Frauenhäuser, die keine Frauen mehr aufnehmen können, obwohl sie ihnen eigentlich Schutz bieten sollen. Laut dem Autonomen Frauenhaus Erlangen gehört das zum Alltag in Bayern. Auf Anfrage heißt es: Der Mangel an Plätzen sei in ganz Bayern spürbar. "Wir erleben ihn jeden Tag", schreiben die Mitarbeiterinnen des Frauenhauses auf BR24-Anfrage.
In diesem Jahr habe man bis Ende Oktober mehr als 115 Frauen wegen Vollbelegung abgewiesen oder an andere Häuser weitervermitteln müssen. Der Austausch mit anderen Frauenhäusern in Bayern verdeutliche immer wieder "den gravierenden Mangel an verfügbaren Frauenhausplätzen". Die Autonomen Frauenhäuser fordern eine Verdoppelung der bestehenden Frauenhausplätze bundesweit. Derzeit stünden etwa 6.400 Plätze bundesweit zur Verfügung.
Engpässe schon seit längerem bekannt
Schon zu Beginn des Jahres hatte es Berichte über Engpässe in Frauenhäusern gegeben. Demnach hatte mehr als die Hälfte der Frauenhäuser in Bayern nach eigenen Angaben keine freien Plätze für von Gewalt betroffenen Frauen und Kindern.
Die Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion für Frauen, Julia Post, hat die bayerische Staatsregierung nach der aktuellen Situation in den bayerischen Frauenhäusern gefragt. Für 2025 liegen noch keine Auslastungszahlen vor. Im vergangenen Jahr waren laut Staatsregierung knapp 82 Prozent der Plätze in allen staatlich geförderten Frauenhäusern belegt. Am höchsten ist die Auslastung in Mittelfranken mit mehr als 93 Prozent.
Die bayerische Grünen-Politikerin Post sieht einen Weckruf in den hohen Auslastungszahlen. Der Freistaat müsse Hilfsangebote ausbauen, sodass keine Frau abgewiesen werden müsse.
Fälle von häuslicher Gewalt steigen
Laut bayerischem Landeskriminalamt sind die polizeilich registrierten Fälle von häuslicher Gewalt von 2021 bis 2024 angestiegen. Im vergangenen Jahr waren knapp 19.500 Frauen betroffen. Unklar sei, ob es sich um einen tatsächlichen Anstieg handelt, oder mehr Frauen sich trauen, Anzeige zu erstatten. Das bayerische Justizministerium schreibt auf Anfrage, man setze sich mit einem Bündel an Maßnahmen für den Schutz von Frauen vor häuslicher Gewalt ein. Bei allen 22 bayerischen Staatsanwaltschaften gebe es hierfür zuständige Sonderdezernate und Ansprechpartner.
Studie soll Bedarf in Bayern ermitteln
Aus dem Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales heißt es, man habe eine Bedarfsermittlungsstudie in Auftrag gegeben. Sie solle den Bedarf an weiteren Schutzplätzen und Beratungsangeboten für von Gewalt betroffenen Frauen feststellen. Staatsministerin Ulrike Scharf (CSU) sagte dem BR: "Jede Frau, die unter Gewalt leidet, ist eine zu viel! Im Freistaat Bayern setzen wir uns intensiv dafür ein, Frauen noch besser zu schützen." Eine Studie zum Bedarf an Frauenhäusern in Bayern hatte es allerdings auch schon vor zehn Jahren gegeben. Auch sie wurde damals vom bayerischen Sozialministerium in Auftrag gegeben. Das Ergebnis: Zu wenig Plätze in Frauenhäusern in Bayern und keine ausreichende Finanzierung.
Gewalthilfegesetz: Rechtsanspruch auf Schutz
Anfang des Jahres wurde im Bundesrat das Gewalthilfegesetz verabschiedet. Auch Bayern hat zugestimmt. Das Gesetz spricht von Gewalt betroffenen Frauen einen kostenfreien Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung zu. Scharf sagte dem BR, für sie sei entscheidend, "das Gewalthilfegesetz des Bundes bestmöglich und schnell umzusetzen, sodass der Schutz der Frauen und Kinder vor Gewalt weiter und nachhaltig verbessert wird." Dafür brauche es ausreichend finanzielle Unterstützung vom Bund.
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