Das Kemptener Rathaus am Abend, die Häuserzeilen links und rechts sind beleuchtet. (Archivbild)
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Es war die zweite Razzia innerhalb weniger Wochen in der Kemptener Stadtverwaltung. (Archivbild)
Bildrechte: picture alliance / imageBROKER | Wolfgang Veeser
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Nach erneuter Razzia in Kempten: "Macht sprachlos"

Nach erneuter Razzia in Kempten: "Macht sprachlos"

Es war die zweite Razzia innerhalb weniger Wochen in der Kemptener Stadtverwaltung: Diesmal geht es um Unregelmäßigkeiten bei der Verkehrsüberwachung. Oberbürgermeister und Stadträte sind erschüttert.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

"Es geht mir nicht gut", sagte Oberbürgermeister Thomas Kiechle (CSU) am Freitagvormittag im Gespräch mit dem BR. Die Unregelmäßigkeiten in der Kemptener Stadtverwaltung werfen seiner Meinung nach "ein Bild auf unsere Stadt, das sie nicht verdient hat, vor allem auf die Stadtverwaltung". In der Verwaltung seien 1.300 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beschäftigt, es gehe aber um das Fehlverhalten von "ganz wenigen". Den Freien-Wähler-Stadtrat Alexander Hold machen die neuerlichen Vorwürfe "sprachlos".

Sechs städtische Mitarbeiter im Visier der Staatsanwaltschaft

Innerhalb weniger Wochen beschäftigt die Stadtverwaltung Kempten der zweite kriminelle Verdachtsfall. Diesmal geht es laut Mitteilung der Staatsanwaltschaft Kempten um Rechtsbeugung, Bestechlichkeit und Bestechung gegen sechs Mitarbeiter des städtischen Ordnungsamtes. Am Donnerstagvormittag wurden deshalb erneut Räume der Stadtverwaltung durchsucht; ein Mann sogar festgenommen. Die Kemptener Kriminalpolizei sowie die Staatsanwaltschaft werfen dem 35-jährigen leitenden Angestellten vor, in den Jahren 2024/2025 digitale Bußgeldverfahren gelöscht zu haben, um die Betroffenen vor einer Strafe zu schützen. Es geht um 36 Fälle. Gegen eine Meldeauflage soll der Haftbefehl gegen den städtischen Mitarbeiter außer Vollzug gesetzt worden sein. Darüber hinaus wird gegen fünf Mitarbeiter der Verkehrsüberwachung ermittelt. Sie stehen im Verdacht, abgesprochen zu haben, sich gegenseitig keine Knöllchen für Parkverstöße auszustellen.

Der Oberbürgermeister will die Vorfälle nun so schnell wie möglich aufklären lassen: Neben Ermittlungen der Polizei soll es auch interne Überprüfungen und Konsequenzen geben.

CSU-Stadtratsfraktion: "Schwerwiegende Sache"

Ein Stimmungsbild unter den vier großen Stadtratsfraktionen – CSU, Freie Wähler, SPD und Grüne – zeigt: Die neuen mutmaßlichen Straftaten innerhalb der Stadtverwaltung erschüttern auch den Stadtrat. Erwin Hagenmaier von der CSU-Fraktion bezeichnete die Ungereimtheiten als "schwerwiegende Sache". Dem Großteil der Stadtverwaltungsmitarbeiter und -mitarbeiterinnen dürfe jedoch kein Vorwurf gemacht werden. Die machen einen "ehrbaren" und "guten" Job, so die Stadträte Hold und Hagenmaier. Katharina Schrader, Fraktionsvorsitzende der SPD im Stadtrat, betont: "Ich finde es beruhigend, dass eine Mitarbeiterin der Stadt die Sache gemeldet hat."

Frage der richtigen Kontrolle und der richtigen Organisation

Als "unverständlich" bezeichnet Hold, dass es möglich gewesen sein soll, digitale Akten zu löschen. "Akten haben durchgehende Aktenzeichen, wenn eine gelöscht wird, dann fehlt einfach eine", so der ehemalige Richter und Staatsanwalt. Für ihn stellten sich deshalb Fragen nach der richtigen Kontrolle und der richtigen Organisation innerhalb der Stadtverwaltung. Neben der strafrechtlichen Aufarbeitung müssten laut Hold deshalb auch Strategien entwickelt werden, wie solche Vorkommnisse künftig verhindert werden könnten.

Eine Forderung, die auch andere Fraktionen im Stadtrat unterstützen. Thomas Hartmann, Fraktionsvorsitzender der Grünen, zum Beispiel: Seiner Meinung nach müssen jetzt die Schwachstellen in den Prozessen innerhalb der Stadtverwaltung identifiziert und nachhaltig behoben werden. Dafür sei es auch nötig, andere Bereiche bei der Stadtverwaltung zu überprüfen: "Vor allem dort, wo Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit Geld zu tun haben."

Stadtrat-Mitarbeiterin meldete neuerliche Vorfälle

Die erneuten Ungereimtheiten sind laut Stadt Kempten aufgefallen, nachdem die Vorfälle rund um mutmaßlich entwendete Parkeinnahmen bekannt geworden waren. Eine Mitarbeiterin stellte laut Oberbürgermeister Kiechle Verfahrensfehler bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten fest und meldete das bei ihren Vorgesetzten. Daraufhin sei den Hinweisen intern nachgegangen und zeitgleich Anzeige bei der Polizei erstattet worden.

Mutmaßlicher Millionendiebstahl aus Parkautomaten

Ende November war die Kemptener Stadtverwaltung in die Schlagzeilen geraten, weil ein städtischer Mitarbeiter rund zehn Jahre lang Kleingeld an den rund 100 städtischen Parkautomaten abgezweigt und in die eigene Tasche gesteckt haben soll. Der Schaden beträgt laut Staatsanwaltschaft weit über eine Million Euro. Für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.

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