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Individuelle Bestattungsformen? Keine Liberalisierung in Bayern

Individuelle Bestattungsformen? Keine Liberalisierung in Bayern

Rheinland-Pfalz hat nun das bundesweit liberalste Bestattungsrecht beschlossen. Künftig kann die Urne zuhause aufbewahrt werden, auch Flussbestattungen sind möglich. All dies ist in Bayern nicht erlaubt – trotz geänderter Nachfrage.

Ob Flussbestattung oder das Teilen der Totenasche – die Ideen für eine individuelle Bestattung sind fast grenzenlos. In vielen Nachbarstaaten Deutschlands ist schon lange viel möglich. Das bestätigt auch die Verbraucherinitiative "Bestattungskultur Aeternitas": "Wer die Bestattungsbranche kennt, weiß, dass die Möglichkeiten nachgefragt und – oft über den Umweg Ausland – genutzt werden. Repräsentative Meinungsumfragen zeigen deutlich, wie sich die Vorstellungen großer Teile der Bevölkerung verändert haben", so die Initiative.

Von sargloser Tuchbestattung bis Diamantpressung

Die Wünsche und Vorstellungen für eine jeweils passende Bestattungsform sind heutzutage sehr unterschiedlich, auch in Bayern. Die einen wollen aus dem Leichnam ihres Verstorbenen einen künstlichen Diamanten pressen lassen und nehmen dafür viel Kosten und Mühen auf sich, sagt der Münchner Bestattungsunternehmer Ralf Hanrieder. Dabei werde die Asche des Verstorbenen per Spedition ins Ausland geschickt, dort werde der Diamant gefertigt. "Das sind Zusatzkosten zu den Beerdigungskosten von 2.000 bis 15.000 Euro", so Hanrieder.

Nur noch bei jedem fünften Leichnam gibt es in Bayern eine Erdbestattung. Prinzipiell gilt dafür die Sargpflicht, doch seit April 2021 ist auch eine sarglose Tuchbestattung möglich. Etwa 80 Prozent der Leichname werden mittlerweile in Bayern eingeäschert. Zunehmend fällt das Grab weg, der Trend geht in Richtung anonyme Bestattung. Auch individuelle Bestattungsformen werden immer häufiger nachgefragt.

Rheinland-Pfalz geht neue Wege

In Deutschland gilt in fast allen Bundesländern die Bestattungspflicht und in aller Regel auch der sogenannte Friedhofszwang. Ausnahmen gab es bisher nur in Bremen. Seit Donnerstag gilt im von einer Ampelkoalition regierten Rheinland-Pfalz jedoch das bundesweit liberalste Bestattungsrecht. Damit werden viele alternative Bestattungsformen erlaubt und der Friedhofszwang für die Asche Verstorbener aufgehoben. Angehörige können die Totenasche künftig grundsätzlich auch privat verwahren.

Die sei eine Revolution, meint Hanrieder. In anderen europäischen Ländern und in Asien gebe es diese Bestattungsformen schon längst, so der Bestattungsunternehmer. "Im Buddhismus und Hinduismus wird die Asche zerstreut und in den USA nehmen 20 Prozent der Angehörigen die Urne nach Hause."

Nach Ansicht der CDU in Rheinland-Pfalz bedroht jedoch das neue Gesetz den Fortbestand der Friedhöfe in Rheinland-Pfalz. Es müsse nach Inkrafttreten zeitnah überprüft werden, so die Forderung.

Bayerisches Gesundheitsministerium: Keine Änderung vorgesehen

In Bayern seien derzeit keine Änderungen vorgesehen, teilte das zuständige bayerische Gesundheitsministerium auf BR24-Anfrage mit. Momentan gibt es die Möglichkeiten der Beisetzung in einer Grabstätte (Erdbestattung) und die Einäscherung in einer Feuerbestattungsanlage mit anschließender Beisetzung der Urne in einer Grabstätte oder Beisetzung der Urne von einem Schiff auf hoher See (Seebestattung). Die Aschereste eines Verstorbenen zu verteilen oder sie zu verstreuen, ist im bayerischen Bestattungsrecht nicht vorgesehen.

Die Aschereste seien in einer festen Urne zu verschließen. Auch die Verwendung der gesamten Asche zur Herstellung von Diamanten sei unzulässig. Dies sei, so ein Sprecher des Gesundheitsministeriums, in der staatlichen Pflicht begründet, die Würde des Verstorbenen zu schützen. Bei einem Erinnerungsstück wäre es dem Staat nicht möglich, die Achtung der Würde des Verstorbenen im Einzelfall sicherzustellen. Dies gelte ebenso für die Aufbewahrung einer Urne zu Hause.

Freistaat: Würde des Verstorbenen langfristig schützen

Das Gesundheitsministerium betont beim Bestattungsrecht den langfristigen Schutz der Würde des Verstorbenen: "Die Vorstellungen zum Umgang mit der Asche eines Verstorbenen unterscheiden sich bereits bei engsten Angehörigen häufig erheblich voneinander." Die Werte einer Gesellschaft seien zwar dem Wandel unterworfen; ein würdiger Umgang mit den sterblichen Überresten sei aber am besten auf einem öffentlichen Friedhof zu gewähren, dessen Bestand langfristig gesichert sei, so ein Sprecher des Gesundheitsministeriums. Und weiter: Dem Wandel sei in Bayern bereits nachgekommen worden durch die Zulassung der Beisetzung von Urnen an Wurzeln von Bäumen auf Naturfriedhöfen.

Katholische Kirche unterstützt Staatsregierung

Das Katholische Büro Bayern sieht ebenfalls keine Notwendigkeit, das bayerische Bestattungsgesetz zu ändern. Das Gesetz hätte sich in der Vergangenheit bewährt und gewährleiste einen würdevollen Umgang mit den Verstorbenen, sagt der Leiter des Katholischen Büros Bayern, Matthias Belafi: "Zudem ist Trauer immer auch eine gemeinschaftliche Angelegenheit. Vorschläge wie Urnenaufbewahrung zuhause oder Ascheteilungen stehen hierzu in einem deutlichen Widerspruch." Änderungen wie in Rheinland-Pfalz seien weder sinnvoll noch sachgerecht, meint Belafi.

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