Das Treidelschiff Elfriede an der Anlegestelle in Burgthann-Schwarzenbach
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Saisonstart für das Treidelschiff Elfriede auf dem Ludwig-Donau-Main-Kanal bei Burgthann

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Leinen los! Treidelschiff Elfriede startet in die Saison

Leinen los! Treidelschiff Elfriede startet in die Saison

Er ist ein beliebtes Ausflugsziel für Alt und Jung: Am Ludwigskanal bei Burgthann kann man gut Radfahren oder Spazierengehen. Eine besondere Attraktion: Das Treidelschiff Elfriede, welches seit diesem Jahr zum immateriellen Kulturerbe Bayerns gehört.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

21 Meter lang, vier Meter breit, gut 20 Tonnen schwer – das ist das Treidelschiff Elfriede, welches in Burgthann-Schwarzenbach am Ludwig-Donau-Main-Kanal liegt. Elfriede ist eine alte Dame, genauer gesagt ein historisches Kanalschiff, Baujahr 1920. "Sie war dazu da, Güter zu befördern. Alles, was regional angebaut, abgebaut, verarbeitet oder verbraucht wurde – sprich Holz, Kohle, Steine, Getreide, Erde, Baumaterialien", erzählt Richard Spiegel, dienstältester Kapitän an Bord der Elfriede.

Langsames Tempo – geringer Wasserwiderstand

Seit 28 Jahren erzählt er seinen Passagieren von der Geschichte des alten Kanals und der Tradition des Treidelns. Denn der Antrieb erfolgte nicht etwa mithilfe von Segeln oder Motoren, sondern mittels Pferden entlang des Ufers. Beim sogenannten Treideln zog ein Kaltblüter ein Frachtschiff. Mit nur einer Pferdestärke wurden so die Waren auf dem Wasserweg von A nach B gebracht.

"Die Pferde gingen ganz bewusst nicht schnell. Denn umso schneller man geht, umso höher wird der Wasserwiderstand" erklärt der 80-jährige Spiegel beim Saisonstart den Passagieren an Bord. Das Seil, die Treidelleine, hänge immer leicht durch, das Pferd müsse sich nicht schinden.

Die Elfriede: Ein Stück lebendige Geschichte

Auf dem Ludwig-Donau-Main-Kanal bei Burgthann kann man diese alte Transportart an Bord der Elfriede nacherleben. Während der gut 45 Minuten dauernden Fahrt erfahren die Passagiere allerhand über die Geschichte des Schiffes, des Kanals sowie über die Tradition des Treidelns. Diese geht am Ludwig-Donau-Main-Kanal in dessen Entstehungszeit in die 1840er-Jahre zurück. Besonders stimmungsvoll: An Sonntagen gibt es sogar Musik an Bord. Der 13-jährige Julian Zeitz unterhält die Gäste mit seinem Akkordeon während der Ausflugsfahrt.

Der Ludwig-Donau-Main-Kanal: Ein Mammutprojekt

Zehn Jahre dauerte der Bau des Kanals zwischen Bamberg und Kelheim. Zeitweise waren bis zu 9.000 Arbeiter für das Mammutprojekt nötig. 1846 dann folgte die offizielle Einweihung des monumentalen Bauwerks. Ab diesem Zeitpunkt konnte die gut 170 Kilometer lange Strecke zwischen Bamberg und Kelheim mit großen Frachtern befahren werden. 100 Schleusen mussten überwunden werden. Hier war Millimeterarbeit gefragt.

Einfacher ging es an den sogenannten Treidelbrücken. Die wurden so konzipiert, "dass das Pferd innerhalb der Brücke am Kanal entlanglaufen kann", erläutert Roman Frank, der zweite Kapitän an Bord. Bei Brücken, deren Pfeiler bis zum Wasser gehen, sei es komplizierter gewesen. Da musste das Pferd ausgespannt werden, um die Brücke herumgehen und dann wieder angespannt werden.

Die Bedeutung des Treidelns

Das Treideln und damit auch der Warentransport auf dem Wasser spielten in Franken und der Oberpfalz um die Jahrhundertwende eine wichtige Rolle. Mit der voranschreitenden Industrialisierung und der immer größer werdenden Bedeutung der Eisenbahn jedoch wurde der Ludwigskanal für den Frachtverkehr unrentabel. Die Eisenbahn fuhr ihm den Rang ab, der Güterverkehr fand nun zunehmend auf der Schiene statt.

Die meisten Treidelschiffe wurden daher im Laufe der Zeit außer Betrieb genommen oder umgebaut. "Das Treidelgeschehen auf dem alten Kanal endete mit dem Krieg", erzählt Roman Frank. Nürnberg sei größtenteils zerstört gewesen. Schließlich wurde die Strecke zwischen Bamberg und Nürnberg aufgeschüttet. Heute verläuft dort auf dem ehemaligen Kanal die A73.

Die Renaissance des Treidelschiffs Elfriede

Auch Elfriede verschwand, nachdem sie keine Transporte mehr auf dem alten Kanal fahren konnte. "Sie war die letzten Jahre eingesetzt als Arbeitsschiff auf der Donau. Dort ist sie abgesoffen und in Vergessenheit geraten", erklärt Kapitän Frank. Ein alter Flussmeister habe sich kurz vor seiner Pensionierung daran erinnert und gesagt, man müsse Elfriede heben und wieder herbringen.

Der Rest ist Geschichte: Elfriede wurde liebevoll restauriert. 1996 dann hat die Gemeinde Burgthann die Treidelschifffahrt anlässlich des 150-jährigen Kanaljubiläums wiederbelebt. Von Mai bis September zieht ein Pferd die alte Dame an jedem ersten Sonntag im Monat von Schwarzenbach bis zum Dörlbacher Einschnitt und zurück.

Das Treideln als immaterielles Kulturerbe

Trotz des Niedergangs der Treidelschifffahrt gibt es auch heute noch Bemühungen, dieses wichtige kulturelle Erbe zu bewahren. Nicht nur im mittelfränkischen Nürnberger Land, sondern auch im oberpfälzischen Landkreis Neumarkt gibt es das Treideln noch. Weil die touristische Nutzung des Treidelns und die Weitergabe von Wissen und Können zu der alten Handwerkstechnik laut bayerischem Heimatministerium mittlerweile einmalig in Deutschland seien, wurde das Treideln auf dem Ludwig-Donau-Main-Kanal als gutes Praxisbeispiel jüngst sogar in die Liste des immateriellen Kulturerbes in Bayern aufgenommen.

Diese Anerkennung würdigt die kulturelle und historische Bedeutung. Das Treideln war in der Vergangenheit eine wesentliche Methode des Warentransports entlang der Flüsse und Kanäle in Bayern. Doch nicht nur das. Vielmehr war es auch ein wichtiger Bestandteil des sozialen und wirtschaftlichen Lebens entlang der Wasserwege. Das Treidelschiff Elfriede ist somit ein bemerkenswertes Beispiel für die Erhaltung und Wertschätzung bayerischen Kulturerbes. Denn hier, am alten Ludwigskanal bei Burgthann, soll der Schatz längst vergangener Zeiten lebendig bleiben.

Das Treidelschiff Elfriede wird über den Ludwigskanal von Pferden gezogen.
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Das Treidelschiff Elfriede gehört seit diesem Jahr zum immateriellen Kulturerbe Bayerns.

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