Die E-Mail an den bayerischen AfD-Landesvorstand wird am Abend verschickt. Betreff: "Antrag außerordentlicher Landesparteitag". Mehrere Bezirksverbände fordern darin, im Oktober einen außerordentlichen Landesparteitag abzuhalten. Ihr Ziel: Die Neuwahl des Landesvorstands.
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Streit um Zeitpunkt der Neuwahl
Die Mehrheit der Bezirksvorstände Mittelfranken, Oberfranken, Oberpfalz, Niederbayern, Schwaben und Oberbayern hat jeweils einer entsprechenden Beschlussvorlage zugestimmt. Sie liegen BR24 vor. Darin werden vor allem zwei Gründe für eine Neuwahl genannt.
Zunächst verweisen sie auf die AfD-Landessatzung. Demnach wird der Landesvorstand in jedem zweiten Kalenderjahr neu gewählt. Der vorhergehende Landesvorstand, ebenfalls unter Stephan Protschka, habe diese Regelung "missachtet", heißt es.
Der Hintergrund: In der Vergangenheit wurden die AfD-Landesvorstände in der Regel im Herbst eines ungeraden Kalenderjahres gewählt. Die jüngste Wahl war eine Ausnahme. Vor allem wegen der Landtagswahl war sie von Oktober 2023 auf Januar 2024 verschoben worden. Die Bezirksvorstände wollen zum alten Turnus zurückkehren und wieder im Herbst wählen. Die Mehrheit des amtierenden Landesvorstandes hatte kürzlich aber dagegen gestimmt, noch dieses Jahr neu zu wählen. Ihre Amtszeit gehe noch bis 2026, so das Argument.
Bezirksvorstände fordern "neues, gutes Team" für Kommunalwahl
Außerdem argumentieren die sechs Bezirksvorstände, dass es gerade vor der Kommunalwahl im März kommenden Jahres ein "neues, gutes Team" brauche, "welches genug Zeit hat, um mit den Vorbereitungen für die Kommunalwahlen zu beginnen" und die Orts-, Kreis- und Bezirksvorstände dabei auch "tatsächlich unterstützen" könne.
Aus der Partei gab es zuletzt Kritik, dass der Landesvorstand sich zu viel mit Personalfragen und zu wenig mit der Vorbereitung von Wahlen befasst habe. So seien bei vergangenen Wahlen Flyer und Plakate zu spät bei den Kreisverbänden angekommen. Bei der Kommunalwahl will die AfD flächendeckend erfolgreich sein und möglichst in einige Rathäuser kommen.
Machtkampf zwischen den Lagern
Neben diesen offiziellen Gründen verweisen AfD-Politiker im Gespräch mit dem BR aber auch auf einen Machtkampf innerhalb des Landesverbands. Teile der AfD wollen eine Professionalisierung der Partei, kritisieren unter anderem die Zusammensetzung des aktuellen Vorstands. So sind etwa die Landtagsabgeordneten Rene Dierkes und Franz Schmid Teil des Vorstandes. Beide werden vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet. Sie hätten Verbindungen zur als rechtsextremistische eingestuften "Identitären Bewegung", so der Verfassungsschutz.
Landesvorstand: Amtszeit endet 2026
Der bayerische Landesvorsitzende Stephan Protschka war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. An seiner Stelle antwortet der stellvertretende Landesvorsitzende Martin Böhm im Namen des gesamten Landesvorstands auf eine BR-Anfrage. Die Anträge der Bezirksvorsitzenden würden "zur Kenntnis" genommen und "auf ihre Zulässigkeit" überprüft. Die reguläre Amtszeit ende "satzungskonform 2026". Und: Gerade vor der Kommunalwahl seien "Kontinuität und ruhige Hand das erste Gebot".
Kritik am Landesvorstand weist er zurück. Unter dem amtierenden Landesvorstand sei die Zahl der Mitglieder in Bayern auf 10.000 angestiegen, die Zahl der Bundestagsabgeordneten habe man nahezu verdoppelt und in Umfragen stehe die Partei bei 22,5 Prozent.
Streit um die Satzung
Wie es nun weiter geht, ist offen. Der vorliegende Fall ist in der Landessatzung nicht konkret geregelt. Innerhalb der Partei werden drei mögliche Szenarien beschrieben. Erstens: Der Fall geht vor das Landesschiedsgericht. Zweitens: Zum Landesparteitag wird die Abwahl des Landesvorstandes beantragt. Drittens: Der Landesvorstand akzeptiert die Anträge und lässt sich auf Neuwahlen ein. Es heißt, manchen Mitgliedern des Landesvorstands werde dafür ihre Wiederwahl in Aussicht gestellt.
Für diesen Weg hätte der Landesvorstand bis spätestens zum 07. September Zeit. Bis dahin soll der Landesvorstand laut Beschluss der Bezirksvorstände zum außerordentlichen Parteitag eingeladen haben.
Hinweis: In einer ersten Version hieß es, drei Bezirksvorstände könnten die Abwahl beantragen. Richtig ist, dass mindestens drei Prozent der Mitglieder einen Antrag auf Abwahl beim Landesparteitag stellen müssten. Wir haben die Stelle korrigiert.
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