"Seit es Mobilfunk gibt, hat Seifriedsburg noch nie die Möglichkeit gehabt, das auch ordentlich zu nutzen", sagt Bürgermeister Jürgen Lippert (Bündnis für Bürgernähe/FW). Der schlichte Grund: Kein Netz. Seifriedsburg ist ein Ortsteil von Gemünden, liegt im vergleichsweise wenig besiedelten Landkreis Main-Spessart. Zuletzt gehörte der Landkreis zu den am schlechtesten mit Mobilfunknetz ausgestatteten Regionen Deutschlands.
Bayern bei 5G-Ausbau im hinteren Drittel
In Bayern sind laut Bundesnetzagentur 91 Prozent der Fläche mit Mobilfunk versorgt. Beim 5G-Ausbau lag der Freistaat im bundesweiten Vergleich zuletzt jedoch im hinteren Drittel. Allerdings sind solche Vergleiche schwierig: Bayern ist ein großes Flächenland, während beispielsweise Berlin ein Ballungsraum oder Nordrhein-Westfalen ein Industrieland ist. Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, zuständig für digitale Infrastruktur in Bayern, erklärt, man könne etwa in den Alpen nicht "in jedem Berg-Tal" Funkmasten errichten.
Mehr als 150.000 Menschen bei Messwoche dabei
Vergangene Woche konnten Nutzerinnen und Nutzer im Rahmen einer bundesweiten Mobilfunkmesswoche der Bundesnetzagentur per App mitteilen, wo sie gar kein Netz, nur ein schwaches Netz oder aber eine 4G oder gar 5G Netzabdeckung vorgefunden haben. Ob einer der übermittelten Messpunkte aus Seifriedsburg stammt, wurde noch nicht ausgewertet.
Die Bundesnetzagentur hat heute erst eine Art Zwischenbericht zu ihrer Aktionswoche gegeben. Die Bilanz: Mehr als 150.000 Menschen haben bundesweit mitgemacht - die Bundesnetzagentur konnte ihre Daten damit um rund 145 Millionen Messpunkte erweitern. Davon kamen mehr als 22 Millionen aus Bayern. Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, zeigte sich zufrieden: "Fantastisch (...) das hilft uns sehr, Funklöcher aufzuspüren".
Überhaupt kein Netz: nur in einem Prozent der Fälle
Erste Erkenntnisse der Messwoche: Absolut kein Netz hatten die Nutzer in weniger als einem Prozent der Fälle. 4G gab es zu fast 51 Prozent und das besonders leistungsstarke 5G Netz bei 47 Prozent der Messungen. Von der Qualität des Netzes hängt ab, ob Anrufe via Messenger-Dienst klappen und wie schnell eine Seite im Netz lädt. Trotz Netzabdeckung kann der Verbraucher also faktisch auch mal nicht oder nur mit erheblichen Einschränkungen surfen oder telefonieren.
Hauptproblem: Das Netz hängt vom Betreiber ab. Und: Da mehrere Netzanbieter im Spiel sind, hängen Verfügbarkeit und Qualität des Netzes auch vom Mobilfunkvertrag ab. Nicht alle Anbieter sind auch überall vertreten. Netz "auf dem Papier", wie Müller sagt, bedeute also nicht automatisch, dass auch jeder tatsächlich Empfang habe. Müller sagt: "Da hat Deutschland noch einiges zu tun".
Das Problem aus Sicht von Gemündens Bürgermeister Lippert: In weniger dicht besiedelten Regionen - wie etwa in seinem Landkreis Main-Spessart - rentiert sich der Ausbau für die einzelnen Netzbetreiber oft nicht. Dieses Problem ist inzwischen zumindest theoretisch behoben. Jetzt macht die Bundesnetzagentur den Betreibern nämlich zur Auflage, für nahezu 100 Prozent Netzabdeckung sorgen zu müssen. Bis vor Kurzem stand das noch nicht in den Verträgen. Wirtschaftsminister Aiwanger (FW) sagt, das sei überfällig gewesen. Bayern sei "als Hightech-Standort" darauf angewiesen, dass das Netz überall funktioniere.
Nächster Schritt: Daten abgleichen, Funklöcher aufspüren
Nach der abgeschlossenen Mobilfunkmesswoche geht es laut Bundesnetzagentur darum, die Daten mit bereits bestehenden Erkenntnissen abzugleichen. Die Informationen der unterschiedlichen Netzbetreiber sollen mit den Erfahrungen der Nutzerinnen und Nutzer vor Ort zusammengebracht werden. Klaus Müller erklärt, der Unterschied komme auch oft dadurch zustande, dass "das normale Messkonzept" eine "störungsfreie" Umgebung voraussetze. Das aber entspreche häufig nicht "der Lebenswirklichkeit". Probleme gebe es durch Bauwerke, oder "geografische Herausforderungen", wie Hügel, Senken oder Wälder.
Konsequenz: neue Funkmasten
Die Bundesnetzagentur will bei Funklöchern und schlechter Netzabdeckung nochmal selbst nachmessen. Konsequenz könnten neue Masten sein - oder zumindest eine Neuausrichtung von bestehenden Anlagen. Das Ziel: 99,5 Prozent Netzabdeckung in Deutschland zu erreichen. Dazu soll die Mobilfunknetzwoche jährlich wiederholt werden.
"Jetzt geht's in die richtige Richtung", sagt Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger. Bayern habe in den vergangenen Jahren bereits mit 30 Millionen Euro Fördergeld Betreiber motiviert, weitere Mobilfunkmasten in Regionen mit "weißen Flecken" aufzustellen.
Auch in Seifriedsburg ist erst vor Kurzem ein Funkmast errichtet worden - zum Jahresende soll er in Betrieb genommen werden, kündigt Bürgermeister Lippert an.
Die regionalen Ergebnisse der Mobilfunkmesswoche werden noch im Juni veröffentlicht (externer Link).
Im Video: So lief die Jagd auf Funklöcher
Jagd auf Funklöcher: Bundesnetzagentur gibt erste Bilanz bekannt
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