An den Wochenenden zieht es im dicht besiedelten Nürnberg viele ins Grüne. Sergej Hordt kommt oft mit seiner Familie in den Pegnitzgrund, einem Park im Westen der Stadt. Er zieht und schiebt zwei Handkarren, vollgepackt mit allem was man für einen Grillnachmittag so braucht. Mit dabei: Campingstühle, Tisch und Sonnenschirm und natürlich ein Grill. Zu Hause braucht er immer erst eine Genehmigung vom Eigentümer, wenn er Grillen will. Wenn er den Grillplatz hier im Park verlässt, achtet er darauf, dass nichts liegen bleibt, sagt er. Doch nicht alle nehmen es so genau.
Schon am Nachmittag quellen die Mülleimer über
André Winkel vom Servicebetrieb Öffentlicher Raum (SÖR) in Nürnberg ist für die Sauberkeit auch in den Grünanlagen zuständig. Es ist Samstag, halb vier Uhr am Nachmittag, und bereits jetzt quellen die Papierkörbe im Pegnitzgrund über. Ganze Säcke voll Müll, Plastikfolien, und Pizzakartons landen daneben oder werden einfach auf der Wiese oder im Gebüsch fallen gelassen. In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Mülleimer in Nürnberg stetig gestiegen. 2.600 sind es inzwischen allein in Nürnbergs Grünanlagen.
Am Brombachsee wurden die Mülleimer abgebaut
Nicht nur in der Stadt kämpft man mit dem Müllproblem in den Erholungsgebieten, auch auf dem Land ist das ein Thema. Wie etwa am Brombachsee im Fränkischen Seenland. Dort waren die Müllmengen an den Badewochenenden schlicht nicht mehr zu bewältigen.
Jetzt setzen sie auf ein radikales Konzept, sagt Manuel Westphal, Leiter des Zweckverbandes Brombachsee. Vor zwei Jahren haben sie die Mülleimer abgebaut. Wer hier Müll produziert, soll ihn auch wieder mitnehmen. Ausnahmen gibt es, beispielsweise an den Übernachtungsbereichen, Stellplätzen und verschiedenen Hafenanlagen. Dort finden Besucher weiterhin Mülleimer. Auch für Windeln und Hundekotbeutel stehen Sondermüllbehälter bereit. An den Touristinfos und Gaststätten können sich Besucher zudem kostenfreie Papiertüten für ihren Müll abholen. Alles, um zu vermeiden, dass der See vermüllt.
Erholungsgebiete kämpfen gegen die Abfallflut
Hohe Strafen für Verstöße
Wer das nicht tut, riskiert saftige Strafen: 2023 sorgte der Fall eines Mannes, der für ein weggeworfenes Taschentuch knapp 80 Euro zahlen sollte, für Schlagzeilen. Eine Seestreife kontrolliert regelmäßig, dass die Gäste die Regeln einhalten.
"Weil ich kann nicht einerseits als Bevölkerung fordern, mit Kampagnen wie 'Fridays for Future' und dergleichen, dass ich meine Natur schützen muss und nachhaltig leben will. Und wenn ich am See bin, gilt es aber für mich nicht mehr. Darum haben wir gesagt: 'Okay, wir greifen diesen Zeitgeist auf.'" Dieter Hofer, Geschäftsführer Zweckverband Brombachsee
Mülleimer weg, Müll weg - funktioniert das?
Bedrohungen, Beschimpfungen, Beleidigungen – das waren die Folgen des radikalen Konzepts am Brombachsee. Zumindest anfangs. Inzwischen sind die Menschen aufmerksamer, und Müll liegt nur noch vereinzelt herum. Die Frage nach der Übertragbarkeit haben sich auch schon andere gestellt. Ingolstadt etwa hat sich das Konzept genau erklären lassen.
Das Ganze hat aber auch seinen Preis. Zwar ist die Müllmenge von 142 Tonnen auf rund 22 Tonnen im vergangenen Jahr geschrumpft. Dafür kamen aber neue Kosten dazu: Der Zweckverband Brombachsee musste für das Müllkonzept unter anderem einen eigenen Überwachungsdienst engagieren.
Nürnberg: 7.500 Tonnen Müll im Jahr
Zurück in Nürnberg: Die öffentliche Grill-Party neigt sich dem Ende zu und hat deutliche Müllspuren hinterlassen. Ein Konzept wie am Brombachsee - hier nicht umsetzbar, erklärt die Stadt auf Nachfrage von BR24. 7.500 Tonnen Müll sind im vergangenen Jahr in Nürnberg angefallen. Stadtrat Rainer Nachtigall ist ratlos, wie sich das Müllproblem in Nürnberg lösen lässt, weil es auch immer eine Kostenfrage ist. Und es könne nicht der richtige Weg sein, "dass die Allgemeinheit für die Verfehlungen einzelner dann am Ende bezahlt."
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