In den meisten Bundesländern dürfen Geschäfte werktags bis 22 Uhr oder sogar rund um die Uhr öffnen – in Bayern bleibt es wie im Saarland bei 20 Uhr. So steht es im bayerischen Ladenschlussgesetz, das der Landtag am Donnerstag beschlossen hat und das am 1. August in Kraft tritt. Der Freistaat ist das einzige Bundesland, in dem noch immer das Ladenschlussgesetz des Bundes aus dem Jahr 1956 gilt. Das neue Gesetz bestätigt einen Teil der bisherigen Regelungen, bringt aber auch einige Neuerungen.
Mehr verkaufsoffene Nächte
Neu ist, dass Verbraucher in digitalen Kleinstsupermärkten, die ohne Personal auskommen, künftig auch sonntags rund um die Uhr einkaufen können. Allerdings darf die Verkaufsfläche maximal 150 Quadratmeter groß sein.
Für alle Geschäfte werden die Möglichkeiten zu verkaufsoffenen Abenden ausgeweitet: Gemeinden dürfen künftig anlasslos an bis zu acht Werktagen die Öffnungszeiten bis 24 Uhr verlängern. Darüber hinaus können einzelne Geschäfte an vier Tagen ebenfalls bis Mitternacht öffnen. Dies soll beispielsweise Buchläden ermöglichen, nach einer Lesung auch Bücher zu verkaufen. Eine Mitteilung an die Gemeinde reicht.
"Sonntags gilt weiter: Ruhe"
In Tourismus-, Ausflugs- und Wallfahrtsorten dürfen Geschäfte weiterhin an bis zu 40 Sonn- und Feiertagen öffnen, die Vorgaben werden aber gelockert. So sollen die Gemeinden künftig selbst bestimmen, wo ein Tourismusverkauf zugelassen wird, auch beim Sortiment werden die Vorgaben gelockert.
Neben den regulären Öffnungszeiten werde auch der strikte Schutz von Sonn- und Feiertagen beibehalten, betonte der CSU-Abgeordnete Thomas Huber im Plenum. "Sonntags gilt weiter: Ruhe statt Konsumdruck." Die Zahl der verkaufsoffenen Sonntage bleibt auf maximal vier beschränkt, es braucht dafür weiterhin einen besonderen Anlass. (In einer früheren Version dieses Artikels, hieß es, dass es keinen Anlass mehr brauche - dies wurde korrigiert.)
Das Gesetz sei keine Revolution, aber eine "angemessene Weiterentwicklung", sagte Huber. Arbeitsministerin Ulrike Scharf betonte, das Gesetz sein "ausdrücklich ein Arbeitnehmerschutzgesetz, kein Wirtschaftsförderungsgesetz".
CSU und FW stimmten für Gesetz
Für die AfD-Fraktion geht das Gesetz in die richtige Richtung, allerdings wollte sie es zeitlich begrenzen und evaluieren. Die Grünen wiederum forderten, die maximale Verkaufsfläche der digitalen Supermärkte auf 400 Quadratmeter zu erhöhen. Beide Fraktionen enthielten sich bei der Abstimmung. Die SPD wollte aus Gründen des Arbeitsschutzes unter anderem keine verkaufsoffenen Sonntage – sie lehnte das Gesetz ab, das mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CSU und Freie Wähler verabschiedet wurde.
Deutliche Kritik der Kirchen
Eine "deutliche Einschränkung des Sonntagsschutzes" beklagten die katholische und evangelische Kirche in Bayern. Die verfassungsrechtlich garantierte Sonntagsruhe werde durch die zeitlich unbegrenzte Sonntagsöffnung von digitalen Kleinstsupermärkten angetastet, teilten das Katholischen Büros Bayern und die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern gemeinsam mit. Dass auch die Öffnung von abgetrennten Bereichen bestehender Supermärkte ermöglicht werde, könne dazu führen, "das Einkaufsverhalten und den Charakter des Sonntags nachdrücklich zu verändern".
Sonn- und Feiertage müssten für alle Menschen verlässliche Zeiten der Regeneration und der Möglichkeit der inneren Einkehr bleiben. "Es wäre wünschenswert gewesen, dass diese kulturelle Errungenschaft – wie von den Kirchen im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wiederholt eingefordert – bei den Regelungen des Ladenschlussgesetzes stärker berücksichtigt worden wäre."
Vor mehr Sonntags- und Nachtarbeit warnte die Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB) in Augsburg: Die Annahme, dass digitale Kleinstsupermärkte sonntags ohne Personal auskämen, werde durch die Praxis widerlegt. Nötig seien beispielsweise Reinigungsarbeiten, Reparaturen und die Überwachung durch Sicherheitsdienste. Von Sonntagsruhe könne somit keine Rede mehr sein.
Im Video: Bayern lockert Ladenschlussgesetz
Bayern hat sein strenges Ladenschlussgesetz am Donnerstag etwas gelockert.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!