Der neue PV-Park in Holzheim (Bayern) produziert ab sofort grünen Strom.
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Beim Bau neuer Windräder hat NRW den Freistaat abgehängt. Bei Photovoltaik ist Bayern vorn.
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NRW hängt Bayern bei Wind ab – bei Solar liegt Bayern vorn

NRW hängt Bayern bei Wind ab – bei Solar liegt Bayern vorn

Bayern und Nordrhein-Westfalen sind die größten Bundesländer, mit starker Industrie und hohem Stromverbrauch. Eine Analyse zeigt: Bei Windrädern hat NRW den Freistaat abgehängt. Bei Photovoltaik umgekehrt. Was steckt dahinter? Ein Ländervergleich.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Bayern will bei der Windkraft vorne sein. In der Energiekrise 2022 gab Ministerpräsident Markus Söder (CSU) das Ziel aus, "dass wir im Onshore-Bereich zum führenden Bundesland für Wind werden". Davon ist der Freistaat allerdings noch weit entfernt. WDR und BR haben sich die Erneuerbaren-Politik ihrer Länder genau angeschaut und verglichen: Wer macht es besser? Ergebnis: Obwohl Bayern das Bundesland mit der größten Fläche ist, liegt es bei der Anzahl von Windkraftanlagen nur auf Platz neun. Das nur halb so große Nordrhein-Westfalen dagegen belegt Platz drei.

Interaktive Grafik: Windenergieanlagen je Bundesland

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Noch viel deutlicher wird der Unterschied bei den Windkraftanlagen in Planung: 1.309 Windräder sind es laut Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur in NRW, in Bayern dagegen nur 195.

Schwarz-grün in NRW schiebt Windkraft an

Was steckt dahinter? Die schwarz-grüne Koalition in NRW macht bei der Windkraft Tempo: Das vom Bund vorgegebene Ziel von ausgewiesenen Windkraftgebieten auf 1,8 Prozent der Landesfläche will NRW noch heuer erreichen – sieben Jahre vor der gesetzlich vorgegebenen Frist. Dazu hat NRW – wie auch Bayern – Windkraft in Wäldern erlaubt und die Genehmigungsverfahren gestrafft.

Bürgerbeteiligungsgesetz in Bayern stockt

Anders als in Bayern gilt in Nordrhein-Westfalen seit Ende 2023 ein Landesgesetz zur Bürgerbeteiligung an Windenergie. Investoren müssen Anwohnern und Kommunen verpflichtend einen Anteil an den Erlösen eines Windparks abgeben. Das bedeutet für die Region einen finanziellen Vorteil von 20.000 bis 30.000 Euro jährlich pro Windrad. In Bayern ist ein ähnliches Gesetz vorläufig im Landtag gescheitert. Energieminister Hubert Aiwanger (FW) hat einen neuen Anlauf angekündigt.

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Bayern bremste Windkraft mit Abstandsregel aus

Entscheidend ist der unterschiedliche Umgang mit dem Abstand von Windrädern zu Wohnsiedlungen. In NRW galt ein Mindestabstand von 1.000 Metern, der wurde von der schwarz-grünen Regierung inzwischen abgeschafft. Bayern dagegen hatte unter dem damaligen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) eine bundesweit einmalige, restriktive Abstandsregel eingeführt, die den Windkraftausbau praktisch zum Erliegen brachte: "10H", die zehnfache Höhe des Windrads, was meist etwa zweieinhalb Kilometern entsprach.

Das prägt Bayerns Windkraft bis heute. Durch Bundes- und Landesgesetze ist 10H zwar weitgehend ausgehebelt, je nach Region gelten Mindestabstände von nur noch 800 bis 1.000 Metern. Inzwischen liegt dieser Schwenk in der Windkraftpolitik zweieinhalb Jahre zurück. Doch Planung und Bau eines Windrads dauern fünf bis sechs Jahre. Deshalb werden die Effekte des Schwenks zum Großteil erst in den kommenden Jahren sichtbar. Laut bayerischem Windkraftverband sind viele Projekte in Vorbereitung.

In NRW bläst mehr Wind

Was bleiben wird, ist ein natürlicher Vorteil Nordrhein-Westfalens: Dort gibt es stärkeren Wind. Laut Deutschem Wetterdienst (DWD) bläst der Wind in 100 Meter Höhe in Bayern mit durchschnittlich 4,7 Metern pro Sekunde, in Nordrhein-Westfalen mit 6,2. Den rentablen Bau von Windrädern erlaubt das dennoch, laut bayerischem Windkraftverband.

Bei Photovoltaik liegt Bayern vorn

Umgekehrt zur Windkraft sehen die Verhältnisse bei der Photovoltaik aus. Hier hängt Bayern in der installierten Leistung alle anderen Bundesländer ab, auch Nordrhein-Westfalen.

Interaktive Grafik zur Solarenergie: Installierte Leistung je Bundesland

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Auch das hat zunächst mit den klimatischen Voraussetzungen zu tun. Bayern bekommt mehr Sonne ab als NRW. Außerdem ist in Bayern mehr Platz für Photovoltaik.

Bayern öffnete Äcker konsequent für Solarparks

Hinzu kommt einen sonnenorientierte Politik: Anders als bei der Windkraft verfolgt die Staatsregierung seit vielen Jahren einen Kurs pro Photovoltaik. Eine Öffnungsklausel, die Solarparks auch auf Ackerland erlaubt, hat Bayern 2017 als erstes unter den Bundesländern angewendet und seither regelmäßig erweitert. Rund 60 Prozent der Solarparks in Bayern liegen auf Ackerland, mit Abstand der höchste Anteil unter den Bundesländern.

NRW ging mit Solarparks restriktiver um

NRW schränkte den Bau von Solarparks stärker ein, außerdem klagten Photovoltaik-Projektierer dort über unerfahrene Behörden, das Fehlen einheitlicher Genehmigungskriterien und lange Wartezeiten. Erst vergangenes Jahr hat Nordrhein-Westfalen die Kriterien für Solarparks gelockert.

Nordrhein-Westfalens Photovoltaikanlagen sind ganz überwiegend auf Gebäuden installiert, von denen es im bevölkerungsreichsten Bundesland auch mehr gibt als in Bayern. Trotzdem sind auch Dachanlagen in Bayern weiter verbreitet als in NRW, sowohl absolut als auch pro Einwohner. Nach Einschätzung von Bernd Kerscher, Vorstand beim Solarverband Bayern, waren Landwirte in Bayern Vorreiter: "Bauern mit ihren relativ großen Dächern haben früh erkannt, dass das ein Business Case ist."

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