Die Olympiagegner Christian Hirneis (m.) vom Bund Naturschutz, Katharina Schulze und Ludwig Hartmann von den Grünen feiern im Stemmerhof den Ausgang der Bürgerabstimmung über die Münchner Olympiabewerbung für die Winterspiele 2022., 09.11.2013
Die Olympiagegner Christian Hirneis (m.) vom Bund Naturschutz, Katharina Schulze und Ludwig Hartmann von den Grünen feiern im Stemmerhof den Ausgang der Bürgerabstimmung über die Münchner Olympiabewerbung für die Winterspiele 2022., 09.11.2013
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Archivbild: Die Olympiagegner Katharina Schulze und Ludwig Hartmann feiern 2013 den Ausgang der Bürgerabstimmung über Münchens Olympiabewerbung
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Archivbild: Die Olympiagegner Katharina Schulze und Ludwig Hartmann feiern 2013 den Ausgang der Bürgerabstimmung über Münchens Olympiabewerbung

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Grüne Gratwanderung: Von NOlympia zu OlympiJA?

Grüne Gratwanderung: Von NOlympia zu OlympiJA?

Mit dem Kampf gegen eine Münchner Olympia-Bewerbung begann 2010 der politische Aufstieg von Grünen-Politikerin Katharina Schulze. 15 Jahre später unterstützt ihre Fraktion die Bewerbung um Sommerspiele. Olympia-Gegner zeigen sich irritiert.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Es waren fünfeinhalb Minuten, in denen die Nachwuchspolitikerin erstmals bundesweit auf sich aufmerksam machte: Mit einer leidenschaftlichen Rede gegen eine Münchner Olympia-Bewerbung stellte sich Katharina Schulze 2010 auf einem Grünen-Bundesparteitag nicht nur gegen die Münchner Grünen-Stadtratsfraktion, sondern auch gegen die damalige Bundesvorsitzende Claudia Roth. Es gehe um Ökologie und die "grüne Glaubwürdigkeit", rief die 25-jährige Studentin: "Nein zum Milliardengrab Olympia!"

Früher gegen Olympia-Bewerbung

Schulze wurde daraufhin neben ihrem Parteifreund Ludwig Hartmann eines der Gesichter des Münchner NOlympia-Bündnisses, das gegen eine Bewerbung der Landeshauptstadt um Winterspiele 2018 und 2022 kämpfte. Zugleich legte sie einen steilen Aufstieg in ihrer Partei hin: Sie wurde Vorsitzende der Münchner Grünen, zog in den Landtag ein und wurde dort schließlich Co-Fraktionschefin. Mittlerweile führt sie die Fraktion allein und ist die mit Abstand bekannteste Oppositionspolitikerin in Bayern.

Noch vor drei Jahren bekräftigte Schulze in einem Interview ihre grundsätzliche Kritik am Internationalen Olympischen Komitee (IOC) und betonte: "Das Bündnis NOlympia München hat sich vorsorglich nicht aufgelöst." Als vor wenigen Wochen die Gegner einer Münchner Bewerbung um die Sommerspiele 2036, 2040 oder 2044 vor die Presse traten, war Schulze aber nicht dabei: Ihre Landtagsfraktion unterstützt die Bewerbung.

Schulze: "Dieses Mal anders"

"Dieses Mal geht es um Sommerspiele statt um Winterspiele", sagt Schulze dem BR. "Bei den Winterspielen hätte es einen massiven Eingriff in den sensiblen Alpenraum gegeben. Das ist dieses Mal anders." Das IOC sei aber weiter mit Vorsicht zu behandeln, in mögliche Verhandlungen müsse man gut vorbereitet gehen.

"Sehr wichtig" ist der Grünen-Fraktionschefin, dass wie 2013 bei der Bewerbung um Winterspiele auch dieses Mal die Bürgerinnen und Bürger entscheiden, ob sie Spiele in ihrer Stadt wollen oder nicht. Der Bürgerentscheid findet am 26. Oktober statt.

"Nachhaltiges Konzept"

Der sportpolitische Sprecher der Fraktion, Max Deisenhofer, betont, es gebe dieses Mal ein nachhaltiges Konzept, "das auf bestehende Sportstätten aufbaut und so viel wie möglich für München und für ganz Bayern herausholt". Die weit überwiegende Mehrheit der Fraktion unterstütze daher den Olympia-Beschluss. "Es gibt aber einzelne kritische Stimmen, genauso wie in der gesamten Bevölkerung."

Allerdings: Mit Nachhaltigkeit hatten Olympia-Befürworter auch schon 2010 geworben. Auf dem Grünen-Parteitag war damals nach Schulze Winfried Hermann aus Baden-Württemberg ans Rednerpult getreten und sprach vom "besten ökologisch nachhaltigen Konzept, was es bisher in diesem Bereich überhaupt gegeben hat". Vorgesehen sei gewesen, zu 75 Prozent vorhandene Sportanlagen zu nutzen. Die Kritiker überzeugte das nicht: Die Delegierten stimmten gegen Olympia.

Hartmann: Zeche zahlt der Bürger

Anders als Schulze und die meisten Fraktionskollegen ist Ludwig Hartmann auch dieses Mal wieder bei NOlympia dabei. Der Landtagsvizepräsident berichtet, bei der Grünen-Basis erlebe er viel Zuspruch zu seiner Haltung, "die sich ja nicht geändert hat, der ich treu geblieben bin, weil das IOC sich nicht verändert hat". Noch immer müsse sich der Austragungsort komplett dem IOC unterordnen. Die Zeche für die hohen Kosten zahlten am Ende immer die Bürgerinnen und Bürger. "Immer, wenn Olympia irgendwo war, hat das vor allem eines gebracht: steigende Immobilienpreise und steigende Mieten – und das ist genau das Letzte, was München braucht."

Hartmann wirft dem Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vor, mit der Bewerbung von Versäumnissen beim Wohnungsbau, beim Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und von maroden Sportanlagen ablenken zu wollen. "Die Probleme im Alltag der Menschen lassen sich nicht durch ein zweiwöchiges Sportgroßereignis lösen."

Bund Naturschutz kann Grünen-Entscheidung "nicht nachvollziehen"

Der Bund Naturschutz in Bayern (BN) bedauert die Entscheidung der Grünen-Fraktion, sich dieses Mal den Olympia-Gegnern nicht anzuschließen. "Wir können sie auch nicht nachvollziehen", sagt BN-Sprecher Felix Hälbich. Zwar sei die Ausgangslage für Sommerspiele "vielleicht etwas besser" als damals für Winterspiele. "Trotzdem werden es ganz sicher keine nachhaltigen Spiele. Bei allen Olympischen Spielen, egal wie nachhaltig sie vorher angepriesen wurden, gab es massive Bautätigkeiten – das wird in München nicht anders sein."

Für einige Sportarten könne es in München überhaupt keine olympischen Wettkampfstätten geben. "Mountainbiking beispielsweise soll in Bad Wiessee stattfinden, wofür Anlage, Tribünen, Parkplätze, Sicherheitszonen usw. ins Gebirge gebaut werden müssten."

Landeschefin: Keine Angst vor dem IOC

Grünen-Landeschefin Gisela Sengl gibt sich dagegen kämpferisch und betont, vor dem IOC dürfe man keine Angst haben. Das IOC suche händeringend Städte in Europa, die überhaupt noch bereit seien, Olympia auszutragen. "Also haben wir da gute Karten." Statt sich Bedingungen diktieren zu lassen, gelte es umgekehrt, dem IOC Bedingungen zu stellen – damit die Spiele klimagerecht, ökologisch "und vor allem ein Spaß und eine Gaudi für alle werden".

Im Video: Grüne-Landtagsfraktion für Olympia in München

Blick auf das Münchner Olympiastadion.
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Ludwig Hartmann aber bleibt bei seinem Kurs. Als Einziger stimmt er in der Grünen-Fraktion gegen den Beschluss und steht weiterhin für NOlympia.

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