"Vertrauen kann man nicht herbeireden, das wächst", sagt Jens Spahn zum Auftakt des zweitägigen Treffens in Würzburg. Ein Zeichen der Einigkeit wollen der Fraktionsvorsitzende der Union und seine Kollegen von SPD und CSU bei der Klausur in Würzburg setzen.
Nach einem holprigen Start der großen Koalition klingt in vielen Sätzen an, wie kompliziert das Verhältnis zwischen Union und SPD nach 114 Tagen bereits ist. "Da war für die zwischenmenschliche Begegnung wenig Zeit", sagt CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann. Im Würzburger Hotel Rebstock wollen die Fraktionsspitzen zusammenfinden.
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Fraktionsvorstände wollen "Brücken bauen"
Nicht nur Beziehungsmetaphern wählen Spahn, Hoffmann und Matthias Miersch, Fraktionsvorsitzender der SPD, zum Auftakt ihrer Klausur. "Brücken bauen" wollen sie, sagt Hoffmann gleich mehrfach. Die symbolträchtige Kulisse der Alten Mainbrücke hat Gastgeber Hoffmann nicht zufällig für einen Fototermin gewählt, wie er zugibt. Doch als er mit Spahn und Miersch dort ankommt, ist der Himmel wolkenverhangen. Das passe zum Zustand der Koalition, scherzen da längst viele der anwesenden Medienvertreter.
Im Interview: CSU-Landesgruppenchef Hoffmann zu Treffen in Würzburg
Im Interview: CSU-Landesgruppenchef Hoffmann zu Treffen in Würzburg
NATO-Generalsekretär warnt vor Naivität
Die Klausur der Fraktionsvorstände, sagt Spahn, soll dem "Teambuilding" dienen. Viel Zeit dafür dürfte den Koalitionären allerdings kaum bleiben – wie am Nachmittag bei einem Blick auf die Weltpolitik deutlich wurde: NATO-Generalsekretär Mark Rutte trat vor die Presse. Der Niederländer war bereits am Vortag in Würzburg angekommen. Zuvor war er im niedersächsischen Südheide: Dort eröffnete der Rüstungskonzern Rheinmetall eine Munitionsfabrik.
Rutte berät mit den Koalitionsspitzen über Verteidigungsfragen. Details aus den Gesprächen dringen zunächst nicht nach außen. Vor den Medien lobt der Generalsekretär die Bundesrepublik. Zum Beispiel den Wehretat, der zuletzt deutlich gestiegen ist. Deutschland übernehme eine Führungsrolle in der NATO – und das sei wichtig: "Wir dürfen Russland gegenüber nicht naiv sein", sagt Rutte.
Uneinigkeit bei Sozialreformen
So einig wie in der Außenpolitik wirken die Koalitionsparteien in der Sozialpolitik nicht. Aber gerade hier hoffen viele der Anwesenden auf Signale aus Würzburg. Schaffen es Union und SPD, angesichts einer angespannten Haushaltslage, Kompromisse zu finden?
Bis 2029 rechnet Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) mit einer Haushaltslücke in Höhe von 172 Milliarden Euro. Er hatte zuletzt vorgeschlagen, Steuern für Spitzenverdiener zu erhöhen. Das jedoch fällt der Union schwer. Die wiederum will bei Sozialausgaben kürzen, etwa beim Bürgergeld. Das hingegen gefällt der SPD nicht.
Sozialdemokrat Miersch hält zum Beginn des Würzburger Treffens fest: "Aus unserer Sicht sind die Schnittmengen ausreichend." Wie seine Mitstreiter der Union wirkt er gewillt, in Würzburg auch hinsichtlich möglicher Sozialstaatreformen zueinander zu finden.
Miersch warnt vor zu großen Erwartungen
Konkrete Ergebnisse allerdings zeichnen sich am ersten Tag des zweitägigen Treffes noch nicht ab. Die Koalitionäre beraten hinter verschlossenen Türen. "Bitte erwarten Sie für morgen nicht zu viel", warnt Miersch den Pulk der Medienvertreter.
Deutlich wird aber auch: Nach einem Sommer des Streits wirken die Koalitionäre bemüht, in Würzburg positive Signale zu senden. Spahn sagt: "Wir wollen ja noch ein bisschen weitermachen."
BR24-Video: Fraktionsspitzen treffen sich: "Teambuilding" in Würzburg
In Würzburg tagen die Fraktionsvorstände von Union und SPD. Im Bild: Jens Spahn (CDU), Matthias Miersch (SPD), Alexander Hoffmann (CSU).
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