Mit einem herzlich-fränkischen "Servus Leude" begrüßt Timo Rögele täglich seine aktuell gut 27.000 Follower auf dem Streaming-Portal Twitch. Ehrlich und ungeschönt sendet er live aus der Wurstküche, zeigt wie Wurst und Fleisch entstehen. Seine selbst erklärte Mission: "Das Produkt den Menschen wieder näherbringen und zeigen, wie vielseitig das Metzgerhandwerk ist." Das Ganze in der Hoffnung, dass künftig wieder mehr junge Leute den Metzgerberuf lernen wollen. Denn die Branche kämpft mit Nachwuchsproblemen.
Im Jahr 2010 gab es in Bayern nach einer Statistik der Handwerkskammer noch 1.530 Auszubildende für den Metzgerberuf. 2023 war die Zahl der Metzger in Ausbildung mit 550 auf fast ein Drittel geschrumpft.
Auch Timo wollte zuerst selbst gar nicht Metzger werden. Nach dem Realschulabschluss und angefangener Lehre zum Feinwerkmechaniker entschloss er sich dann aber doch dafür. Inzwischen hat er seinen Meister und arbeitet im Betrieb seines Vaters.
Follower als "Metzger-Azubis"
Ob Weißwurst füllen, Leberkäse zubereiten oder Schweine zerlegen – Timo zeigt alles und erklärt alles: Was kommt in die Wurst und was nicht, wie schärft man Messer richtig oder von welchem Teil kommt das Schnitzel? Während er arbeitet, beobachtet er den Chat im Live-Stream und geht geduldig auf die Fragen der Zuschauerinnen und Zuschauer ein. Seine "Metzger-Azubis" nennt Timo sie schmunzelnd und ergänzt: "Hausschlachtungen wie früher gibt es ja kaum noch. Deshalb glaube ich, dass das interessant für jeden Fleischesser ist. Einfach mal zu wissen: wie wird es denn gemacht?"
Timo überlegt sich ständig neue Aktionen für seine Community und bezieht sie in seine Arbeit mit ein. Kürzlich durften sie mitentscheiden, was in die Community-Wurst kommt. So kommen täglich neue Follower dazu – vor allem auf Twitch, aber auch auf Insta, TikTok und Youtube. Dort hat er inzwischen gut eine halbe Million Aufrufe pro Monat.
Immer wieder Hasskommentare
Timo überlegt genau, welche Inhalte er auf welchen Kanälen zeigt. Zwar schlachtet er nicht selbst, aber allein die Produktion von Fleisch und Wurst zu zeigen – da kommt auch einiges an Hasskommentaren rein. Falls nötig, greifen seine Moderatoren ein. Die sind bei Twitch üblich, machen das Ganze auf freiwilliger Basis und sperren User – falls nötig.
Dank Social-Media kommt ein neuer Azubi
Mit Social Media verdient Timo inzwischen mehr als durch seine Arbeit als Metzger – unter anderem durch Spenden seiner Follower oder Werbeeinnahmen. Dafür ist er unter der Woche jeden Tag sechs bis sieben Stunden live, oft auch am Wochenende. Viele von Timos Followern sind inzwischen auch Kunden geworden. Die Online-Bestellungen werden immer mehr. Sie machen inzwischen rund 15 Prozent des Umsatzes aus. Noch ein Vorteil: Für den Onlineshop braucht er kein Verkaufspersonal und wie in vielen Metzgereien herrscht auch bei den Rögeles Personalmangel.
Und noch etwas konnte Timo mit seinen Videos erreichen: Ab September bekommt er einen echten Metzger-Azubi – im Real Life. Der ist sogar durch Twitch auf ihn aufmerksam geworden.
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