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Fall Hanna: Was wird das neue Verfahren bringen?

Fall Hanna: Was wird das neue Verfahren bringen?

Nachdem der Bundesgerichtshof der Revision im Fall Hanna stattgegeben hat, will die Verteidigerin des Verurteilten für dessen Freilassung kämpfen. Der Anwalt von Hannas Eltern geht davon aus, dass ein neues Verfahren das alte Urteil bestätigt.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Der Fall hat in ganz Deutschland für Aufsehen gesorgt: Vor zweieinhalb Jahren starb die Medizinstudentin Hanna W. in Aschau im Chiemgau auf dem Nachhauseweg nach einem Discobesuch. Nach einem aufwendigen Indizienprozess verurteilte das Landgericht Traunstein einen damals 22-Jährigen wegen Mordes zu neun Jahren Jugendhaft.

Doch schon bei der Urteilsverkündung hatte die Verteidigung angekündigt, Revision einzulegen – und dieser Revision wurde nun stattgegeben: Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe (BGH) hat das Urteil wegen eines Verfahrensfehlers aufgehoben. Der Fall muss also vor einer anderen Jugendkammer des Landgerichts Traunstein neu verhandelt werden.

Verteidigerin zufrieden, Eltern-Anwalt: Wunden wieder aufgerissen

Die Verteidigerin Regina Rick zeigt sich mit dem Bescheid des BGH zufrieden. Im Gespräch mit dem BR sagte sie, es sei schon früh zu spüren gewesen, dass das Gericht nicht objektiv gewesen sei. Ihrer Ansicht nach gab es im Herbst 2022 keinen Mord. Es habe sich um einen tragischen Unfall gehandelt. An dieser Theorie hält die Anwältin auch weiterhin fest. Im neuen Verfahren will sie dazu ein neues Gutachten einbringen, das die Unfall-These belegen soll.

Der Anwalt der Eltern der getöteten Hanna, Walter Holderle, betont dagegen: Der Bundesgerichtshof hätte lediglich den Verfahrensfehler beanstandet, in der Sache selbst aber nichts entschieden und somit auch nichts am Urteil kritisiert. Einen Unfall schließt er aus. Holderle geht auch nicht davon aus, dass das Gericht in dem neuen Verfahren ein anderes Urteil sprechen wird. "Hanna wird nicht mehr lebendig, auch jetzt, wenn nochmal darüber verhandelt wird. Die Trauer ist groß und natürlich werden jetzt wieder Wunden aufgerissen. Aber die Eltern von Hanna sind in das Verfahren nicht mit Argwohn gegen eine bestimmte Person hineingegangen, sondern wollten ganz ergebnisoffen anschauen, was da kommt. Sie wollen Aufklärung", so Holderle zum BR.

Landgericht Traunstein: Einzelfallentscheidung des BGH

Das Landgericht Traunstein erklärte auf BR-Anfrage, die Entscheidung des BGH habe den Richtern "das hohe Gut der richterlichen Neutralität" nochmal deutlich bewusst gemacht, sei aber eine Einzelfallentscheidung. Im Interview mit dem BR sagte die Pressesprecherin des Landgerichts, Cornelia Sattelberger: Zum Zeitpunkt, als es im Prozess um die Frage der Befangenheit der Vorsitzenden Richterin ging, hätten die Richter nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt und den Antrag abgelehnt. Der BGH habe das anders gesehen. "Insoweit ist das eine Entscheidung, die im Rechtsverkehr immer passieren kann. Eine Kammer sieht es so, und eine andere sieht es anders", so Sattelberger. Die Entscheidung des BGH führe "allen Richtern vor Augen, dass die Neutralität nach außen hin gewahrt bleiben muss. Aus Sicht des Landgerichts ist das die Verantwortung eines Richters", so Sattelberger.

Zum Hintergrund der BGH-Entscheidung: Die Vorsitzende Richterin hatte damals eine E-Mail an die Staatsanwaltschaft geschrieben – und darin schon angedeutet, dass sie davon ausgeht, dass der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Über diesen Schriftverkehr sei die Verteidigung nicht informiert worden. Als sie später davon Kenntnis bekam, stellte die Verteidigung einen Befangenheitsantrag, doch der wurde abgelehnt. Das war nicht richtig, heißt es jetzt vom BGH, er bewertet es als juristischen Fehler im Gerichtsverfahren. Es habe durchaus Hinweise auf eine Befangenheit gegeben.

Neuer Gerichtstermin noch unklar

Der Verurteilte Sebastian T. bleibt vorerst weiter in Haft. Seine Verteidigerin Regina Rick sagte, sie wolle jetzt erwirken, dass ihr Mandant freikommt, bis der neue Prozess beginnt. Wann das sein wird, ist aber noch nicht klar. Zunächst müssen die Akten vom BGH an das Landgericht Traunstein zurückgeleitet werden. Dann kann die zuständige Kammer tätig werden und Termine mit den Beteiligten absprechen. Erst dann wird eine andere Kammer des Landgerichts Traunstein den Fall nochmal untersuchen, und wieder Beweise aufnehmen.

Hanna W. war im Herbst 2022 tot in einem Bach gefunden. Die Studentin war laut Urteilsbegründung nach einem Discobesuch von hinten attackiert, geschlagen und dann in den Bach geworfen worden.

Zum Nachhören: Fall Hanna muss neu verhandelt werden

Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat das Urteil des Landgerichts Traunstein aufgehoben.
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Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat das Urteil des Landgerichts Traunstein aufgehoben.

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