darum, dass die Umsetzung der partiellen Impfpflicht im Gesundheitswesen möglicherweise nicht einheitlich vonstattengehen wird. Eigentlich gilt ab dem 15. März ein Betretungsverbot, aber es kann Ausnahmen geben, zum Beispiel, wenn die Versorgungssicherheit nicht gewährleistet ist. Dann werden Bußgelder verhängt. Aber wie die Landkreise das interpretieren, liegt im jeweiligen Ermessensspielraum. Dr. Wolfgang Hierl wünscht sich hier eine bundeseinheitliche Vorgabe.

Außerdem ist noch nicht sicher, wie kontrolliert werden wird. Das Gesundheitsamt wird zunächst die gemeldeten Fälle abarbeiten. Ob dabei geprüft wird, ob sich überhaupt alle Einrichtungen und Betriebe an die Meldepflicht gehalten haben, seit fraglich, erklärt Wolfgang Hierl gegenüber dem BR-Politikmagazin Kontrovers.

Außerdem ist nicht klar, wie die Vorgaben durchgesetzt werden. Dabei setzt das Gesundheitsamt vor allem auf die Arbeitgeber. Sie sollten der Behörde melden, wenn ein Mitarbeiter trotz Tätigkeitsverbot arbeitet. "Das ist natürlich auch eine Frage, die bundeseinheitlich geklärt werden muss", sagt Hierl.

Droht ein Pflegenotstand?

Die Impfpflicht im Gesundheitswesen soll besonders gefährdete Menschen schützen. Doch ein unerwünschter Nebeneffekt der Impfpflicht im Gesundheitsbereich könnte der zusätzliche Wegfall von Personal sein. Pflegehelferin Michaela Rotter aus Altötting beispielsweise will eher kündigen, als sich impfen zu lassen. Schon jetzt schaut sie sich via Zeitungsannoncen nach anderen Jobs um.

Rotter ist seit 12 Jahren Pflegehelferin, liebt ihren Job auf einer Demenzstation. Obwohl sie zwar das Coronavirus ernst nimmt, kommt eine Impfung für sie nicht in Frage: Sie beansprucht für sich das Recht, selbst entscheiden zu können. "Wenn ich meine Arbeit behalten will, dann muss ich mich impfen lassen. Das ist für mich Erpressung", sagt sie dem BR-Politikmagazin Kontrovers.

Folgenreiche Konsequenzen

Die Tochter von Susanne Zehetbauer ist auf eine 24-Stunden-Pflege angewiesen, weil sie eine schwere Epilepsie hat. Bei dem Pflegedienst, der ihre Tochter Sonja betreut, ist derzeit circa jeder fünfte Mitarbeiter ungeimpft. Würden diese Arbeitskräfte ab dem 15. März wegfallen, wären die Konsequenzen für Familie Zehetbauer dramatisch.

"Natürlich werde ich meine Tochter versorgen. Aber natürlich stellt sich die Frage: Was ist dann mit meinem Job? Was sagt mein Arbeitgeber dazu, wenn es unter Umständen für Monate so geht? Ja, also das ist doch Aufgabe der Politik dann zu überlegen, wie sichert man den pflegenden Angehörigen ab, wenn sie diese Verantwortung übernehmen." Susanne Zehetbauer

Für Susanne Zehetbauer müsste die partielle Impfpflicht sehr schnell um eine allgemeine Impfpflicht ergänzt werden, damit das Personal nicht aus dem Pflegebereich abwandert: "Wenn es die allgemeine Impfpflicht außenrum gäbe, weil dann alle Arbeitsplätze mit einem Impfgebot versehen wären, dann gäbe es keine Alternative", erklärt sie gegenüber dem BR-Politikmagazin Kontrovers.

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