Len ist dazwischengegangen, als ein Mitschüler in Friedberg seinen Freund mit einem Hammer angegriffen hat.
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Len ist dazwischengegangen, als ein Mitschüler in Friedberg seinen Freund mit einem Hammer angegriffen hat.
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Hammerattacke von Friedberg: "Ich wusste, das ist kein Spaß"

Hammerattacke von Friedberg: "Ich wusste, das ist kein Spaß"

Beim Hammerangriff an einer Friedberger Schule hilft ein 14-Jähriger seinem Kumpel, der schon verletzt war und auf den der Angreifer weiter einschlagen wollte. Damit hat er sich selbst in Gefahr gebracht – aber wohl Schlimmeres verhindert.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Am frühen Morgen des 2. Oktober passiert an der Friedberger Mittelschule etwas, für das in jeder Schule spezielle Trainings absolviert werden und für das es doch nie eine wirkliche Vorbereitung geben kann: Ein Jugendlicher kommt, mutmaßlich um sich zu rächen, mit Hammer, Messern und einer Softair-Pistole bewaffnet auf den Schulhof und greift wahllos Schüler an.

Helm, Maske, Militärkleidung: "So nazimäßig"

Len, 14 Jahre alt, erlebt den Angriff am eigenen Leib. Der Achtklässler steht mit einem Freund im Pausenhof, will gerade in den Unterricht gehen. Dann sieht er, wie ein 15-Jähriger direkt auf ihn zukommt. Er trägt einen schwarzen Soldatenhelm, eine Gesichtsmaske und trägt Militärkleidung, "so nazimäßig, da wusste ich, das ist kein Spaß", sagt Len.

Ein 14-Jähriger wird schwer getroffen

Sein Freund bekommt einen schweren Hieb mit dem Hammer gegen den Kopf ab, die Wunde blutet sofort stark, der Junge geht zu Boden. Auch gegen Len wendet sich der Angreifer, doch der kann ausweichen. "Ich hab mich weggedreht, da hat er zum Glück nur meine Schulter erwischt." Len rennt ein paar Meter davon, stoppt dann aber, als er merkt, dass sein Freund zurückbleibt.

Und dann tut er das, wovor Ausbilder und Einsatzkräfte warnen, wenn Waffen im Spiel sind: Er läuft zurück und geht dazwischen, als der Angreifer wieder mit dem Hammer auf seinen Kumpel einschlagen will: "Ich hab ihn getreten, mit dem Knie in den Bauch gerammt, hab' dann den Alex (Name geändert) genommen und wir sind weggerannt. Er hat noch mit der Softair-Pistole auf uns geschossen." Len und Alex flüchten in die benachbarte Grundschule. Der Angreifer rennt weg, wird wenig später in einer Tiefgarage festgenommen.

Ein Alptraum für die Mutter

Len ist ein schlaksiger Kerl, hellbraune Locken, schwarzer Hoodie, einen guten Kopf größer als seine Mama. Für sie war der Angriff ein Schock: "Wenn ich darüber rede, dann geht es mir schlecht." Der Rettungsdienst habe sie angerufen und davon gesprochen, dass Len eine Verletzung mit einem Hammer erlitten habe. Sie dachte erst, da sei im Werkraum etwas passiert. Erst als sie bei der Fahrt ins Krankenhaus überall Polizei "und den Hubschrauber in der Luft“ sah, da habe sie gedacht, "jetzt ist was Schlimmes passiert".

Keine bleibenden Schäden

Ihr Sohn erleidet bei dem Angriff mittelschwere Verletzungen an der Schulter. Seinen Kumpel trifft es schlimmer, er wurde stationär im Krankenhaus behandelt. Mittlerweile geht aber auch der 14-Jährige wieder zur Schule. Seine Eltern haben sich schon bei Len bedankt. Lens Mutter Susanna sagt, es sei schwierig für den Täter, auch für dessen Eltern: "Niemand will, dass sein Kind so wird."

Hat Len Schlimmeres verhindert?

Der Angreifer ist ein ehemaliger Mitschüler, Len kennt ihn vom Fußballunterricht. Streit habe es mit ihm aber nie gegeben, sagt Len. Warum gerade er und sein Freund Ziel der Attacke waren, weiß er nicht – "falscher Ort, falsche Zeit". Anfangs sei er richtig sauer auf den Angreifer gewesen, jetzt aber nicht mehr. Vielleicht habe der Probleme gehabt, psychisch oder in der Familie.

Möglicherweise hat Len durch sein Eingreifen so etwas wie einen Amoklauf verhindert. Die zuständige Generalstaatsanwaltschaft ermittelt gegen den 15-jährigen mutmaßlichen Täter, der in Untersuchungshaft sitzt. Er war zuletzt auf eine Schule im Friedberger Umland gegangen, soll bereits früher schon einmal Drohungen gegen seine alte Schule ausgestoßen haben.

Für Len ist das Thema abgehakt, seine Aussagen bei der Polizei hat er gemacht. Beim Fußballspielen oder Shoppen mit seinen Schwestern bekommt er den Kopf frei. Er denke nicht mehr groß über die Attacke nach. Seine Mama sieht schon eine Veränderung. Er sei noch ruhiger als früher. Aber sie findet es großartig, dass er seinen Freund nicht im Stich gelassen hat. "Wir sind alle stolz. Aber die Angst bleibt."

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