Ein Wegweiser leitet im Universitätsklinikum zur Notaufnahme (Symbolbild)
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Krankenhäuser oft schlecht auf Hitze vorbereitet

Krankenhäuser oft schlecht auf Hitze vorbereitet

Hitze kann zur Gefahr werden – vor allem für Ältere und Vorerkrankte. Jedes Jahr gibt es Hitzetote und tausende Behandlungen. Ein Problem: Auch in vielen Kliniken ist es zu heiß, der Hitzeschutz stockt. Mediziner warnen vor den Folgen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Es ist noch nicht einmal elf Uhr, aber das Thermometer im Klinikzimmer zeigt schon mehr als 30 Grad. Die Gynäkologie und Urologie des Uniklinikums Augsburg liegt im 12. Stock. In den Zimmern steht die Luft. Schon den ganzen Morgen knallt die Sonne auf die Fenster. Die Verdunklung kann die Hitze kaum abhalten. Eine Pflegerin fächelt sich Luft zu, ein Patient drückt auf den Pieper.

1.400 Behandlungen pro Jahr wegen Hitze

Hitze kann zur Gefahr werden – vor allem für Menschen ab 65 Jahren, für Säuglinge oder für Menschen mit Vorerkrankungen (externer Link). In den Jahren 2003 bis 2023 sind laut Statistischem Bundesamt (externer Link) durchschnittlich 22 Menschen pro Jahr nur wegen Hitze gestorben. Hinzu kamen gut 1.400 Behandlungen in Krankenhäusern – zum Beispiel wegen Hitzschlägen oder Sonnenstichen.

Im Klinikum Augsburg ist die Notaufnahme in diesen Tagen voll. Allerdings: Auch in der Klinik selbst ist es zu heiß.

Volle Notaufnahmen und wenig Personal

"Die Temperaturen sind im letzten Sommer oft über 30 Grad gestiegen", sagt Sophie Scheidl. Sie ist Doktorandin am Lehrstuhl Regionaler Klimawandel und Gesundheit an der Universität Augsburg. Seit vergangenem Jahr betreut sie das Projekt "ProTect", misst die Temperaturen an verschiedenen Standorten in der Klinik, spricht mit Personal und Patienten. "Viele Patienten sind schon geschwächt", sagt sie. Für sie sei die Hitze gefährlich und erschwere die Genesung.

Aber auch für das Personal ist die Hitze eine Strapaze. Es gebe ohnehin schon einen Personalmangel. "Und wenn das Personal dann nochmal durch Hitze belastet ist, es gegebenenfalls Krankenausfälle gibt, ist natürlich das Gesundheitssystem noch weiter belastet."

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Schon am Morgen ist es gut 31 Grad in einem Klinikzimmer. Im Rahmen des Projektes "ProTect" werden in Augsburg die Temperaturen gemessen.

69 Prozent der Kliniken baulich unzureichend gegen Hitze gerüstet

Viele Kliniken in Deutschland und Bayern sind nicht umfassend auf Hitze vorbereitet. "Da besteht noch Verbesserungsbedarf", sagt Karl Blum vom Deutschen Krankenhausinstitut. Er leitet den Geschäftsbereich Forschung.

Im vergangenen Herbst hat das Institut eine Umfrage bei bundesweit 289 Einrichtungen (externer Link) gemacht. Das Ergebnis: 69 Prozent der Häuser gaben an, nur in wenigen Stationen oder Bereichen baulich gut an die Hitze angepasst zu sein. Vier Prozent sagten, bei ihnen sei das noch gar nicht der Fall.

Alte Infrastruktur als Problem

Das Uniklinikum Augsburg wurde in den 70er-Jahren gebaut, das Gebäude gilt in vielen Bereichen als marode, die Lüftung kommt in diesen Tagen gegen die hohen Temperaturen kaum an. Ein Neubau wird schon geplant, die Hitze soll dann mitgedacht werden. Bis dahin muss die Klinik mit den Temperaturen in dem alten Haus umgehen.

Doktorandin Sophie Scheidl soll helfen, einen Hitzeschutzplan zu entwickeln. Aktuell werden die Pflegekräfte über Hitze-Symptome und Selbstschutz informiert. Andere Maßnahmen benötigen aber mehr Personal (zum Beispiel ein zusätzlicher Dienst an heißen Tagen, Hitzeschutzbeauftragte) oder sind teuer (bauliche Anpassungen, Klimaanlagen).

Umbau würde Milliarden kosten

Die Umfrage des Deutschen Krankenhausinstitutes zeigt: Ein großer Teil der befragten Kliniken hat das Thema erkannt und will handeln, etwa das Gebäude verschatten, Kühlwesten verteilen oder Patienten zu dem Thema schulen.

Aber für all das braucht es Geld. 96 Prozent der befragten Häuser sagten, fehlende finanzielle Mittel würden mehr Hitzeschutz verhindern. Laut Deutscher Krankenhausgesellschaft bräuchte es mehr als 30 Milliarden Euro, um Kliniken energetisch zu sanieren und hitzeresistent zu machen.

Deutsches Krankenhausinstitut: "Seit Jahren unterfinanziert"

Krankenhäuser werden in Deutschland über ein sogenanntes "dualistisches System" finanziert. Die Kosten für die Behandlung werden von den Kassen übernommen. Die Länder finanzieren Investitionen, etwa in Gebäude, Geräte oder Digitalisierung.

Allerdings: In vielen Ländern sinken die Investitionsquoten in Kliniken seit Jahren – von insgesamt 25 Prozent im Jahr 1972 auf etwa drei Prozent im Jahr 2021. Karl Blum vom Deutschen Krankenhausinstitut sagt, Kliniken seien "seit Jahren unterfinanziert".

Bayern: 800 Millionen für Kliniken

Bayern hat seine Klinikfinanzierung zwar im vergangenen Jahr um mehr als 100 Millionen Euro aufgestockt – 800 Millionen Euro stehen dafür nun zur Verfügung. Versprochen hatten CSU und Freie Wähler aber eine "Krankenhausmilliarde". Ob und wann sie kommt: noch offen. Das Bayerische Gesundheitsministerium sagt auf BR-Anfrage: Durch die Erhöhung könnten Kliniken auch mehr in Hitzeschutz investieren. Allerdings sind laut Krankenhausinstitut nicht alle Maßnahmen zum Hitzeschutz auch tatsächlich förderfähig.

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