Skitourengruppe beim Anstieg an einem Hang
Skitourengruppe beim Anstieg an einem Hang
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Gute Idee: Abstand halten in der Spur hilft, das Gewicht zu verteilen. Mit Präventionsarbeit will der ÖAV für alpine Gefahren sensibilisieren.
Bildrechte: BR/Peter Stenz
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Gute Idee: Abstand halten in der Spur hilft, das Gewicht zu verteilen. Mit Präventionsarbeit will der ÖAV für alpine Gefahren sensibilisieren.

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Lawine, Absturz und Kälte: Von realen Bergunfällen lernen

Lawine, Absturz und Kälte: Von realen Bergunfällen lernen

Auf den ersten Schnee folgen oft erste winterlichen Bergunfälle. Wie kann man sich vorbereiten? Kann man aus alten Fällen lernen? Zu Beginn der Wintersaison startet der Österreichische Alpenverein eine Präventionskampagne.

Über dieses Thema berichtet: Rucksackradio am .

Anfang März 2024 in den Walliser Alpen: Eine Gruppe Skitourengeher bricht zum Gipfel der Tête Blanche auf. Ihr Ziel ist es, den ersten Streckenabschnitt der Patrouille des Glaciers, eines renommierten Skitourenrennens, zu erkunden. Die Tour führt über hochalpines, vergletschertes Gelände. Unterwegs muss irgendetwas passiert sein, was die Gruppe aufhält, denn auf rund 3.500 Metern Höhe stecken sie fest. Es ist kalt und ein Schneesturm zieht auf.

Präventionskampagne live auf der Bühne

"Das kann ganz schnell, ganz elementar werden", sagt Jörg Randl, Leiter der Abteilung Bergsport des Österreichischen Alpenvereins (ÖAV). Fälle wie diesen präsentiert er in der neuen Vortragsreihe "Winterupdate" live auf der Bühne.

Welche Gefahren der Winter am Berg birgt, zeigte sich am vergangenen Donnerstag, als oberhalb einer Skipiste am Stubaier Gletscher eine große Lawine abging. Acht Personen wurden verschüttet. Alle konnten unverletzt oder teilweise leicht verletzt gerettet werden – dank der rund 250 Rettungskräfte, die im Einsatz waren.

Um mehr Bewusstsein für Risiken im winterlichen Gebirge zu schaffen, präsentiert der ÖAV seit Jahren die beim Publikum beliebte Vortragsreihe "Lawinenupdate".

Vom Lawinen- zum Winterupdate

Während sich das Format bisher ausschließlich um das Thema Lawinen drehte, soll die Veranstaltung künftig einen ganzheitlicheren Blick vermitteln. "Wir haben uns entschieden, eine Weiterentwicklung vom "Lawinenupdate" zu machen, weil im Winter nicht alle Unfallereignisse auf diesen Schwerpunkt Lawine aufbauen, es gibt auch andere relevante Themen", sagt Jörg Randl. Absturz und Kälte sind die neuen Themenfelder, die ab sofort im "Winterupdate" behandelt werden

Echte Bergunfälle auf der Bühne

Das Prinzip der Vortragsreihe ist dabei gleich geblieben: reale Unfall-Szenarien, live auf der Bühne. Zusammen mit drei Experten aus den Bereichen Medizin, Sicherheit am Berg und Lawinenprognostik analysiert Randl die Fälle bis ins Detail. Das Motto: Wir analysieren – ihr entscheidet! Es geht um Verständnis und daraus resultierender Prävention.

Markus Isser von der Bergrettung Tirol steht als medizinischer Experte auf der Bühne und erklärt etwa den sogenannten Windchill-Effekt. Der besagt, dass bei einer Lufttemperatur von zehn Grad Celsius und etwa 50 km/h starkem Wind, sich die Temperatur wie minus zwei Grad Celsius anfühlt – also 12 Grad kälter.

Unfälle können immer passieren

Unfälle passieren, so auch beim Lawinenabgang im Stubaital. Dort seien, laut Sprecher des Seilbahnbetreibers, bereits zuvor einige Skifahrer in dem Hang unterwegs gewesen. Die Bergwacht Bayern verzeichnet für die Wintersaison 2024/25 insgesamt 5.162 Einsätze, dabei passieren etwa 67 Prozent der Unfälle auf der Skipiste.

Bei den Vorträgen geht es nicht darum, Schuldige zu finden. Viel mehr ist das Ziel, aus früheren Ereignissen zu lernen. Auf der Bühne berichtet Thomas Wanner, Sicherheits-Experte des ÖAV, von einem Fall vom März 2025.

Eine geführte Gruppe ist damals auf dem Anstieg zum Schalfkogel im Ötztal unterwegs. Alle gehen im Gänsemarsch, vorneweg der Bergführer, hinter ihm, so heißt es im Vortrag, das schwächste Mitglied der Gruppe. Dahinter zwei stärkere Teilnehmer. Der Bergführer ordnet einen Entlastungsabstand von zwölf Metern zwischen den Tourengehern an. Das ist der Abstand, der eingehalten werden sollte, um die Schneedecke nicht zu sehr an einem Punkt zu belasten, um das Risiko eines Lawinenabgangs zu verringern. Vermutlich haben sich nicht alle an diese Anweisung gehalten. Es löst sich eine etwa 16 Meter breite Lawine. Drei Personen werden mitgerissen. Hätte man die Abstände eingehalten, sagt Wanner, wäre es möglich gewesen, dass nur zwei oder eine Person verunglückt wären. Das größte Learning des Bergführers, so Wanner, sei gewesen: "Verzicht ist auch eine Option."

Eigenes Verhalten ist ausschlaggebend

Deshalb sei wichtig, das Risiko, dem man sich und andere aussetzt, zu kennen. Randl bringt das auf die Formel: Risiko ist gleich Eintrittswahrscheinlichkeit mal Schadensausmaß. Dann gebe es noch eine Stellschraube, die jeder einzelne bedienen könne: "Diese letzte Grundentscheidung draußen, dass Dinge passieren, ist sehr oft auch ans eigene Verhalten geknüpft", sagt Randl. "Es passieren oft Situationen, die einfach unvorhersehbar sind, aber insgesamt ist dein Verhalten draußen grundlegend entscheidend."

Vortrag komplett bei Youtube abrufbar

Das "Winterupdate" ist in voller Länge bei Youtube abrufbar [externer Link]. Bergsportler in Österreich können die Vorträge live erleben. Tourdaten beim Österreichischen Alpenverein [externer Link].

Im Video: Kontrovers-Story – Todesfalle Lawine

Franziska Rauth und ihr Freund Manuel Fuchs aus Murnau stehen an einem Berghang. Die beiden haben eine Lawine überlebt.
Bildrechte: BR/ Kontrovers | André Lemmer
Videobeitrag

Kontrovers - Die Story | Todesfalle Lawine - Begraben unter Schneemassen

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