Rund um eine Event-Halle in der Germanenstraße in Königsbrunn ging nichts mehr, als die Polizei gestern Abend gegen 17 Uhr anrückte. Das Amtsgericht Augsburg hatte zuvor einen Durchsuchungsbeschluss für den Veranstaltungsort erlassen, "zur Gefahrenabwehr", wie es hieß. 280 Einsatzkräfte, zum Teil schwer bewaffnet und in schwarzer Vollmontur, überprüften die Gäste in Smoking und Abendkleid. Bis kurz vor Mitternacht dauerte der Einsatz. Dabei wurden die Papiere von 339 Frauen und Männern überprüft, Leibesvisitationen durchgeführt und Autos durchsucht. Der Grund: Die Ermittler hatten Hinweise, dass es bei dem Fest der rumänischen Großfamilie zu Gewalttaten kommen könnte – und einer eigenmächtigen Verurteilung.
Bestrafung durch eigenen "Friedensrichter"?
Wie die Polizei in München heute mitteilte, bestand die Gefahr, dass ein innerhalb der Familie als Friedensrichter bestellter Mann auf der Feier im Zusammenhang mit einem Konflikt zwischen Verwandten illegal "Recht" sprechen könnte. Das sei in der Vergangenheit bereits geschehen und für die Opfer häufig mit massivsten Konsequenzen verbunden gewesen, so der Leiter des zuständigen Kommissariats, Hans-Peter Chloupek.
"Parallelgesellschaft": Wer raus will, muss zahlen
Die Bandbreite reiche von Todesdrohungen, Körperverletzungen, Vergewaltigungen bis hin zu hohen Geldstrafen, die mit Gewalt eingetrieben würden. Anlass könnte etwa der Entschluss sein, dass jemand aus der Großfamilie ausscheiden möchte, etwa wegen einer Liebesheirat. Dieser müsse sich freikaufen: "Wer aus der Familie raus will, muss viel Geld zahlen", so Ermittler Chloupek heute zum BR. Wer nicht spure, werde bestraft, Frauen etwa auch vergewaltigt. Das sei eine Art von "Parallelgesellschaft", in der das hiesige Rechtssystem nicht anerkannt werde, so der Fahnder.
Gäste kamen bis aus Italien und Frankreich
Ursprünglich war die Feier im Raum München geplant, wurde dann aber kurzfristig nach Königsbrunn verlegt. Laut Polizei kamen viele der Gäste aus München, andere waren aus der ganzen Bundesrepublik, Italien, Frankreich und Rumänien angereist. Zwölf Personen wurden vorläufig festgenommen, unter anderem wegen des Verdachts von Menschenhandel und Vergewaltigung. Sie wurden später wieder auf freien Fuß gesetzt. Gegen drei Personen bestanden aktuelle Haftbefehle; sie konnten noch vor Ort durch eine Geldbuße ihre Festnahme abwenden.
Längere Ermittlungen des Münchner Präsidiums gingen voraus
Die Ermittler stellten bei der Durchsuchung fünf Waffen fest; darunter verbotene Einhandmesser, Messer mit Doppelschliffklinge, einen Totschläger sowie ein illegales Reizstoffsprühgerät. Außerdem, so die Polizei heute, wurden fünf Verstöße gegen das Geldwäschegesetz und ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz angezeigt. Widerstand gegen die Durchsuchung habe es keinen gegeben.
Das Münchner Polizeipräsidium ermittelt eigenen Angaben zufolge bereits seit längerer Zeit gegen Angehörige der aus Rumänien stammenden Großfamilie - unter anderem wegen Körperverletzungsdelikten, Erpressungen und Betrugsstrafen. Viele dieser Delikte wurden laut Polizei im Zusammenhang mit Konflikten innerhalb der eigenen Großfamilie begangen.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!