Sitzungssaal des Nürnberger Stadtrats
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Mehrere Mitglieder des Nürnberger Stadtrats fordern nach Kürzungen eines Podcasts Aufklärung. (Archivbild)

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Podcast-Gate: Stadträte fordern überparteilich Aufklärung

Podcast-Gate: Stadträte fordern überparteilich Aufklärung

Ein Podcast des Nürnberger Bildungszentrums wurde erst veröffentlicht, dann gelöscht und Tage später in einer gekürzten Fassung publiziert. Das treibt seit Monaten den Stadtrat um. Im Raum steht der Vorwurf des Eingriffs in die Meinungsfreiheit.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

Überparteilich fordern mehrere Nürnberger Stadträtinnen und Stadträte Nürnbergs Aufklärung im sogenannten Podcast-Gate. In einer Episode des Podcasts "KontaktAufnahme" des Bildungszentrums (BZ) Nürnberg war Johanna Böhm vom Bayerischen Flüchtlingsrat zu Gast. Sie sprach unter anderem über Tauschaktionen mit der Asylbewerber-Bezahlkarte. Diese Passagen wurden im Nachhinein aus der Episode gekürzt.

Jetzt wollen die Stadträte wissen: Warum ging die Episode offline? Warum wurde sie gekürzt und warum wurde das nicht kenntlich gemacht? In einem Antrag an Oberbürgermeister Marcus König (CSU) fordern sie, das Thema im Kulturausschuss am 9. Mai erneut zu behandeln. Dieser Antrag liegt dem Bayerischen Rundfunk vor.

Eingriff in Meinungsfreiheit? BZ widerspricht

Die Forderungen sind nicht neu: Bereits am 14. März hatten die Nürnberger Grünen und der im Stadtrat vertretene Verein Politbande jeweils zwölf Fragen zur schriftlichen Beantwortung gestellt – auch diese liegen dem BR vor. In dem Schreiben wird der Vorwurf des Eingriffs in die Meinungsfreiheit erhoben und die Frage nach einer Einflussnahme von außen gestellt.

BZ-Chef Arne Zielinski nahm bei der Sitzung Stellung. Dabei ging er jedoch nicht direkt auf die Fragen ein. Er widersprach den Vorwürfen einer Einflussnahme von außen und begründete die Kürzungen durch den Neutralitätsgrundsatz seiner Einrichtung: Er selbst habe die Kürzungen veranlasst. Für ihn habe es sich um einen "marginalen Vorgang" gehandelt, deshalb sei seine Kommunikation auch – wie er gesteht – mangelhaft gewesen.

Streit im Kulturausschuss

Nach dieser Aussage kam es zum Schlagabtausch im Ausschuss. Parteiübergreifend äußerten die Rätinnen und Räte – mit Ausnahme der CSU – ihren Unmut über die Art des Berichts von Zielinski und der fehlenden, ausführlichen und schriftlichen Beantwortung der Fragen. Stadträte der CSU hielten mit Zwischenrufen dagegen, das Thema sei beantwortet. "Es ist ein Ding, dass zwei Anträge zum Thema kommen, mit starken Anschuldigungen, aber diese Sache soll mit einem mündlichen Bericht mit drei Sätzen abgebügelt werden", sagte der parteilose Stadtrat Ernesto Buholzer Sepúlveda von der Politbande im Ausschuss.

Brief an OB König: Rechtliche Prüfung gefordert

Bereits in der Sitzung stellte die Grünen-Stadträtin Réka Lörincz einen Antrag unter anderem auf die schriftliche Beantwortung aller Fragen. Dies wiederholten sie und Stadträte von SPD, Politbande, Linke Liste und Die Guten in ihrem Brief an OB König. Sie verlangten außerdem, dass ihnen die Originalversion des Podcasts zur Verfügung gestellt und mit der gekürzten Version abgeglichen werde sowie eine unabhängige und rechtliche Prüfung der Kürzungen – mit Blick auf die Meinungsfreiheit.

Stadtrat erhält Zugang zu Originalversion

Wie die Stadt Nürnberg BR24 auf Anfrage bestätigt, ist die Stadt diesen Forderungen mittlerweile zum Teil nachgekommen. Die Mitglieder des Stadtrats hätten nun Zugang zu beiden Versionen des Podcasts. Auch das Ergebnis einer rechtlichen Prüfung liege dem Stadtrat vor. Diese sei allerdings durch das Rechtsamt der Stadt erfolgt – auch wenn die Räte eine unabhängige Prüfung forderten.

Stadträtin Lörincz bestätigte dies wiederum im BR24-Gespräch. Allerdings: Die Unterlagen sind ihr zufolge nicht öffentlich und sollen damit auch im nicht-öffentlichen Teil der Kulturausschusssitzung am 9. Mai besprochen werden. Sie setze sich aber dafür ein, dass die Sache so transparent wie möglich behandelt werde.

Zankapfel Bezahlkarte für Asylbewerber

Das Bildungszentrum Nürnberg veröffentlicht regelmäßig eine neue Episode des Podcasts "KontaktAufnahme" zu gesellschaftlich relevanten Themen. In der fraglichen Episode war Johanna Böhm vom Bayerischen Flüchtlingsrat zu Gast. Sie sprach unter anderem über Tauschaktionen mit der Bezahlkarte für Asylbewerber. Anhand solcher Aktionen lässt sich der eigentliche Zweck der Bezahlkarte umgehen, der darin besteht, Geflüchteten nur begrenzte Summen an Bargeld zur Verfügung zu stellen. Deutsche Behörden wollen dadurch verhindern, dass Asylbewerber Geld ins Heimatland schicken könnten.

Diese und andere Stellen finden sich in der neu und gekürzt hochgeladenen Version nicht mehr. Auch ein Vermerk zu den Kürzungen und den Gründen ist auf der Homepage des Bildungszentrums nicht zu finden. Der Flüchtlingsrat kritisierte die Kürzungen im Dezember 2024 als "schweren Eingriff in die Meinungsfreiheit".

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