Wolfschutzzaun (Symbolbild)
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Herdenschutz mit 2.000 Volt: Stromzäune gegen den Wolf

Herdenschutz mit 2.000 Volt: Stromzäune gegen den Wolf

Vermehrte Wolfsrisse in der Rhön sorgten in den vergangenen Monaten für große Unruhe unter den Tierhaltenden. Im Landkreis Bad Kissingen haben nun Fachleute Tipps zum Schutz von Pferde- und Rinderherden gegeben. Besonders wichtig dabei: Strom.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

"Die erste Berührung des Wolfs mit dem Zaun, die muss sitzen!" So formuliert es Günter Herkert, Berater des unterfränkischen Zaunbauers Patura. Was er meint, ist ein ordentlicher Stromschlag. Nonstop müsse ein Elektrozaun zum Schutz von Nutztieren das ganze Jahr über unter Strom stehen – nur dann könne er als eine Art psychologische Abwehr Wölfen Scheu und Respekt lehren und sie letztlich von den Tieren hinter dem Zaun fernhalten, so Herkert auf einer Fachtagung des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kitzingen-Würzburg (AELF) in Nüdlingen im Landkreis Bad Kissingen.

Das Interesse an solchen Tipps auf der bayernweit ersten Tagung speziell für Menschen, die Pferde oder Rinder halten, war groß. So groß, dass einige Interessierte nur einen Wartelistenplatz bekamen. Die 55 verfügbaren Plätze waren alle vergeben.

Tierhalter aus Zeitlofs: mulmiges Gefühl auf der Weide

Auch Walter Müller kennt die Angst vor dem Wolf: "Ich fahre jedes Mal mit einem mulmigen Gefühl hoch auf die Weide", erzählt der Tierhalter aus Zeitlofs. Der Schreck sitzt ihm auch nach vier Monaten noch in den Knochen: "Es war ein schrecklicher Anblick." An einem Morgen im November 2023 hatte er in seinem Gehege acht gerissene Damhirsche entdeckt. Ein Tier habe bei seiner Ankunft noch gelebt – mit einem großen Loch im Bauch. Das Mitgefühl für seine Tiere steht Walter Müller bei dieser Erinnerung ins Gesicht geschrieben. Zwölf Damhirsche sind übrig.

Diese Tiere will Walter Müller vor weiteren Wolfsangriffen schützen. Auf der Tagung in Nüdlingen erfahren die Teilnehmer nicht nur, dass Elektrozäune nur bei durchgehendem Betrieb helfen könnten. Auch müssten diese fachgerecht aufgestellt werden, das Einhalten der vorgeschriebenen Mindesthöhe und die richtige elektrische Spannung seien entscheidend, so die Fachleute.

Hürde: Tierhalter müssen hohe Kosten vorstrecken

Neben dem richtigen Aufbau der Zäune sind auch die Materialien und die Anschaffungskosten Thema der Tagung. Nahezu 100.000 Euro würde Müller so ein wolfsabweisender Elektrozaun für seine beiden Gehege zusammen kosten, wie er sagt. Die Materialkosten machen bei den hohen Kosten für einen sachgerechten Elektrozaun auf seinen Weiden wohl den geringsten Teil aus: "Die Installationskosten im teils schwer bezaunbaren Gehege treiben die Summe in die Höhe", meint das AELF.

Auch wenn der Staat den Großteil übernehmen würde: Walter Müller müsste das Geld erst einmal vorstrecken. Erst später bekäme er die Kosten größtenteils zurückgezahlt. "Das hat man nicht eben auf der hohen Kante. Ich will mich in meinem Alter nicht mehr verschulden", sagt der 57-Jährige. Außerdem ist ein Kriterium für die staatliche Förderung, dass der Elektrozaun zehn Jahre betrieben werden muss. Hört man früher auf, muss ein Teil der Fördersumme zurückgezahlt werden. Beantragen können solche Förderungen nicht nur Nutztierhaltende im Haupt- und Nebenerwerb, sondern auch Kleinst- oder Hobbyhalter und -halterinnen.

Zweifel an Effizienz der Wolfsabwehr

So richtig überzeugt Walter Müller die kostspielige und zeitaufwendige Maßnahme mit dem Elektrozaun ohnehin nicht: "Wenn der Wolf irgendwo rein will, kommt er rein", sagt er. Auch, weil der Riss bei dem Tierhalter kein Einzelfall ist. Immer wieder kam es in den vergangenen Monaten in der Rhön zu Wolfsrissen. So steckte möglicherweise ein Wolf dahinter, als im Oktober Rhöner Schaf- und Ziegenhalter vier tote Tiere entdeckten und mehrere vermissten. Nur unweit von Müllers Gehege hat im Januar 2024 möglicherweise ein Wolf ein Pferd getötet – der Labortest konnte das nicht eindeutig belegen.

Zaunexperte Günter Herkert stimmt dem Tierhalter zu, dass auch ein Elektrozaun keinen hundertprozentigen Herdenschutz garantiert. Dennoch könne man mit der fachgerechten Betreibung die besten Ergebnisse in der Wolfsabwehr erzielen. Die geforderte Mindesthöhe unterscheidet sich zwar je nach Tierart, beträgt aber in der Regel 90 Zentimeter. Zudem muss der Zaun im Sommer wie im Winter unter einer gleich hohen Spannung von 2.000 Volt stehen. "Wenn der Wolf einmal gelernt hat, den Zaun zu überwinden", etwa aufgrund vernachlässigter Stromschaltung, "dann nützt der ganze Zaun nichts mehr", so Herkert. Kontinuität sei das A und O.

Schadensersatz nur bei ausreichender Prävention

Die Förderrichtlinie "Investition Herdenschutz Wolf" des Freistaats Bayern soll dabei unterstützen, Nutztiere vor Übergriffen durch Wölfe zu schützen. Obwohl die wolfsabweisende Zäunung keine Pflicht ist, kann sie im Schadensfall entscheidend sein: Bei ungenügender Prävention kann der Anspruch auf Ausgleichszahlung eventuell verloren gehen.

Das gilt vor allem dann, wenn sich die Weide in einer sogenannten Wolfskulisse befindet. Diese wird nach der Anzahl an offiziellen Wolfsnachweisen definiert. Wenn eine Region zu einer solchen Wolfskulisse erklärt wird, haben Nutztierhaltende ein Jahr lang Zeit, einen entsprechenden Elektrozaun zu installieren, um bei einem Wolfsriss auch Schadensersatz zu bekommen.

Weitere Tagungen im Mai geplant

Neben der bayernweit ersten Tagung speziell für Menschen, die Pferde oder Rinder halten, soll es bald weitere Fachtagungen geben: so für Halter und Halterinnen von Schafen und Ziegen am 3. Mai in Oberelsbach (Lkr. Rhön-Grabfeld) und am 10. Mai in Mömbris (Lkr. Aschaffenburg).

Ein Wolf der Nachts erwischt wurde vor einem Dammwildgehege.
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Ein Wolf

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