"Eigentlich kann man den Standort zumachen." Mit markigen Worten hatte Kanu-Bundestrainer Klaus Pohlen vor wenigen Wochen die Diskussion um die Zukunft seiner Sportart am historischen Standort in Augsburg entfacht und möglicherweise die gewünschte Wirkung erzielt. Denn befeuert durch seine Aussage kommt Dynamik in die Standort-Diskussion. Der Grund, warum diese Diskussion überhaupt nötig wurde: Der Augsburger Eiskanal hat immer häufiger zu wenig Wasser, um darin Wettkämpfe stattfinden lassen zu können - von regelmäßigem Training ganz zu schweigen.
Taskforce legt Ergebnisse vor: Varianten mit Pumpen und Wehren
Eine nach den Weltmeisterschaften 2022 gegründete Taskforce hat nun dem Augsburger Sportausschuss zwei mögliche Varianten vorgelegt, wie der Wildwassersport am Lech auch in Zeiten von Klimawandel und Wassermangel erhalten und der Eiskanal Teil einer möglichen Olympia-Bewerbung Münchens für die Spiele 2040 oder 2044 werden kann.
Die erste Variante sieht den Einbau zweier Wehre zur Wasserlenkung vor. Sie würde den Betrieb auch bei rund 30 Kubikmeter pro Sekunde gewährleisten. Diese "Variante A" wäre wohl für rund ein bis zwei Millionen Euro zu haben, stellt aber keine hundertprozentige Sicherheit bei Niedrigwasser dar.
In den vergangenen Wochen wurde daher eiligst eine "Variante B" erarbeitet. Diese sieht zusätzlich zu den Wehren den Einbau von Pumpen am Ende des Eiskanals vor. Diese Lösung würde den Betrieb der Strecke selbst bei einer nur noch minimalen Wassermenge von 15 Kubikmetern pro Sekunde gewährleisten, ein solches Niedrigwasser gab es in Augsburg bisher noch nicht. Diese Pumpenlösung würde voraussichtlich fünf bis sechs Millionen Euro für den Einbau und später auch Stromkosten für den Betrieb verursachen. Wie hoch diese sein werden, wird derzeit berechnet, voraussichtlich im September sollen genaue Zahlen vorliegen. Dann muss der Stadtrat über das weitere Vorgehen entscheiden.
Verteilung des Wassers als Herausforderung
50 Kubikmeter Wasser pro Sekunde – also 50.000 Liter jede Sekunde – diese Menge muss der Lech führen, damit das von der UNESCO zum Welterbe ernannte Augsburger Wassermanagement-System problemlos funktioniert. Der Großteil dieser Wassermenge deckt die Bedürfnisse von Anrainern, Kleinkraftwerken und Stadtbächen; zehn Kubikmeter brauchen die Kanuten, um durchs Wildwasser zu paddeln. Das Wasser fließt am Ende der Strecke zurück in den Lech.
Weltmeisterschaften 2022 fast auf dem Trockenen
Das große Problem ist, dass die benötigte Wassermenge immer seltener anliegt, der Kampf ums Wasser hat begonnen. Vor gut drei Jahren, unmittelbar vor den Weltmeisterschaften 2022, sank die Wassermenge auf nur noch 28,6 Kubikmeter im Tagesdurchschnitt, die Weltmeisterschaften drohten zu versanden. Nur durch eine Kraftanstrengung der Stadt und ein Entgegenkommen des Energie-Unternehmens Uniper konnte die WM gerettet werden. Uniper öffnete die Schleusen der Lechstaustufe 23 im Augsburger Süden und flutete so letztlich den Eiskanal.
Wasser wird immer weniger
Jetzt aber wird die Wassermenge immer weniger und die Tage, an denen der Eiskanal nicht mehr geflutet werden kann, werden immer mehr: An bislang 75 von theoretisch 104 Tagen der seit März laufenden Saison mussten die Kanus im Bootshaus bleiben. Die Zukunftsfähigkeit der erst zur WM 2022 für 22 Millionen Euro generalsanierten Anlage steht damit infrage.
Da Wassermangel bis kurz vor der WM kein Thema war, spielten wasserlenkende Maßnahmen bei der Sanierung keine Rolle. Das Thema trifft die Verantwortlichen nun umso härter. Mit der ausbleibenden Schneeschmelze in diesem Frühjahr wird die Situation noch einmal prekärer.
Jahrelange Umbauphase und Schwellbetrieb
Beide Varianten, die die Taskforce vorgeschlagen hat, werden nach der Genehmigung wohl vier bis fünf Jahre Bauzeit erfordern. "Der Wassermangel zeigt, wie herausfordernd der Klimawandel ist. Wir wollen den Eiskanal aber unbedingt als Trainings- und Wettkampfstätte erhalten", so Augsburgs Sportreferent Jürgen Enninger (Grüne). Kurzfristig soll dies über einen Schwellbetrieb der Lechstaustufe 23, am besten zu Trainings- und Wettkampfzeiten erfolgen, mittel- und langfristig wird es ohne Pumpen aber wohl nicht mehr gehen an der historischen Wettkampfstätte von Olympia 1972.
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