Herwig Gössl, Erzbischof von Bamberg, steht wegen politscher Äußerungen während einer Predigt in der Kritik. (Archivbild)
Herwig Gössl, Erzbischof von Bamberg, steht wegen politscher Äußerungen während einer Predigt in der Kritik. (Archivbild)
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Bambergs Erzbischof hat in einer Predigt die Nominierung von Frauke Brosius-Gersdorf für das Bundesverfassungsgericht als Skandal bezeichnet.
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Bambergs Erzbischof hat in einer Predigt die Nominierung von Frauke Brosius-Gersdorf für das Bundesverfassungsgericht als Skandal bezeichnet.

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"Hexenjagd": Ärger nach politischer Predigt von Erzbischof Gössl

"Hexenjagd": Ärger nach politischer Predigt von Erzbischof Gössl

Bambergs Erzbischof hat in einer Predigt die Nominierung von Frauke Brosius-Gersdorf für das Bundesverfassungsgericht als Skandal bezeichnet. Die SPD steht hinter der Juristin und sagt, der Erzbischof lasse sich vor den Karren rechter Hetzer spannen.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Nah dran am .

Am Sonntag sagte der Bamberger Erzbischof Herwig Gössl in seiner Predigt, man habe in dieser Woche einen "innenpolitischen Skandal" erlebt, und zwar "durch die geplante Nominierung einer Richterin für das Bundesverfassungsgericht, die angeblich das Lebensrecht ungeborener Menschen bestreitet". Nachzusehen ist die Predigt in einem Video auf der Facebook-Seite des Erzbistums Bamberg.

Erzbischof Gössl: "Abgrund der Intoleranz und Menschenverachtung

Darin warnt Gössl im Zusammenhang mit der Richterwahl auch vor einem "Abgrund der Intoleranz und Menschenverachtung" und davor, dass Schwächere, Ungeborene, Pflegebedürftige, Alte, psychisch Kranke, sozial Schwache und Verfolgte keine Stimme mehr haben würden. Den Namen der designierten Richterin, Frauke Brosius-Gersdorf, nennt Gössl nicht.

Von der SPD hagelte es dennoch Kritik: Die Äußerungen des Erzbischofs seien unangemessen und befeuerten eine ohnehin schon unwürdige und diffamierende Debatte. Gössls Predigt setze zudem das Vertrauen der Menschen in das höchste deutsche Gericht völlig ohne Not aufs Spiel.

SPD spricht von Hexenjagd auf Frauke Brosius-Gersdorf

Auf Nachfrage des BR spricht die Landesvorsitzende der SPD, Ronja Endres, am Montag von einer "Hexenjagd". Demnach hätten "rechte Hetzportale einen politischen Standardvorgang zum waschechten Kulturkampf hochgejagt". Brosius-Gersdorf sei mit falschen Anschuldigungen diffamiert und mit Morddrohungen überzogen worden. "Hier, und nicht wie von Herrn Erzbischof Gössl gemeint, in der Nominierung einer hoch angesehenen Juristin, liegt der eigentliche Skandal", so die Chefin der Bayern-SPD. Umso befremdlicher sei es, wenn ein hochrangiger Kirchenvertreter sich mit einem solchen Zitat vor den Karren rechter Hetzer spannen lasse.

Gerade die christlichen Kirchen sollten demnach achtgeben, nicht zum Brandbeschleuniger gesellschaftlicher Verrohung und Spaltung zu werden.

SPD Bamberg: Gössl hat sich "arrogant" und "unchristlich" verhalten

Bei der SPD in Bamberg ergänzt man auf Nachfrage, Gössl habe eine "sehr oberflächliche, populistische Diskussion" völlig unkritisch aufgenommen. Der Erzbischof hätte sich grundlegend zum Lebensschutz äußern können, habe es aufgrund noch unklarer Motive allerdings vorgezogen, die designierte Verfassungsrichterin persönlich anzugreifen.

Gössl habe "arrogant" eine politische Personalentscheidung kommentiert und sich "unchristlich" verhalten, so der Vorsitzende der SPD in Bamberg, Olaf Seifert. Durch Verwenden des Begriffes "Skandal" habe er sich zudem für einen Prediger sehr unpassend ausgedrückt.

Schutz des ungeborenen Lebens - ein zentrales Thema für Gössl

Aus dem Erzbistum Bamberg heißt es dazu, der Erzbischof sehe es als seine und die Aufgabe der Kirche an, in gesellschaftlichen und politischen Themen Stellung zu beziehen. Dies gelte insbesondere, wenn ethische und moralische Fragen berührt seien. Der Schutz des ungeborenen Lebens sei für Gössl ein zentrales Thema. Es sei ihm zudem nicht um Personen, sondern um die Sache gegangen.

Wörtlich heißt es aus dem Erzbistum: "Wenn ein nach Entwicklungsstufe und Lebensfähigkeit des Menschen abgestuftes Lebensschutzkonzept vertreten und damit das Lebensrecht ungeborener Kinder infrage gestellt wird, bedeutet dies einen verfassungsrechtlichen Paradigmenwechsel." Ein solcher habe auch Auswirkungen auf die Schutzwürdigkeit menschlichen Lebens in anderen Lebenssituationen.

Gössl: Der Streit, nicht die Nominierung war mit Skandal gemeint

Mit der Bezeichnung "innenpolitischer Skandal" habe Gössl zudem nicht Brosius-Gersdorf persönlich gemeint. Der Skandal sei vielmehr durch die kontroverse, öffentliche Debatte und die Ereignisse im Bundestag entstanden. Aus dem Erzbistum heißt es, Gössl bedauere, wenn seine Aussagen verkürzt wiedergegeben und missverstanden und damit Personen oder das Ansehen des Verfassungsgerichts beschädigt worden seien.

Bereits vergangene Woche hatten die Bischöfe von Passau und Regensburg, Stefan Oster und Rudolf Voderholzer, gefordert, ungeborenes Leben zu schützen. Namen einzelner Richter-Kandidaten oder Kandidatinnen nannten auch sie nicht.

SPD will an Brosius-Gersdorf festhalten

Brosius-Gersdorf ist auf Vorschlag der SPD als Kandidatin für das Amt einer Bundesverfassungsrichterin nominiert worden. An der Personalie hatte sich ein heftiger Streit entzündet, weil die Potsdamer Juristin in der Vergangenheit die Meinung vertrat, dass eine weitere Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs nicht gegen das Grundgesetz verstoßen würde.

Auf Wunsch von CDU/CSU war die Wahl von Brosius-Gersdorf sowie zwei weiterer neuer Verfassungsrichter am vergangenen Freitag von der Tagesordnung des Bundestages gestrichen worden. Die SPD will an ihrer Kandidatin aber festhalten.

Im Video: Was die geplatzte Richterwahl für die Regierung bedeutet

BR-Korrespondent Tim Aßmann im Gespräch.
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