Dieses Urteil sorgt für Aufsehen: Ein früherer Bundestagsabgeordneter, der nach §108 des Strafgesetzbuches wegen Bestechung verurteilt wird. Das gab es seit Einführung des Paragrafen im Jahr 2014 noch nie. Der frühere CSU-Bundestagsabgeordnete Eduard Lintner wurde vor dem Oberlandesgericht München zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der heute 80-Jährige in der sogenannten Aserbaidschan-Affäre Gelder des zentralasiatischen Staates an mehrere CDU-Bundestagsabgeordnete weitergegeben hat.
Auch die inzwischen verstorbene CDU-Bundestagsabgeordnete Karin Strenz soll bis zu 12 Zahlungen in insgesamt sechsstelliger Höhe erhalten haben. Abgerechnet wurden die Gelder über Firmen, die von Lintner gegründet wurden. Für die Zahlungen sollte Strenz, die als entsandte Bundestagsabgeordnete dem Europarat angehörte, dort Entscheidungen zugunsten Aserbaidschans beeinflussen. Lintner selbst war vor seiner Zeit als Lobbyist auch Mitglied des Europarats, von 2002 bis 2005 war er sogar Vorsitzender des Rechts- und Menschenrechts-Ausschusses der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (PACE).
Geld als Gegenleistung für Redebeiträge und Abstimmungen
Aserbaidschan sitzt seit 2001 im Europarat. Der zentralasiatische Staat soll Recherchen der Denkfabrik "Europäische Stabilitätsinitiative" zufolge in den vergangenen Jahrzehnten etliche Abgeordnete mehrerer europäischer Länder mit Geld, Reisen und Geschenken bestochen haben, um Entscheidungen im Europarat zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Die Rede ist von der sogenannten Kaviar- und Teppichdiplomatie. Die Geldflüsse wurden auch teilweise durch die Veröffentlichung der sogenannten Panama Papers öffentlich.
Das Münchner Oberlandesgericht sah die Schuld Lintners als erwiesen an. Die Generalstaatsanwaltschaft legte unter anderem belastende Whatsapp-Chatprotokolle und E-Mail-Konversationen vor. Der Ex-Politiker der CSU aus Unterfranken saß von 1976 bis 2009 für den Wahlkreis Bad Kissingen im Bundestag und war von 1991 bis 1998 Staatssekretär im Bundesinnenministerium. Mit einer Freiheitsstrafe von über einem Jahr hätte der Ex-Parlamentarier seine Pensionsansprüche verloren. Die Generalstaatsanwaltschaft plädierte auf eine Bewährungsstrafe von elf Monaten. Der Verteidiger plädierte vor dem Münchner Oberlandesgericht dagegen auf Freispruch.
Geständnis Lintners, aber keine Reue
Im Laufe des Prozesses räumte Lintner ein, Geldzahlungen von Aserbaidschan weitergeleitet und sich für die Interessen Aserbaidschans, etwa im Regionalkonflikt um Bergkarabach, eingesetzt zu haben. Er hob jedoch hervor, dass dies "normale Lobbyarbeit" nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag gewesen sei. Er habe sich nicht strafbar gemacht, so Lintner vor Journalisten nach der Urteilsverkündung.
Weiterer Prozess gegen CDU-Abgeordneten Fischer noch offen
Ursprünglich wurde das Verfahren gegen vier Beschuldigte geführt, darunter auch gegen den früheren CDU-Bundestagsabgeordneten Axel E. Fischer aus Baden-Württemberg. Bei den zwei anderen Beschuldigten wurde das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt, einer von ihnen ist der Sohn von Eduard Lintner. Der Prozess gegen Axel E. Fischer wurde wegen Erkrankung abgetrennt und könnte im Herbst fortgeführt werden.
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