"Wenn Pfarrer und Ehrenamtliche Schutzsuchende ins Kirchenasyl aufnehmen, dann übernehmen sie eine große Verantwortung", sagt David Geitner, Asylberater der Evangelischen Kirche in Bayern. Wohnraum zur Verfügung zu stellen, sei nur eine Aufgabe von vielen. Daneben leiste man zum Beispiel auch seelischen Beistand, helfe bei der Arbeitsvermittlung oder beim Sprachkurs.
2025 haben die evangelischen und katholischen Kirchen in Bayern im Januar und Februar bereits 68 Personen Asyl gewährt. Damit liegt Bayern im bundesweiten Vergleich der Kirchenasyl-Aufnahmen auf Platz drei. Baden-Württemberg hat beispielsweise in diesem Jahr vier Personen aufgenommen. Die meisten Fälle gibt es derzeit in Nordrhein-Westfalen, mit 175 Personen.
Signal-Wirkung von Kirchen-Asylen
Letztlich seien die Aufnahme-Kapazitäten der Kirchen begrenzt, sagt David Geitner. Denn Kirchenasyl sei eben eine große Aufgabe. Für den Asylberater kommt es jedoch nicht nur auf die Zahlen, sondern vor allem auf die Signal-Wirkung von Kirchenasylen an - für die Gesellschaft und für die neue Regierung. Ein Signal für menschenfreundliche Migrationspolitik. "Wir machen mit dem Kirchenasyl die bedrohten Menschen sichtbar", sagt Geitner. Während Gesetzgebung immer abstrakt und normativ sei, beleuchte das Kirchenasyl das einzelne Schicksal und könne so Härtefälle herausfiltern.
Kirchenasyl: Kein rechtsfreier Raum
Die Ankündigungen der neuen Bundesregierung auf einen verschärften Asyl-Kurs sieht David Geitner gelassen. Beim Kirchenasyl gehe es nicht um ein Gegeneinander von Kirche und Staat, sondern vielmehr um ein konstruktives Miteinander. "Kirchenasyl bewegt sich nicht in rechtsfreien Raum", sagt Geitner. Im Gegenteil gibt es eine Vereinbarung zwischen Staat und den Kirchen, in der das Verfahren genau geklärt wird.
Konkret: Eine Kirchengemeinde kann zeitlich befristet Flüchtlinge aufnehmen, wenn ihr Leben und ihre Freiheit nachweislich bedroht sind. Dann kann eine erneute Prüfung ihres Verfahrens bei den Behörden erwirkt werden. Aber der Staat kann die Geflüchteten jederzeit abschieben.
Kirchenasyl fördert Integration
Auch der katholische Pfarrer Wolfgang Schneck hat in seiner Priester-WG im schwäbischen Kloster Maria Medingen bei Dillingen schon sieben Flüchtlingen Kirchenasyl gewährt. Für bis zu vier Monate. Immer wieder wird er über das Hilfswerk Matteo angefragt, manchmal bietet er selbst Schutz an, manchmal vermittelt er weiter. Was den Pfarrer besonders freut: Ein geflüchteter syrischer Zahnarzt, mit dem er fleißig Deutsch geübt hat, hat jetzt ein Job-Angebot bekommen und angenommen. "Das kommt auch unserer gesamten Gesellschaft zugute, wenn Asyl-Antragssteller arbeiten", sagt der Pfarrer Schneck. Seine Beobachtung: Vor allem im Handwerk und im Gesundheitsbereich seien engagierte Asylsuchende gut vermittelbar.
Neue Koalitionsvereinbarungen zur Migration: Erstmal abwarten
Mit Blick auf die neue Regierung sind sich Pfarrer Schneck und Asylberater Geitner einig: erst mal abwarten. Denn nationale Gesetzgebungen müssten auch auf europäischer Ebene beleuchtet werden. Diese Herausforderung, der Spagat zwischen nationalen und internationalen Interessen, dominiere die gesamte Migrationspolitik.
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