Die CSU ist Kampf um die Mütterrente gewohnt. Unter Horst Seehofer avancierte die Anerkennung von Kindererziehungszeit neben der Pkw-Maut zu einer der bundespolitischen CSU-Lieblingsforderungen – so bleibt es auch unter Markus Söder. Damals wie heute hat die CSU bei dem Thema mit Widerständen zu kämpfen, damals wie heute trotzt sie Gegenwind. Die Mütterrente ist so zu einem Sinnbild für die Durchsetzungsfähigkeit der CSU geworden.
Bemerkenswert dabei: Kritik kommt von Arbeitgebern, der Wirtschaft und dem eigenen Parteinachwuchs, die sonst fest an der Seite der CSU stehen. Hinter der CSU-Forderung stehen Gewerkschaften und Sozialverbände – nicht unbedingt natürliche Verbündete der Partei.
Im Audio: Die Debatte über die Mütterrente
Rentnerin mit Rollator
Was verlangt die CSU?
Eine schrittweise Ausweitung der Mütterrente, die auch Väter bekommen können, hat die CSU seit 2014 schon erreicht. Jetzt soll die dritte und letzte Etappe folgen. Bisher hängt die Anerkennung von Erziehungsleistungen in der Rente vom Geburtsjahr der Kinder ab: Für alle ab 1992 geborenen Kinder können bis zu 36 Monate anerkannt werden, für früher geborene nur bis zu 30 Monate. Für die CSU ist die Gleichstellung aller Mütter eine Frage der Gerechtigkeit.
CDU-Chef Friedrich Merz hatte im Wahlkampf bekundet, dass er auf andere Schwerpunkte setze. Trotzdem gelang es der CSU, ihre Forderung in den Koalitionsverhandlungen mit CDU und SPD durchzusetzen. Finanziert werden soll die Mütterrente aus Steuermitteln. Im Sommer brachte das Bundeskabinett die Ausweitung ab 2027 als Teil eines größeren Rentenpakets auf den Weg.
Um wie viel Geld geht es?
Ein halbes Jahr Erziehungszeit entspricht einem halben Rentenpunkt und hat laut Rentenversicherung aktuell einen Wert von 20,40 Euro im Monat – oder gut 240 Euro brutto im Jahr. Die Kosten hatte die CSU im Wahlkampf mit rund 3,5 Milliarden Euro jährlich beziffert, aktuell geht die Bundesregierung von fünf Milliarden Euro pro Jahr aus.
Was kritisiert der CSU-Nachwuchs?
Anfang Oktober stellte sich die Junge Union Bayern gegen die Ausweitung der Mütterrente. In einer Erklärung hieß es: "Gleichzeitig fordern wir klare Einschnitte bei überzogenen Ausgaben – inklusive des Stopps teurer Wahlgeschenke wie der Mütterrente, die vor allem der jungen Generation massiv schaden. Zusätzliche Ausgaben für die geplante Erweiterung der Mütterrente schränken die Handlungsspielräume weiter ein."
Was sagt die Wirtschaft?
Für Aufsehen sorgt die Forderung des Präsidenten der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Rainer Dulger: "Die Mütterrente darf nicht weiter erhöht werden." Der "Augsburger Allgemeinen" sagte er: "Das wäre ein falsches Signal an die junge Generation." Der Staat müsse die Mütterrente mit Steuergeld bezahlen, dieses Geld fehle dann für Investitionen.
Der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, Bertram Brossardt, stimmt in die Kritik ein: "Rentengeschenke egal welcher Art und Weise können wir uns nicht mehr leisten", sagte er dem BR. "Diese belasten den Haushalt und die Beitragszahler."
Was entgegnet die CSU?
CSU-Generalsekretär Martin Huber zeigt für die Forderung der Arbeitgeber "null Komma null" Verständnis. Zu behaupten, die Mütterrente stehe in Konkurrenz zu Investitionen, sei falsch: "Wir investieren so massiv wie noch nie." Die Mütterrente sei beschlossen und werde kommen, versicherte Huber. Die Rentnerinnen könnten sich auf das Wort von Markus Söder verlassen. Der Berliner CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Mütterrente stehe "nicht zur Debatte". Söder hatte mehrfach argumentiert: Wer gegen die Mütterrente sei, habe kein Herz.
Wer unterstützt die CSU?
Auch der Berliner Koalitionspartner SPD hält an den Plänen fest: Fraktionsgeschäftsführer Dirk Wiese erteilte der Forderung des Arbeitgeberpräsidenten eine "klare Absage". Die Koalition habe sich auf ein Gesamtrentenpaket verständigt, sagte er RTL/ntv. Dazu gehörten die Aktivrente, die Mütterrente und das Festschreiben des Rentenniveaus auf 48 Prozent.
Der bayerische DGB-Landeschef Bernhard Stiedl nannte die Kritik an der Mütterrente auf BR-Anfrage "kurzsichtig". Die Ausweitung sei überfällig und schließe eine Gerechtigkeitslücke. "Kinder zu erziehen ist eine Aufgabe, die die ganze Gesellschaft trägt – daher ist es nur konsequent und richtig, auch die Anerkennung dieser Leistung gemeinschaftlich aus Steuermitteln zu finanzieren." Söders Einsatz dafür verdiene Respekt. Unterstützt wird die Ausweitung auch vom Sozialverband VdK.
Wie geht es weiter?
Die Koalition will nun eine schnelle Entscheidung, wie SPD-Politiker Wiese sagte: "Wir werden dieses Rentenpaket in seiner Gesamtheit jetzt im November im Deutschen Bundestag dann hoffentlich über die Ziellinie bringen." Besonders in der CDU/CSU-Fraktion aber gibt es noch Gesprächsbedarf: Deren junge Gruppe hatte Mitte Oktober Widerstand gegen den Gesetzentwurf angekündigt, der "in der jetzigen Form nicht zustimmungsfähig" sei. Die Gruppierung hat 18 Mitglieder und könnte das Rentenpaket blockieren.
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