04.05.2025, Bayern, Dachau: Bud Gahs, Veteran der US-Truppen und Repräsentant der Befreier, nimmt an der Gedenkfeier zum 80. Jahrestag der Befreiung der Häftlinge des KZ Dachau teil. Rechts neben ihm im Bild die Überlebenden Abba Naor und Jean Lafaurie.
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Gedenkfeiern zum 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Dachau

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Gedenkfeiern zum 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Dachau

Gedenkfeiern zum 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Dachau

Mit Gottesdiensten und Gedenkfeiern ist heute im ehemaligen KZ Dachau an die Befreiung des Lagers vor 80 Jahren erinnert worden. Auch einige der letzten Überlebenden und Befreier nahmen teil.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Vor zwanzig Jahren zum 60. Jahrestag reisten noch über 1.000 Überlebende an, um an die Befreiung des KZ Dachau zu erinnern und ihrer ermordeten Mithäftlinge zu gedenken. Jetzt zum 80. Jahrestag haben sich noch rund ein Dutzend angekündigt, alle sind über 90 Jahre alt. "Es werden bedauerlicherweise von Jahr zu Jahr weniger Überlebende und weniger Befreier", sagte der stellvertretende Leiter der KZ-Gedenkstätte Christoph Thonfeld. "Wir haben uns auf diese Situation eingestellt. Für die, die nicht mehr reisen können, haben wir zum Beispiel die Möglichkeit geschaffen, Gedenkbotschaften zu schicken."

Die letzten Zeitzeugen ergreifen das Wort

Mit Abba Naor, Jean Lafaurie, Leslie Rosenthal und Mario Candotto äußerten sich bei den Gedenkfeierlichkeiten auch vier ehemalige Dachau-Häftlinge zur Erinnerungskultur. Außerdem der 100-jährige Bud Gahs, der als Soldat der sogenannten Rainbow-Division am 29. April 1945 dabei war, als die US-Armee das KZ befreite. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich in Dachau noch rund 32.000 Häftlinge. Als die US-Armee heranrückte, wurden die Häftlinge auf Todesmärsche geschickt. Der heute 97-jährige Abba Naor aus München und Rehovot (Israel) hatte den Dachauer Todesmarsch 1945 überlebt. "Mensch sein" sei die Lehre und das Vermächtnis an die Nachkommen, sagte er in einem Gespräch mit dem BR-Chefredakteur Christian Nitsche.

Viele Häftlinge waren bei der Befreiung jedoch in einem so schlechten Zustand, dass sie nur kurz überlebten, berichtete der inzwischen verstorbene Häftling Nikolaus Lehner: "Ich habe gesehen, wie sich einige Häftlinge noch aufbäumten und dann zusammenbrachen. Einigen Häftlingen gelang es, die Lebensmittellager aufzubrechen, sie haben sich auf die Fleischkonserven gestürzt. Danach gab es viele Tote, weil sie das nicht mehr gewohnt waren."

Dachau – der Prototyp des KZ-Systems

Dachau war eines der ersten Konzentrationslager der Nationalsozialisten. In den zwölf Jahren seines Bestehens wurden hier insgesamt rund 200.000 Menschen inhaftiert, etwa 40.000 wurden ermordet. Das Lager diente dazu, den politischen Widerstand gegen das NS-Regime zu vernichten. Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschafter und katholische Politiker wurden in Dachau gequält und ermordet, später auch Sinti und Roma, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, Geistliche aller Konfessionen und Juden.

Dachau diente den Nazis zudem als Prototyp für ihr KZ-System. "Es war eine Schule der Mörder", so der Dachau-Überlebende Max Mannheimer, der inzwischen ebenfalls verstorben ist. "Hier wurden die späteren Kommandanten ausgebildet, etwa Rudolf Höß, der Kommandant von Auschwitz, oder Adolf Eichmann, der im Reichssicherheitshauptamt für die Deportation der Juden verantwortlich war."

Tatort des Holocaust

SS-Ärzte quälten unzählige Häftlinge bei Experimenten im Dienste der Wehrmacht zu Tode. Während des Zweiten Weltkrieges ermordete die SS auf dem Schießplatz Hebertshausen, nördlich des Konzentrationslagerns, über 4.000 sowjetische Kriegsgefangene. Später wurden die Dachauer Außenlagerkomplexe Kaufering und Mühldorf Tatorte des Holocaust, über 6.000 Jüdinnen und Juden wurden dort durch sklavische Arbeit getötet.

Dass nun einige der letzten Überlebenden zur Gedenkfeier nach Dachau zurückkehren, sei eine große Ehre, betont Christoph Thonfeld von der Gedenkstätte. Als Ehrengäste würden sie nun Würdigung und Respekt erfahren. "Und auch in den Jahrzehnten danach ist ihnen diese Würdigung vielfach versagt worden", so Thonfeld.

Die Verbrechen von Dachau – lange verschwiegen und verdrängt

Denn Politik und Gesellschaft in Bayern wollten von den in Dachau und seinen Außenlagern verübten Verbrechen lange nichts wissen. Akteure in der Lokal- und Landespolitik versuchten jahrzehntelang, die Errichtung einer Gedenkstätte zu verhindern – die einstigen Häftlinge mussten sie gegen heftige Widerstände durchsetzen. Erst 1995, zum 50. Jahrestag der Befreiung, besuchte mit Edmund Stoiber erstmals ein bayerischer Ministerpräsident das einstige Lager.

An den Feierlichkeiten zum 80. Jahrestag der Befreiung nehmen unter anderem die neue Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) und die Präsidentin des Bayerischen Landtags, Ilse Aigner (CSU), teil. Die Staatsregierung wird durch die stellvertretende Ministerpräsidentin Ulrike Scharf (CSU) vertreten. Zu den weiteren Rednern gehören die Gedenkstättenleiterin Gabriele Hammermann, der Präsident der bayerischen Gedenkstättenstiftung Karl Freller und der Präsident des Comité International de Dachau, Dominique Boueilh. Das internationale Dachau-Komitee wurde von den überlebenden Häftlingen direkt nach der Befreiung gegründet, heute sind darin viele ihrer Nachfahren organisiert.

Zum Audio: KZ-Gedenkstätte Dachau: Tatort, Friedhof, Museum, Lernort

Dachau: Das Eingangstor mit der Inschrift ·Arbeit macht frei·
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Eingangstor der KZ-Gedenkstätte Dachau

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