Keine Verkehrstote in Helsinki – Was kann Nürnberg daraus lernen?
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Keine Verkehrstoten in Helsinki – was kann Nürnberg lernen?

Keine Verkehrstoten in Helsinki – was kann Nürnberg lernen?

In Helsinki ist seit einem Jahr niemand mehr bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Die Stadt lässt sich in Bayern von ihrer Größe gut mit Nürnberg vergleichen, doch hier gab es 2024 elf Tote. Was Nürnberg von der finnischen Stadt lernen kann.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Seit einem Jahr ist in der 690.000-Einwohnerstadt Helsinki kein Mensch mehr durch einen Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Nürnberg hat ähnlich viele Einwohner, hier waren es 2024 elf Tote, ganze fünf mehr als im Vorjahr. Offensichtlich scheint die finnische Hauptstadt in Sachen Verkehrssicherheit den deutschen Großstädten voraus zu sein. Aber woran liegt das – und was kann Nürnberg von Helsinki lernen?

Verkehrstote: Nürnberg liegt im Mittelfeld

Den Erfolg erklärt sich Helsinkis Stadtverwaltung vor allem durch den Ausbau von Tempo-30-Zonen und durch bessere Bedingungen für Fußgänger auf den Straßen. "Keine Toten im Straßenverkehr, da wollen wir auch hin", sagt der Nürnberger Baureferent Daniel Ulrich, gesteht aber: "Wir liegen in Deutschland 20 Jahre zurück."

Im bundesweiten Vergleich steht Nürnberg nicht schlecht da. Im vergangenen Jahr gab es in Deutschland laut Statistischem Bundesamt 2.770 Verkehrstote. Das ist ungefähr einer pro 30.000 Einwohner. In Nürnberg ist es nach Zahlen des Polizeipräsidiums Mittelfranken umgerechnet einer pro 50.000 Einwohnern. Vier der elf Toten waren Radfahrer, weitere vier Fußgänger, zwei fuhren Motorrad, einer Auto. In den vergangenen Jahren schwankt die Zahl um die zehn Tote pro Jahr.

Auf dem Weg zur "Vision Zero"

Lange galt in Deutschland – und auch in Nürnberg – das Motto: "Autos vor". Ziel der Verkehrsplanung war es, Autofahrer möglichst schnell und reibungslos durch den Verkehr zu bringen. Inzwischen rückt das Wohl der weiteren Verkehrsteilnehmer aber auch in Deutschland immer mehr in den Fokus. 2021 hat das Bundesverkehrsministerium das Ziel festgelegt, bis ins Jahr 2030 die Zahl der Verkehrstoten um 40 Prozent zu senken.

Nürnberg hat im selben Jahr einen "Mobilitätsbeschluss" gefasst, darin verankert ist auch die "Vision Zero". Die Stadt wolle "die Zahl der Toten und Schwerverletzten im Straßenverkehr auf null reduzieren", erklärt Ulrich. Bis sich die Maßnahmen auswirken, werde es aber noch ein paar Jahre dauern.

Radwege nur für Radfahrer: Sicherheitsgefühl beim Radfahren

Durch den Mobilitätsbeschluss sei Nürnberg immerhin schon fahrradfreundlicher geworden, so der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club Nürnberg in einer Pressemitteilung von Mai. Jahrelang habe Nürnberg im bundesweiten Vergleich in Sachen Fahrradfreundlichkeit schlecht abgeschnitten, inzwischen hole die Stadt auf. Dennoch hapere es besonders beim Sicherheitsgefühl: 81 Prozent der Befragten schätzen die Sicherheit beim Fahren auf Radwegen und Radfahrstreifen als nicht gegeben ein. Die Radwege seien zu schmal und oft zugeparkt.

Gefahr Lkw

Verkehrssicherheit entstehe durch drei große Faktoren, sagt Ulrich. Punkt eins: Die meisten Tote gebe es, weil Lkw Fußgänger oder Fahrräder übersehen. "Die Fahrzeuge müssen also sicherer werden." In Finnland hätten die meisten Lkw Abbiege-Assistenten, die den Fahrer warnen, falls sich ein Radfahrer oder Fußgänger nähert oder sogar automatisch eine Notbremsung einleiten. "In Deutschland fehlt das oft noch", bemängelt Ulrich.

Auswirkungen der Tempo-30-Zonen

An der Fahrzeugsicherheit kann die Stadt Nürnberg nichts ändern. Wohl aber an der Infrastruktur. Verkehrsteilnehmer bräuchten optimale Sichtverhältnisse, um die Gefahren gut einschätzen zu können, sagt Ulrich. "Das ist aber oft schwierig, weil da Grün wächst oder Autos stehen." Die Stadt wolle nach und nach gefährliche Ecken angehen. "Aber auch der Bau von Radwegen, Zebrastreifen und anderen Maßnahmen ist wichtig", betont Ulrich – und die Einrichtung von Tempo-30-Zonen. "Denn kaum wer stirbt bei einem Aufprall mit 30 Stundenkilometern. Bei 50 km/h sieht das anders aus."

Deshalb laute der Plan: Den Verkehr weiterhin über die Hauptverkehrsstraßen leiten, aber kleinere Straßen auf Tempo 30 umbauen. "Es gibt fast keine Wohnviertel mehr in Nürnberg, in denen man 50 fahren darf", so Ulrich. Besonders stolz sei die Stadt auf ihre Vorreiterrolle bei Schulen: Schon früh habe Nürnberg auch an Hauptverkehrsstraßen das Tempo vor Schulen gedrosselt. Inzwischen ziehe man bei Altenheimen und anderen Einrichtungen nach.

Verkehrserziehung: Bevölkerung sensibilisieren

Der dritte wichtige Punkt sei die Verkehrserziehung. Gerade alten Menschen sollte klar gemacht werden, dass es sinnvoll sei, Ampeln oder Zebrastreifen zu nutzen, weil sie oft in schwere Unfälle verwickelt seien. Erste Erfolge erziele die Stadt bei Schulkindern. "Wir haben seit Jahren keine toten Kinder mehr auf dem Schulweg."

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