In Bayern gibt es mehr als 150 Autokennzeichen. Damit ist der Freistaat deutschlandweit Spitzenreiter. Nun könnten es sogar noch mehr werden, wenn es nach Ralf Bochert geht. Der Professor für Destinationsmanagement an der Heilbronner Hochschule schlägt vor, neue Kennzeichen für mittelgroße Städte einzuführen, um die lokale Identität zu fördern. Außerdem seien sie gute Werbung für die Städte. Denn: Autokennzeichen seien weit mehr als Buchstaben und Zahlen, so seine Argumentation.
VAT für Vaterstetten, GMR für Germering und HZA für Herzogenaurach
Damit könnten die Kfz-Kennzeichen in Bayern regionaler werden. So würde Germering im Landkreis Fürstenfeldbruck GMR, das fränkische Herzogenaurach HZA und Vaterstetten im Landkreis Ebersberg VAT bekommen. Noch fahren die heimischen Autofahrerinnen und Autofahrer in Vaterstetten mit dem Kennzeichen EBE herum. In der kommenden Woche wird der Gemeinderat von Vaterstetten über das eigene Kennzeichen VAT entscheiden. In einem zweiten Schritt müsste dann der Bund die entsprechende Gesetzesgrundlage schaffen, damit das neue Kennzeichen auch umgesetzt wird.
Beispiel Germering: FFB-Kennzeichen unbeliebt
Zu Besuch in Germering westlich von München. Die Große Kreisstadt hat mehr als 40.000 Einwohner, aber noch nie ein eigenes Kfz-Kennzeichen gehabt. Die Germeringer fahren mit FFB herum. Das steht für den Landkreis Fürstenfeldbruck. Hört man sich in der Stadt um, ist das vielen ein Dorn im Auge.
Eine nicht-repräsentative BR24-Umfrage in Germering hat ergeben, dass die meisten ein eigenes Autokennzeichen wie GMR für ihre Stadt begrüßen würden. "Besser als FFB", sagt eine junge Mutter. "Wunderbar! Das gibt nochmal eine eigene Identität und man grenzt sich von Fürstenfeldbruck ab", reagiert ein Germeringer begeistert. "Fürstenfeldbruck ist eh nicht so beliebt. Das Kennzeichen hat einen schlechten Ruf", erklärt eine ältere Dame und lacht.
Im Video: Was halten die Germeringer von einem Kfz-Kennzeichen mit den Buchstaben ihrer Stadt?
Germeringer Stadtspitze würde Wunsch unterstützen, aber …
Ein eigenes Kfz-Kennzeichen als Ausdruck für mehr Heimatgefühl: Die Germeringer Stadtspitze wäre auch dafür, aber es dürfte nicht zu bürokratisch und teuer sein. Letztendlich müsse der Stadtrat darüber entscheiden, sagt die Dritte Bürgermeisterin Sophie Schuhmacher. Sie findet die Idee grundsätzlich gut. "Wenn wir uns von unserem FFB loslösen könnten, unterstützt das die Stadt natürlich."
Denn die Germeringer hätten keine emotionale Bindung zu Fürstenfeldbruck, sagt die 28-jährige. Zwischen den zwei größten Städten im Landkreis gebe es eine gewisse Konkurrenz. Sophie Schuhmacher schlägt eine Bürgerbefragung vor, welche Buchstaben- und Zahlenkombination als Autokennzeichen für Germering infrage kommen würde.
Landkreistag dagegen, Städtetag dafür offen
Noch ist nichts entschieden. Der Bund muss zunächst über die entsprechende Gesetzesänderung entscheiden. Aber dann könnte Bayern auf Wunsch eines Landkreises oder einer Stadt einen Antrag auf ein neues Autokennzeichen stellen.
Der Bayerische Landkreistag steht dem Vorschlag skeptisch gegenüber, Autokennzeichen für Städte mit mehr als 20.000 Einwohnern einzuführen. Man sehe weder eine Notwendigkeit noch einen erkennbaren Mehrwert, heißt es auf BR24-Anfrage. Der Bund verlagere immer mehr Aufgaben auf die Kommunen. "Der Schuh drückt momentan an ganz anderen Stellen."
Auch der Bayerische Städtetag hat sich noch nicht damit befasst, zeigt sich aber offen für die Idee. Sollte es Interesse an einem eigenen Autokennzeichen seitens der mittelgroßen Städte geben, würde sich der Städtetag damit auseinandersetzen. Denn Autokennzeichen seien ein hochemotionales Thema, sagt Städtetagsprecher Achim Sing. Ob Geburtsdatum, Geburtsjahr oder Initialen: "Ein Auto ist offenbar für viele Menschen mehr als nur ein Fortbewegungsmittel. Da sind große Emotionen verbunden und das schlägt dann eben konsequenterweise bis zum Kennzeichen durch."
Immer mehr Autos in Bayern: Kfz-Zeichen werden langsam knapp
Ein weiteres Argument pro Autokennzeichen für mittelgroße Städte: In einigen Regionen werden die Buchstaben- und Ziffernkombinationen für Autokennzeichen bereits knapp. Denn in Bayern gibt es immer mehr Autos. Rund elf Millionen hat das Landesamt für Statistik zuletzt gezählt. So musste München vergangenes Jahr neben dem M ein weiteres Kennzeichen einführen: MUC, weil es so viele Neuzulassungen gab.
Autokennzeichen für mittelgroße Städte: Der Bund muss den Weg freimachen
Dass ein KfZ-Kennzeichen mehr als nur Buchstaben und Ziffern ist, haben schon die 2012 wiedereingeführten alten Kennzeichen 2012 gezeigt: wie WS für Wasserburg, MAK für Marktredwitz, KRU für Krumbach und FÜS für Füssen. Diese Kennzeichen erfreuen sich großer Beliebtheit.
Nun könnten also noch neue Autokennzeichen für mittelgroße Städte hinzukommen, um die lokale Identität zu fördern. Aber das ist bisher nur eine Idee und kein politischer Beschluss. Die Germeringer müssen also erst einmal weiter mit dem ungeliebten FFB herumfahren.
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