Tüftler Chris Barroso mit seinem Fahrrad-Wohnwagen.
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Fahrradwohnwagen-Treffen in Schwaben: Wo weniger mehr ist

Fahrradwohnwagen-Treffen in Schwaben: Wo weniger mehr ist

Tüftler aus Bayern und darüber hinaus haben sich im schwäbischen Edelstetten versammelt – mit selbstgebauten Wohnanhängern fürs Fahrrad. Ihr Ziel: Minimalismus, Mobilität und eine Gemeinschaft abseits klassischer Campingplätze.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Auf einer privaten Wiese bei Edelstetten, einem Ortsteil von Neuburg an der Kammel im Landkreis Günzburg, haben 15 Menschen ihre rollenden Minihäuser geparkt: Fahrradwohnwagen, gerade ausreichend groß für eine Person, mit einer Kupplung dran fürs Pedelec. Alle 15 sind Bastler, lieben ihre beengten Unterkünfte – und die Freiheit, die sie mit ihren Tiny Homes auf zwei Rädern genießen können.

Freiheit auf zwei Rädern

Ein Fahrradwohnwagen ist meist nicht länger als zwei Meter, kaum breiter als ein Radweg – und doch mehr als nur ein Anhänger. Er ist Rückzugsort, Schlafplatz, Küche, Transportmittel.

Die Szene ist überschaubar: Laut Teilnehmern zählt die Community in Deutschland rund 1.000 Aktive. Ihre Motivation: unabhängig reisen, flexibel bleiben, möglichst nachhaltig unterwegs sein. Für Richard Waltrapp, Gastgeber des Treffens und selbst leidenschaftlicher Fahrer, ist das Motto klar: "Weniger ist mehr."

Von spartanisch bis luxuriös

Fast alle Anhänger hier sind Einzelstücke. Chris Barroso aus Nürnberg etwa hat über zwei Jahre an seinem Gefährt mit Solarpanel gebaut. Rund 3.000 Euro stecken im Material, 80 Tage Arbeit in der Werkstatt. Andere, wie Martin aus Treuchtlingen, setzen auf ultraleichte Modelle, um Pässe zu bewältigen.

Die Varianten reichen von spartanisch bis fast luxuriös – inklusive ausklappbarer Küchenzeile, Kühlbox oder sogar Milchaufschäumer wie bei Udo aus München. "Meine Frau wollte nie campen, also gab es kein Wohnmobil und dafür habe ich mir als Rentnerprojekt diesen Fahrradwohnwagen gebaut." Es sei das erste Mal gewesen, dass er handwerklich tätig geworden war, schildert Udo.

Zwischen Minimalismus und Komfort

Die Community teilt sich grob in zwei Lager: Die einen wollen weit kommen – mit Leichtbau und Verzicht auf alles Überflüssige. Die anderen legen Wert auf Komfort und Stauraum, auch wenn das zulasten der Reichweite geht.

Einigkeit herrscht bei der Technik: Verkehrssicherheit ist Pflicht. Alle Anhänger verfügen über Rückstrahler und stabile Bremsen. "Die Polizei hat mich schon mal aufgehalten, aber die Beamten haben dann nur den Wohnwagen bestaunt", schildert Richard Waltrapp. Er ist mit seinem Fahrradwohnwagen nach eigenen Angaben auch viel im Ausland unterwegs. Immer sind er und sein Gefährt mit dem Solarpanel ein Blickfang.

Freiheit trotz künstlicher Hüften

Viele der Camper sind älter, teils im Ruhestand. Carola aus Mindelheim berichtet von ihrer Umnutzung: Ursprünglich für den Instrumententransport gedacht, wurde ihr Hänger zum Mini-Camper. Wolfgang aus dem Fränkischen Seenland sieht im Fahrradwohnwagen sogar ein Stück Lebensqualität: "Mit meinen zwei künstlichen Hüften bin ich trotzdem mobil. Und man erlebt dabei Dinge, die einem der Hotel-Urlaub nicht bietet." Nach Italien würde der 71-Jährige gerne mit seinem Do-it-yourself-Anhänger noch fahren.

Treffen wie in Edelstetten gibt es regelmäßig – meist organisiert über Foren und soziale Netzwerke. Die Veranstaltungen sind oft klein und bewusst informell gehalten. Die Teilnehmenden helfen einander bei Reparaturen, tauschen Baupläne aus und treffen sich abends zum Grillen. Für viele ist das Gemeinschaftsgefühl ebenso wichtig wie die Fortbewegung selbst, erklären die Bastler.

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