Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen, kurz PFAS, sind sogenannte "Ewigkeits-Chemikalien" – sie bauen sich in der Umwelt extrem schwer ab. Eine davon ist Perfluoroctansäure (PFOA). Im Landkreis Altötting haben PFOA-Reste der chemischen Industrie über Jahre Böden und Gewässer verseucht.
Für das Trinkwasser in der Region gelten schon länger strenge Grenzwerte für die Belastung mit der Chemikalie. Das Wasser wird deshalb inzwischen vielerorts mit großem technischen Aufwand gefiltert und gilt als unbedenklich. Die Gefahr durch belastete Böden hielt man bisher für vergleichsweise gering. Diese Einschätzung dürfte sich jetzt aber vermutlich ändern.
PFOA inzwischen offiziell "Krebs erregend"
Denn vor zwei Jahren hat die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) die Chemikalie offiziell als Krebs erregend eingestuft. Und um Gesundheitsgefahren möglichst auszuschließen, sollen künftig auch für den direkten Kontakt mit belasteter Erde strenge Prüfwerte gelten. Wie hoch sie sein werden, steht noch nicht fest.
Die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz (LABO) hat bislang nur erste Vorschläge erarbeitet. Diese sind auch noch nicht öffentlich. Aber das Altöttinger Landratsamt wurde bereits grob informiert und ist jetzt alarmiert: "Wir wissen, dass wir in weiten Teilen des Landkreises über den künftigen Prüfwerten liegen", sagt Geschäftsstellenleiter Robert Müller. Im Landratsamt rücken deshalb nun Kinderspielflächen, Wohngebiete, Park- und Freizeitanlagen, Industrie- und Gewerbegrundstücke in den Fokus: All die Orte, an denen Menschen in direkten Kontakt mit Erde kommen können - etwa beim Gärtnern, Sonnenbaden oder Sport treiben.
Extrem wenig PFOA in sensiblen Bereichen erlaubt
Noch ist unklar, welche Maßnahmen genau getroffen werden. Denn selbst wenn es irgendwann einen verbindlichen Prüfwert gibt, ist das kein sofortiger Sanierungsbefehl, sondern eine Schwelle für genaues Hinsehen: Überschreitet die PFOA-Belastung des Bodens den Wert, muss die Behörde entscheiden, wo welcher Handlungsbedarf besteht.
"Das können informatorische Maßnahmen sein, dass man nur Warnhinweise anbringt", erklärt Müller vom Landratsamt Altötting. "Aber das können auch bodenschutzrechtliche Sanierungsmaßnahmen sein - etwa dass man einen Bodenaustausch für die oberen Bodenschichten vornehmen muss." Besonders strenge Schutzmaßnahmen sind demnach bei Kinderspielflächen und Wohnungsanlagen zu erwarten.
Als erste Konsequenz hat das Landratsamt die Gemeinden und Städte informiert und ihnen empfohlen, aktuelle Bodenproben zu nehmen, etwa auf Spielplätzen in bis zu 30 Zentimetern Tiefe. In der Vergangenheit durchgeführte Messungen könnten nicht mehr aktuell sein, heißt es zur Begründung.
Erste Gemeinde hat den Boden schon auf die Chemikalie untersucht
In der Gemeinde Pleiskirchen ist Bürgermeister Konrad Zeiler dem bereits nachgekommen. Er hat an einer Grundschule sowie an einem Kindergarten mehrere Bodenproben entnehmen lassen. Pleiskirchen liegt zwar nicht im besonders belasteten Gebiet, dennoch will Zeiler kein Risiko eingehen:
"PFOA ist wirklich krebserregend, für uns war das eine Alarmglocke", sagt er. Vor allem Baumaßnahmen in der Vergangenheit, als man mit dem Thema noch nicht so sensibel umgegangen ist, beschäftigen den Bürgermeister: Woher kam damals etwa der Humus für Neuanpflanzungen? "Unsere Schule ist umgebaut worden, so auch unser Kindergarten. Da müssen wir einfach auf Nummer sicher gehen."
Die Ergebnisse der Pleiskirchner Proben stehen noch aus. Absehbar ist auch noch nicht, wann die neuen Prüfwertvorschläge für PFOA verbindlich werden. Dies ist erst der Fall, wenn das Bundesumweltministerium sie in die Bundes-Bodenschutzverordnung übernimmt.
Im Video: Erhöhte PFAS-Werte in Böden
PFAS: Erhöhte Werte der krebserregenden Chemikalien in Böden
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