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Landrätin Baier-Müller: Kein Platz für Bären im Allgäu

Landrätin Baier-Müller: Kein Platz für Bären im Allgäu

In Rumänien hat ein Bär eine Touristin getötet, in Norditalien ist ein Jogger durch einen Bären ums Leben gekommen. Die Landrätin für das Oberallgäu, Indra Baier-Müller, fordert deshalb, dass sich der Freistaat besser auf Bären vorbereiten muss.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Schwaben am .

Auch wenn Bären in der Regel menschenscheu sind, können sie für den Menschen gefährlich werden. Indra Baier-Müller (FW), Landrätin für das Oberallgäu, fordert seit Längerem, sich auf solche Fälle besser vorzubereiten. Im Gespräch mit BR24 schildert Baier-Müller ihre Beweggründe und sagt, wo sie ansetzen möchte.

BR24: Frau Landrätin Baier-Müller, wenn Sie am Wochenende privat unterwegs sind in ihrem Landkreis: Denken Sie dann über den Bären nach?

Indra Baier-Müller: Ja, schon. Und zwar deshalb, weil ich öfters hier in den Bergen unterwegs bin, und nachdem hier letztes Jahr im Hintersteiner Tal nicht weit von Bad Hindelang ein Bär gesichtet wurde, tatsächlich die Frage auftaucht: Was tue ich denn, wenn mir ein solches Tier jetzt unterwegs begegnet?

BR24: Ist der Bär dann seitdem noch mal auffällig geworden? Hat er sich gezeigt?

Indra Baier-Müller: Also wir gehen davon aus, dass er durchgereist ist. Das war wohl ein männliches Tier.

BR24: Wie schätzen Sie denn die Gefahr durch Bären in Bayern ein?

Indra Baier-Müller: Ich glaube, dass die Alpen-Landkreise tatsächlich in den nächsten Jahren durchaus mehr mit dieser Thematik konfrontiert werden. Wir wissen um die Größe der Populationen im Trentino. Inzwischen gehen wir von 120 Tieren aus. Und dass es da Wanderbewegungen geben wird, ist für uns völlig klar.

BR24: Diese Bären werden gut beobachtet im norditalienischen Trentino, erst recht nach dem tödlichen Angriff auf den Jogger im vergangenen Jahr. Muss man davon ausgehen, dass auffällige Bären bei uns auftauchen?

Indra Baier-Müller: Es ist tatsächlich so, dass etwa drei Prozent dieser Bären auffällig sind und den Menschen unter Umständen gefährlich werden können. Und die anderen 97 Prozent sind sehr menschenscheu und sehr zurückgezogen.

BR24: In ihrem Brief auch an den bayerischen Umweltminister Thorsten Glauber (FW) fordern Sie, den bayerischen Bären-Managementplan zu überarbeiten.

Indra Baier-Müller: Wir möchten mit dem Ministerium hier ins Gespräch gehen, weil wir merken, dass die Dinge, die dort drinstehen, sicherlich richtig, aber nicht konkret genug sind. Es ist noch nicht festgelegt, welche Personen befugt sind, tatsächlich auch eine Festlegung zu machen: Ist es jetzt ein gefährlicher Bär oder nicht? In Bayern gibt es wohl zwei Menschen, die dafür zuständig sind. Wir brauchen aber, um die Festlegungen zu haben, mindestens drei Personen, so hat es der Managementplan vorgesehen. Und diese drei Personen kennen wir aktuell nicht.

BR24: Es gibt das "Netzwerk Große Beutegreifer". Dort engagieren sich viele Ehrenamtliche, die im Zweifelsfall vor Ort sind. Es gibt das Landesamt für Umwelt und Sie haben die Untere Jagdbehörde hier. Sind Sie gewappnet für den Fall, dass ein Bär auffällig wird?

Indra Baier-Müller: Das eine Thema ist die Vernetzung, die wir jetzt angeregt haben. Das zweite Thema ist die Bildung von Menschen. Wie soll ich mich verhalten, wenn ich tatsächlich einem Bären begegne? Wir sind ein sehr touristisch geprägter Raum hier im Allgäu und da braucht es noch mehr Aufklärungsarbeit.

BR24: Man könnte zum Beispiel mit Hinweisschildern aufklären. Als Tourismusbehörde können Sie das auch selbst machen?

Indra Baier-Müller: Dafür müsste man Geld in die Hand nehmen, dafür bräuchten wir natürlich erst einmal Beschlüsse hier vor Ort. Ich glaube dennoch, dass wir da zunächst einmal gemeinsam mit dem Freistaat Bayern darüber reden sollten.

BR24: Der Ruf nach einer Bären-Bereitschaft, die Bären im Ernstfall mit Gummigeschossen vergrämt oder erschießt, sorgt für eine gewisse Aufregung.

Indra Baier-Müller: Ich bin ein Freund von Vorbereitung. Wir hatten jetzt tatsächlich den Fall in Rumänien, dass jemand zu Tode gekommen ist durch einen Bären. Auch in diesem Jahr gab es im Lechtal eine Bärensichtung. Wir tun gut daran, uns vorzubereiten, ohne Panik zu machen.

BR24: Reden wir noch über Artenschutz: Der Bär steht unter einem sehr hohen Schutz: Bundesnaturschutzgesetz, FFH-Richtlinie, Berner Konvention. Nun möchten Sie gerne den Schutzstatus des Bären überprüfen lassen. Wie hoch schätzen Sie die Möglichkeiten, vom Oberallgäu darauf einzuwirken?

Indra Baier-Müller: Ich glaube, dass es wichtig ist, darüber zu diskutieren. Ich möchte nicht, falls was passiert, diejenige sein, die dann gefragt wird: "Ihr hattet doch mal eine Bärensichtung hier im Oberallgäu, warum habt ihr denn nicht reagiert?"

BR24: Halten Sie es denn für möglich, dass wir hier auch in Bayern und speziell in der Alpenregion mit den großen Beutegreifern zusammenleben können?

Indra Baier-Müller: In unserem Managementplan steht im weitesten Sinne: Die Bären haben die Möglichkeit, sich ihr Wohnumfeld auszusuchen. Und jetzt muss man aber schon auch die Frage stellen: Ist eine Region Oberallgäu, die so stark zersiedelt ist, die so viel begangen wird von Menschen, der geeignete Ort, um einem Bären hier ein Zuhause zu bieten. Und das glaube ich nicht. Ich glaube, dass ein Bär hier kein gutes Umfeld zum Leben findet, selbst wenn er nicht auffällig ist. Die Menschen nutzen die Natur, sie gehen raus, sie wollen Natur erleben. Und deshalb glaube ich, dass der Schutzraum, den ein Bär bräuchte, hier nicht groß genug ist.

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