Wenn Michael Reck freitags seinen Hofladen im unterfränkischen Dittelbrunn öffnet, steht er gefühlt schon mit einem Fuß vor Gericht: Der Landwirt muss für die Vermarktung seiner hofeigenen Produkte unzählige Gesetze und Regelungen beachten, vom Gewerberecht über die Handwerksrolle, die Lebensmittelsicherheit und die Verpackungsverordnung bis hin zur Kassenführung. "Man blickt nicht mehr durch", sagt Reck. "Du bist unsicher, ob du es gerade richtig machst oder ob's neue Vorschriften gibt, weil statt Bürokratieabbau wird es immer mehr."
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Gebündelte Informationen
Das neue Rechtsportal Direktvermarktung der Bayerischen Staatsregierung (externer Link) soll Landwirten dabei helfen, schnell die relevanten Informationen zu finden. Laut einer Umfrage der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf hatten sich 70 Prozent der befragten Direktvermarkter genau so ein digitales Informationsportal gewünscht. Finanziert wird es von der Geschäftsstelle für Bürokratieabbau der Bayerischen Staatsregierung. Der Vorteil: Die Merkblätter der verschiedenen Ministerien und Landesämter sollen nun an einem Platz gebündelt sein und permanent von den Behörden aktualisiert werden.
Besteht das Rechtsportal den Test?
Michael und Susanne Reck haben Rinder, Schweine und Hühner und vermarkten all ihre Produkte im eigenen Hofladen. Die beiden wollen das Rechtsportal testen. Beispiel: Eierlikör. Susanne Reck stellt den Eierlikör selbst her. Bei einer Lebensmittelkontrolle hatten die Recks schon einmal Ärger wegen des Alkoholgehalts ihres Eierlikörs bekommen, deshalb nun die Suche im Rechtsportal: Wie viel Prozent Alkohol muss ein Eierlikör mindestens haben?
Mehrseitige Gesetzestexte
Das Ehepaar klickt sich durch die Vorschriften zur Lebensmittelkennzeichnung, landet beim Praxisleitfaden Weinerzeugnisse und wird schließlich auf die Internetseite des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) verwiesen. Aber die Information zum Alkohol im Eierlikör finden sie nicht. "Das sind hier sechsseitige Gesetzestexte!", sagt Susanne Reck. Und Michael Reck ergänzt: "Wenn davon 20 Prozent übrig bleiben, dann können wir über Bürokratieabbau reden. Momentan sind das für mich Luftnummern. Da komme ich zu keinem Ergebnis."
Kein Bürokratieabbau
Stephanie Waritschlager, Fachbetreuerin für Direktvermarktung beim Bayerischen Bauernverband (externer Link) lobt den Ansatz, die Informationen zu bündeln und permanent zu aktualisieren. Ein echter Bürokratieabbau sei das jedoch nicht. Nun müssten handfeste Schritte zur Vereinfachung der Vorschriften erfolgen, so die Expertin. Allerdings hat das nicht allein der Freistaat Bayern in der Hand: Die meisten Regelungen kommen inzwischen aus Berlin und Brüssel.
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