Noch hat die Hamas nicht alle toten israelischen Geiseln zurückgegeben, weiterhin gibt es militärische Angriffe Israels im Gazastreifen und an manchen Orten taucht wieder die Hamas auf. Israelis, Juden und Palästinenser, die in Bayern leben, schwanken zwischen Hoffnung, Misstrauen und der Angst, wieder enttäuscht zu werden.
So geht es auch der Münchner Jüdin Yaelle B. und der Deutsch-Palästinenserin Nasra Kalloub. Beide Frauen haben Mitglieder ihrer Familie verloren, beide hoffen auf Frieden und Gerechtigkeit.
Kalloub: "Erlebnisse nicht so schnell überwindbar!"
Der Schmerz sitze tief, sagt Nasra Kalloub, die in München als Logopädin arbeitet. Ihr Mann habe im Gazastreifen einen Neffen und auch einen Schwager verloren: "Unser Neffe ist an Hunger gestorben!" Für die Deutsch-Palästinenserin ist klar, dass der Verlust, den die Menschen im Gazastreifen in den letzten zwei Jahren erlebt haben, nicht so schnell überwindbar ist: "Die Menschen, die gestorben sind, das sind nicht nur Zahlen, das sind Stimmen, das sind Träume, das sind Geschichten, das sind ganze Familien." Laut Kalloub seien manche Familien einfach von heute auf morgen verschwunden. All das sei einfach ein sehr tiefer Schmerz, so die Deutsch-Palästinenserin.
Nachdenken über Frieden
Tiefe Wunden bei den Menschen, vor allem bei den freigelassenen Geiseln, sieht die Münchner Jüdin Yaelle auch in Israel. Aus Angst vor Antisemitismus will sie ihren vollständigen Namen nicht nennen. Vor zwei Jahren hat sie am 7. Oktober zwei Familienmitglieder verloren. Sie starben bei einem Bombenanschlag in Israel.
Trotz Verlust zweier Verwandter denkt sie über Frieden nach. Zwar mache sie bei der Hamas keinerlei Illusionen, doch zugleich ist sie davon überzeugt: "Es gibt genug Palästinenser, die einfach in Frieden leben wollen. Sie wollen, dass ihre Kinder eine richtige Ausbildung bekommen, dass sie eine bessere Chance im Leben haben." Nur auf einer persönlichen Ebene könne diese Völkerverständigung geschehen, sagt die Münchner Jüdin Yaelle.
Palästinenser brauchen Perspektiven
Die Palästinenser müssten jetzt vor allem eine Perspektive bekommen, sagt Nasra Kalloub. Die Familie ihres Mannes lebt zum Teil noch im Gazastreifen. Ihr Vater ist Arzt und lebt im Westjordanland, in der "Westbank".
Die Münchnerin mit palästinensischen Wurzeln telefoniert täglich mit ihren Verwandten. Dabei gebe es gemischte Gefühle: "Sie freuen sich, dass die Kinder jetzt ohne den Klang der Drohnen und der Bomben einschlafen können, dass die Mutter ihre Kinder in Sicherheit betreuen und umarmen kann und dass der Vater für die Kinder sorgen kann mit der Sicherheit, dass er am Abend wieder nach Hause kommt", berichtet Kalloub.
Kinder gründen Friedensinitiative
Auch Yaelle ist mit ihrer Familie in Israel im engsten Kontakt. Ganz Israel sei traumatisiert seit dem 7. Oktober. Das Trauma, so glaubt Yaelle, könne erst dann heilen, wenn auch die toten Geiseln wieder zu Hause seien. Ein Lichtblick für die Jüdin seien jedoch die Kinder ihrer getöteten Familienangehörigen.
Nach dem Tod ihrer Eltern hätten sie eine Friedensinitiative gegründet: "Sie wollen keine Rache, vielmehr plädieren sie dafür, den Frieden auszuprobieren." Sie sagen: "Wir haben schon alles ausprobiert, aber Frieden haben wir noch nicht ausprobiert. Wir haben uns bekämpft, aber einen richtigen Frieden haben wir noch nicht ausprobiert und das wäre vielleicht einmal das Risiko wert", so die Münchner Jüdin über die Friedensinitiative in ihrer Familie.
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