Zwei rote Baustellenleuchten auf einem Absperrzaun in der Fußgängerzone. Dahinter in der Unschärfe ein geparkter Bagger.
Zwei rote Baustellenleuchten auf einem Absperrzaun in der Fußgängerzone. Dahinter in der Unschärfe ein geparkter Bagger.
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(Symbolbild) Die bayerischen Kommunen fordern mehr Geld vom Freistaat, um ihre Aufgaben weiter erfüllen zu können.
Bildrechte: BR/Raphael Kast
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(Symbolbild) Die bayerischen Kommunen fordern mehr Geld vom Freistaat, um ihre Aufgaben weiter erfüllen zu können.

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Klamme Kommunen: "Pausenlos beschweren" hilft nicht

Klamme Kommunen: "Pausenlos beschweren" hilft nicht

Geschlossene Schwimmbäder, marode Schultoiletten: Vielen Kommunen fehlt das Geld, um Aufgaben weiter erfüllen zu können. Der Gemeindetag fordert mehr Geld vom Freistaat – doch nicht überall ist die Situation gleich dramatisch.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Radio Bayern am .

Die Aufgaben und Kosten der Kommunen würden immer mehr, aber gleichzeitig stagnierten die Einnahmen, erklärt Georg Große Verspohl, Finanzreferent des Bayerischen Gemeindetages: "Die meisten Kommunen stehen sehr, sehr stark unter Druck. Es werden Schwimmbäder geschlossen oder dringend notwendige Schulsanierungen nicht durchgeführt. Teilweise sanieren Eltern freiwillig die Schultoiletten, weil die Gemeinden dazu nicht mehr in der Lage sind."

Es gibt auch Lichtblicke

Trotz Alarmstimmung aus dem Gemeinde- und dem Städtetag, gibt es Kommunen, bei denen die Lage nicht so hoffnungslos erscheint. Ein Beispiel ist Rosenheim. Oberbürgermeister Andreas März (CSU) präsentiert stolz, was auf dem Areal zwischen Rathaus und dem Ausstellungskomplex "Lokschuppen" gerade neu entsteht: "Wir bekommen ein Wasserspiel, viele neue Bäume und mehr Platz für Gastronomie. Das wird ein Platz mit ganz viel Aufenthaltsqualität!" Krise klingt anders.

Die Zahlen zeigen nicht das ganze Bild

Auf der einen Seite sind die Steuereinnahmen der Kommunen laut Zahlen des Statistischen Landesamtes im ersten Halbjahr 2025 um 9,8 Prozent gestiegen. Gleichzeitig verbuchen viele Kommunen ein Defizit. Und das bedeutet, dass Städte und Gemeinden Schulden machen oder Rücklagen aufbrauchen müssen.

Die Prognosen versprechen in diesem Jahr zwar insgesamt weniger Schulden als in den vergangenen beiden Jahren. Georg Große Verspohl betont aber, dass die Kosten langfristig und im Durchschnitt deutlich schneller als die Einnahmen steigen: "Gerade im Sozialbereich haben wir in den vergangenen Jahren eigentlich immer Ausgabensteigungen im zweistelligen Prozentbereich gehabt, daneben extrem hohe Personalausgaben, aufgrund der höheren Tarifabschlüsse."

Regionale Unterschiede

Wegen der Krise in der Autoindustrie hat es jetzt vergleichsweise reiche Kommunen wie Ingolstadt erwischt: Die ansässige VW-Tochter Audi zahlt ein Großteil der Gewerbesteuer in der Stadt. Der Autobauer macht zwar immer noch Gewinne, die sind aber um 37,5 Prozent gefallen. Für den Automobilstandort bedeutet das: Es fehlen große Teile der Gewerbesteuereinnahmen, die in Ingolstadt bei den Einnahmen eine relativ große Rolle spielen. Die Stadt rechnet in diesem Jahr mit einem Defizit von insgesamt 70 Millionen Euro.

Rosenheim dagegen kennt dieses Problem nicht. Traditionell hat die Stadt viele kleine und mittlere Betriebe. Wirtschaftliche Probleme eines einzelnen fallen da nicht so ins Gewicht.

Auch Psychologie spielt eine Rolle

Oberbürgermeister März ist es wichtig zu betonen: Zum Erfolg von Rosenheim gehöre auch, dass man kontinuierlich in die Attraktivität des Standortes investiere und gerade in schlechten Zeiten nie schwarzgesehen habe: "Wenn wir uns pausenlos beschweren, wie schwierig alles ist, wie bürokratisch alles ist, wie finanziell alles herausfordernd ist, dann glaube ich, wollen die Firmen mit so einer Stadt oder Gemeinde auch weniger zu tun haben. Wir wollen nichts schönreden, aber bitte nicht die ganze Zeit darauf hinweisen, wie schwierig und tragisch alles ist."

Was der Stadt heute auch hilft: In den Jahren mit hohen Einnahmen wurden die Schulden abgebaut. Dadurch ist die Zinslast heute geringer und Geld verfügbar für Investitionen. Das ist aber kein Allheilmittel, das auf alle Kommunen übertragbar ist: Ingolstadt hat bisher gar keine Schulden und trotzdem heute Finanzprobleme.

Gemeindetag fordert Sondervermögen für Infrastruktur

Insgesamt wird das Defizit der Kommunen in Bayern laut Statistischem Landesamt für 2025 auf 4,5 Milliarden Euro prognostiziert. Um den Fehlbetrag zu verringern, fordert Georg Große Verspohl vom Bayerischen Gemeindetag einen deutlichen Anteil am Sondervermögen, das der Bund in den kommenden Jahren für die Erneuerung der Infrastruktur bereitstellen will.

15,7 Milliarden Euro davon sollen direkt nach Bayern gehen. "Wir als Kommunen brauchen davon mindestens 70 Prozent, um unsere Aufgaben zu erfüllen", so Georg Große Verspohl. Der Bayerische Finanzminister Albert Füracker (CSU) verweist aber auf das laufenden Gesetzgebungsverfahren im Bundestag. Erst anschließend, wenn die klar sei, was es überhaupt zu verteilen gäbe, will er mit den Kommunen verhandeln.

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