Für deutsche Wanderer fühlt sich Südtirol oft an wie ein Stück Heimat: Gipfelnamen klingen vertraut, man kann etwa an der "Regensburger Hütte" eine Pause einlegen, auch Wegweiser sind in der Muttersprache. Dabei ist man längst in Italien – und genau hier entzündet sich ein alter Konflikt neu. Immer häufiger seien Schilder in den Bergen nur noch auf Deutsch beschriftet, kritisiert der Präsident des italienischen Alpenvereins CAI Alto Adige, Carlo Zanella, in der Lokalzeitung "Corriere dell'Alto Adige".
Er habe italienische Touristen getroffen, die sich verlaufen hätten, weil sie zum Monte Luco wollten; auf den Wegweisern stand jedoch nur der deutsche Name "Laugenspitze". Das könne in den Bergen gefährlich sein, sagte Zanella. Problematisch sei die Lage etwa auch im Pustertal oder im Bereich des Ritten (italienisch: Renon), wo es trotz vieler italienischer Besucher laut Zanella keine zweisprachige Beschilderung gibt.
Zweisprachige Ortsbezeichnungen eigentlich Pflicht
Südtirol gehört seit 1919 zu Italien, war zuvor Teil der Habsburgermonarchie. Die Region hat drei Amtssprachen: Deutsch, Italienisch und Ladinisch. Laut Autonomiestatut sind zweisprachige Ortsbezeichnungen Pflicht, in ladinischen Gebieten dreisprachige. In 80 Prozent der Fälle werde dies eingehalten, so Zanella – doch in manchen Gebieten nicht. "Wir sollten keine Schilder aufstellen, wenn wir meinen, sie seien nur für Deutsche", so Zanella.
Zanella betonte, er kämpfe seit Jahren für eine "faire, aber vernünftige Ortsnamensgebung". Er sei nicht für vollständige Übersetzung jedes abgelegenen Ortes, aber vor allem in den Bergen müssten Schilder zu touristischen Zwecken angebracht werden.
Debatte um Umbenennung von Schutzhütten
Bereits im Juni hatte der Alpenverein Südtirol (AVS) für Diskussionen gesorgt. Im Vereinsmagazin "Berge erleben" regte die AVS-Vizepräsidentin Ingrid Beikircher an, Schutzhütten künftig nach Standort oder Hausberg zu benennen. Namen wie "Kasseler Hütte", "Regensburger Hütte" oder auch "Rifugio Papa Pio XI" hätten keinen Bezug zur Region. Ziel sei nicht die Verdrängung deutscher Namen, sondern eine nachvollziehbare, zweisprachige Benennung.
Ihren Ursprung haben die Namen in der wechselhaften Geschichte der Region. Rund um die Jahrhundertwende begann die touristische Erschließung der Alpen durch den damaligen Deutschen und Österreichische Alpenverein (DÖAV). Die verschiedenen Sektionen waren dabei für unterschiedliche Abschnitte verantwortlich, wo sie Wege erschlossen und Hütten errichteten. Die Hütten bekamen dann den Namen der jeweils zuständigen Sektion.
Hütten haben mehrere Namen
Nach Ende des ersten Weltkriegs und Auflösung des Habsburgerreichs gingen 78 Hütten in Südtirol und im Trentino an Italien über. Während des italienischen Faschismus unter Mussolini bekamen die Hütten italienische Namen. Seitdem existieren beide Namen parallel.
Das führe zu Verwirrung, während eine klare geografische Bezeichnung unmissverständlich wäre, so die AVS-Vizepräsidentin. Einige Politiker und der Südtiroler Heimatbund (SHB) sind dagegen: Die Namen stellten historische Denkmale der Geschichte des Alpinismus in Südtirol dar. Würde man sie ändern, würde man sich vom deutsch-österreichischen Kulturraum abkoppeln.
Der Deutsche Alpenverein steht der Umbenennung offen gegenüber.
Mit Informationen von dpa
Im Audio: Streit um Hüttennamen in Südtirol
Hütte mit Doppelnamen im Rosengarten in Südtirol
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