Das Methan, das bei der Verdauung von Nutztieren entsteht, und Lachgas durch Düngung – das sind in der Landwirtschaft die Hauptursachen für den Ausstoß von Treibhausgasen. Methan und Lachgas sind besonders klimaschädlich. In Bilanzen werden sie häufig in den vergleichbaren Effekt von CO2 umgerechnet. Dann spricht man von CO2-Äquivalenten.
Insgesamt wurden im vergangenen Jahr in Deutschland 649 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente freigesetzt. Etwa neun Prozent davon gehen auf das Konto der Landwirtschaft. Würde man noch CO2-intensive Verbrennungsstoffe dazu zählen, wäre es noch deutlich mehr Ausstoß.
Deshalb war der Plan der früheren Bundesregierung, die Landwirte beim Klimaschutz in die Verantwortung zu nehmen. Ab 2027 sollte der Sektor Landwirtschaft am europäischen Emissionshandel ETS 2 teilnehmen. Die Folge: höhere Kosten für die Landwirte und damit mehr Druck, mehr in regenerative Energien zu investieren.
Landwirtschaft muss nicht beim europäischen Emissionshandel mitmachen
Doch daraus wird nichts, denn im Koalitionsvertrag der neuen Regierung steht: "Vom Opt-In für den Sektor Landwirtschaft in den ETS 2 machen wir keinen Gebrauch."
Experten halten das für einen Fehler, etwa Johannes Sauer, Professor für Produktions- und Ressourcenökonomie landwirtschaftlicher Betriebe an der TUM School of Management. Er hält das für ein "Einknicken" der Politik. Das sei jedoch zu erwarten gewesen "durch den Politikwechsel", so Sauer. Es werde der Druck rausgenommen, und es gebe dann keine Anreize mehr, den Sektor zu transformieren. Trotzdem müsse die Landwirtschaft ihren Beitrag zum Klima-Umbau leisten, so der Agrarökonom.
Potenzial bei Futter und Düngung
Potenzial sieht Sauer etwa bei der Futterzusammensetzung. Es müsse anderes Futter geben, dabei könnten Körnerleguminosen wie etwa Klee eine Rolle spielen. Pflanzen also, die Stickstoff und Kohlenstoff binden. Andere Fütterungszyklen seien denkbar, es müsse weniger, dafür öfter gefüttert werden.
Auch bei der Düngung, der Bearbeitung von Moorböden und beim Agroforsten könnten andere staatliche Anreize mehr Nachhaltigkeit bieten. Das seien alles Maßnahmen, "die so noch nicht ausgeschöpft wurden", so Sauer. Es sei noch sehr viel Luft nach oben im Hinblick auf Emissionsvermeidung in der Landwirtschaft.
Ökonomischer Druck auf die Landwirte sinkt
Gerhard Dorfner vom Institut für Agrarökonomie der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) sieht das ähnlich. Er glaube, der ökonomische Druck, CO2 in der Landwirtschaft einzusparen, "sinkt natürlich".
Dorfner vermisst besonders bei der CO2-Reduktion einheitliche europäische Regelungen. Es gebe leider viele Sektoren, in denen es überhaupt nicht einheitlich sei, etwa bei der Mobilität. Beim Thema Steuerung von Treibstoffen und Besteuerung von fossilen Energieträgern sei das so – das zeige die Diskussion um den Agrardiesel, der nach den Plänen der neuen Regierung wieder deutlich günstiger werden soll. Dorfner hofft, "dass wir da auf einen einheitlichen Pfad kommen."
Bauernverband begrüßt Entscheidung zum Emissionshandel
Beim Bayerischen Bauernverband begrüßt man die Entscheidung, die Landwirtschaft nicht in den ETS 2 einzubeziehen als "richtig und wichtig". In einem Schreiben an den BR wird das begründet mit hoher Kostenbelastung für die Betriebe und einem nur begrenzten Einfluss auf die Höhe der Emissionen. Außerdem fürchte man Wettbewerbsungleichheit sowie "soziale und strukturelle Ungleichheit". Man setze von Seiten des Bauernverbandes auf "die Förderung freiwilliger Maßnahmen im Aktionsprogramm natürlicher Klimaschutz".
Kritik von der Deutschen Umwelthilfe
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), kritisierte im Bayerischen Rundfunk: Dass die Landwirtschaft nicht in den Emissionshandel einbezogen werde, sei ein "Rückschritt für den Klimaschutz und eine weitere Subvention für die Landwirtschaft". Offenbar, so Müller-Kraenner, hätten die Bauern-Proteste vor anderthalb Jahren "Eindruck gemacht und da auch Angst und Schrecken eingeflößt". Es sei bedauerlich, dass eine Branche, die besonders laut protestiert, deutlicher gehört werde als genauso wichtige Branchen, die vielleicht einfach leiser protestieren und "nicht mit Traktoren vor das Brandenburger Tor fahren".
Auch Agrarökonom Johannes Sauer (TUM) bedauert, dass man den protestwilligen Landwirten das Zeichen gebe, ihr Protest habe Erfolg. "Das war auch wieder die falsche Reaktion der Politik." Denn der Umbau der Landwirtschaft müsse weitergehen. Landwirte seien künftig Umweltmanager, ihre Aufgabe sei "Sicherstellung von Nachhaltigkeit, von Umweltressourcen".
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