Die Angeklagten bei der Urteilsverkündung im Landgericht Nürnberg/Fürth
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Pflegebetrug: Bürgermeister von Seeg zu Haftstrafe verurteilt

Pflegebetrug: Bürgermeister von Seeg zu Haftstrafe verurteilt

Sie sollen Coronahilfen in Millionenhöhe unrechtmäßig abgerechnet haben: Nun hat das Landgericht Nürnberg-Fürth den Bürgermeister von Seeg und den ehemaligen Leiter einer Pflegeeinrichtung zu Freiheitsstrafen verurteilt.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Schwaben am .

Der Bürgermeister von Seeg, Markus Berktold (CSU), ist vom Landgericht Nürnberg-Fürth wegen Untreue, Betrugs und versuchten Betrugs schuldig gesprochen und zu fünf Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die Strafe für den mitangeklagten ehemaligen Leiter einer Pflegeeinrichtung beläuft sich auf drei Jahre und elf Monate Gefängnis, unter anderem wegen Betrugs und versuchten Betrugs. Zudem ordnete das Gericht gegen beide die Einziehung von Vermögen in sechs- beziehungsweise siebenstelliger Höhe an.

Richter: "Bewusste Kollision mit dem Strafrecht in Kauf genommen"

Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer Haftstrafen gefordert und eine lange Liste an Vorwürfen gegen Berktold vorgelegt: 16 Betrugsfälle, ein versuchter Betrug über 800.000 Euro, die aber nicht ausgezahlt wurden, fünfmaliges Fälschen von Rechnungen sowie sechzehnmal Untreue und zuletzt der Besitz einer Schusswaffe samt Munition. Dem Mitangeklagten warf die Anklage unter anderem Betrug in 25 Fällen sowie die Fälschung beweiserheblicher Daten vor.

Der Vorsitzende Richter Mark Leppich erklärte in seiner Urteilsbegründung zunächst, Berktold habe eine Mission gehabt. Und zwar, die Pflege, die in Seeg drohte an die Wand zu fahren, wieder auf neue Beine zu stellen. Doch dabei habe er bewusst eine "Kollision mit dem Strafrecht" in Kauf genommen. Die Fälle von Betrug und Untreue seien kein Unfall, "der tragischerweise passiert ist". Und, auch wenn Überforderung oder Selbstüberschätzung eine Rolle gespielt haben mögen, so Leppich weiter, "der Zweck heiligt nicht die Mittel." Denn Berktold habe schlicht gelogen. So habe er dem Pflegerettungsschirm vorgegaukelt, dass das Pflegeheim nach seiner Schließung und der Umwandlung in ambulant-betreute Wohngruppen noch stationäre Pflege betrieben habe: "Das war schlichtweg gelogen", so Leppich.

Auch wegen Untreue sprach das Gericht den Bürgermeister schuldig. Berktold hat nach Überzeugung des Gerichts mehr als eine Million Euro bei der Betreibergesellschaft des Seeger Seniorenheims und dem Caritas-Stiftungsvereins veruntreut. Unter anderem hatte der Bürgermeister demnach hunderttausende Euro auf Konten seiner eigenen Pflegefirmen und zwischenzeitlich auch auf ein Privatkonto überwiesen.

Vorwurf: Zwei Millionen Euro an Coronahilfen falsch abgerechnet

Insgesamt sollen der Bürgermeister und der Pflegedienstleiter Coronahilfen in Höhe von rund zwei Millionen Euro unrechtmäßig für das Seniorenheim und einen Pflegedienst in Seeg abgerechnet haben. Berktold bestritt bis zuletzt eine Beteiligung, lediglich die Untreue hatte sein Verteidiger in Teilen vor Gericht eingeräumt; der Heim- und Pflegedienstleiter hatte den Betrug zum Prozessauftakt gestanden. Mit dem Urteil bleibt die Kammer nur wenige Monate unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die eine Haftstrafe von sechs Jahren gefordert hatte, die Verteidigung hatte auf zweieinhalb Jahre plädiert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Ermittlungen in dem Fall hatte die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) bei der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg geführt.

Die Amtsgeschäfte im Seeger Rathaus führt seit der Verhaftung des Ersten Bürgermeisters der zweite, ehrenamtlich tätige Bürgermeister Lorenz Schnatterer.

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