Joe Kaeser am Sonntags-Stammtisch
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Joe Kaeser nannte Trumps Zollpolitik "Unfug".

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"Perfide Machterhaltungspolitik": Joe Kaeser kritisiert US-Zölle

"Perfide Machterhaltungspolitik": Joe Kaeser kritisiert US-Zölle

Joe Kaeser, Ex-Siemens-Vorstand, nennt die neue US-Handelspolitik "Unfug". Die Motivation des US-Präsidenten sei nicht ökonomischer Art, sondern diene dessen Machterhalt. Wie soll Europa darauf reagieren? Kaeser präsentiert eine überraschende Idee.

Über dieses Thema berichtet: Der Sonntags-Stammtisch am .

Joe Kaeser war nicht gerade glücklich, als er diese Woche auf sein Aktiendepot blickte, wie er am Sonntags-Stammtisch im BR Fernsehen erzählt: "Das hat mich schon geärgert, weil das einfach unnötig und dumm ist." Er werde es überleben, betonte der Ex-Siemens-Chef zum Einbruch der Aktienkurse, "aber viele Menschen werden daraus in Situationen kommen, von denen sie sich nicht erholen".

US-Präsident Donald Trump hatte am vergangenen Mittwoch umfassende Importzölle gegen Länder weltweit verhängt. Als Folge ließen Börsenkurse weltweit nach. So verbuchte zum Beispiel der Dax den größten Wochenverlust seit dem russischen Überfall auf die Ukraine im Frühjahr 2022.

Kaeser prognostiziert Stagflation

Am Ende des Tages würden die Zölle von US-Präsident Trump "in einem Fiasko" enden, prognostizierte Kaeser. Der Aufsichtsratsvorsitzende von Siemens Energy rechnet mit einer "Stagflation". Alles werde teurer. Es komme also zur Inflation.

So erklären es auch führende Ökonomen, etwa die Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier. Sie wies im Deutschlandfunk ebenfalls darauf hin, dass die Zölle auch die Preise in den USA steigen lassen werden. Außerdem werde die Wirtschaft abgewürgt, erklärte Kaeser. In Kombination mit der Inflation sei dies das schlechtmöglichste Szenario.

Zölle als "perfide Machterhaltungspolitik"

Kaeser lenkte den Blick auch auf das Warum: "Ich denke, die Frage ist zunächst einmal, was kann denn eine Motivation sein, für etwas, was Unfug ist?" Trump sei "nicht nobelpreis-verdächtig, was seinen Intellekt angeht", so Kaeser. Er glaube, dass für den US-Präsidenten Zölle ein "Bestandteil einer sehr perfiden Machterhaltungspolitik" seien. Das Kalkül: Andere Länder und Unternehmen im eigenen Land kommen nun zu Trump und bitten ihn um Hilfe.

Laut Kaeser besteht die Gefahr, dass Trump dann sagt: "Wenn ich deine Zölle erlasse, für deine Branche, für dein Unternehmen, was bekomme ich dann? Mindestens eine große Spende." Bei Trump sei nie etwas umsonst. "Das ist immer ein Deal", so Kaeser, der den US-Präsidenten mehrfach getroffen hat.

Joe Kaeser am Sonntags-Stammtisch
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Joe Kaeser prophezeit eine "Stagflation" für die USA. Alles werde teurer und die Wirtschaft werde abgewürgt.

Kardinal Marx erschrocken über fehlende Gewaltenteilung

Wenn es sich in diese Richtung entwickeln sollte, werde "der Verfall der Demokratie" in den USA rasant zunehmen. Kaesers Kritik schloss sich auch Kardinal Reinhard Marx am Sonntags-Stammtisch an. Er müsse bei Donald Trump an den Mafiafilm "Der Pate" denken. In den ersten Minuten des Filmes empfängt Mafiaboss Don Vito Corleone unter spannungsgeladener Kulisse Menschen, die seine Hilfe erbeten.

Marx zeigte sich auch erschrocken darüber, "dass ein Mann solche Entscheidungen fällen kann, die Auswirkungen haben für alle". Er müsse die Frage stellen, wie das überhaupt möglich sei, sagte Marx und kritisierte eine fehlende Gewaltenteilung. Trump habe die Zölle im Alleingang umgesetzt und dafür einen nationalen Notstand ausgerufen. Die US-Regierung begründete dies mit den wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Risiken durch die Handelsdefizite mit anderen Ländern.

Kardinal Reinhard Marx am Sonntags-Stammtisch
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Kardinal Reinhard Marx kritisierte die fehlende Gewaltenteilung in den USA. Denn US-Präsident Trump hatte seine Zölle im Alleingang beschlossen.

Null-Prozent-Zölle als Lösung?

Eine Frage, die sich nun Ökonomen, Politiker und Unternehmer stellen, ist: Wie sollen wir auf die Zölle reagieren? Kaeser meinte: "Erstmal sollte man der anderen Partei die Gründe nehmen." Für ihn geht es dabei um zwei Punkte: Die EU müsse sich selbst um ihre Verteidigung kümmern. Europa habe sich bisher einen "schlanken Fuß" gemacht und von der "Friedensdividende" profitiert.

Zweitens könnte Europa nach Kaesers Ansicht auf die Zölle reagieren, indem es umgekehrt keine Zölle erhebt. Schließlich bezeichne Trump seine Handelspolitik als reziprok, also wechselseitig. Die Höhe der Zölle zeige also an, wer aus Sicht des US-Präsidenten ein guter oder schlechter Handelspartner ist. Setzt die EU ihre Zölle auf null Prozent, müsste Trump seine Zölle nach dieser Logik auch senken.

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