Avram Iancu aus Rumänien zieht sich seine Schwimmkappe über den Kopf, setzt sich seine Schwimmbrille auf und watet vom Ufer aus in den Main. Der 49-Jährige arbeitet als Bibliothekar. Als er vor Jahren ein Buch über die erste Ärmelkanal-Überquerung eines Schwimmers in die Hand bekam, sagte er sich: Das schaffe ich auch. Und tatsächlich ist er bereits zweimal durch den Ärmelkanal in der Nordsee geschwommen, hat im Kraulstil die Donau bis zum Schwarzen Meer und den Rhein von Konstanz bis an die holländische Küste geschafft - fast 4.000 Kilometer. Nun hat er sich den Main vorgenommen.
Schwimmen mit Botschaft
"Ich schwimme für ein vereintes Europa. Wasser hat keine Grenzen. Du kannst zehn Länder passieren und niemand stoppt Dich. Europa muss einfach stark sein", sagt er. Begleitet wird Avram von Ulise und Radu in einem kleinen Schlauchboot mit Außenbordmotor. Radu ist Schiedsrichter und muss alles dokumentieren für den geplanten Rekord, am Ende von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer geschwommen zu sein - denn auch durch den Main-Donau bis Kelheim will Avram noch. Nur Ulise spricht Deutsch. Per Funk kommuniziert er mit den großen Güterschiffen, damit Avram im Wasser nichts passiert.
Halbe Bananen und energiereiche Drinks aus dem Begleitboot
Ulise und Radu versorgen Avram vom Boot aus mit Getränken und Essen - in kleinen Portionen, denn ein voller Bauch wäre beim Schwimmen nicht gut. Vor den Staustufen muss Avram aus Sicherheitsgründen ins kleine Schlauchboot steigen. So passiert das Team die großen Schleusen. Danach springt der 49-Jährige wieder in den Main und schwimmt weiter.
Nette Begegnungen unterwegs
Kurz nach der Staustufe Randersacker bei Würzburg begegnet Avram Edith. Die 70-Jährige schwimmt – wenn es geht – täglich im Main. Avram krault zu ihr und ruft: "Nice to meet you!" Als sie hört, dass er schon den Rhein und die Donau entlanggeschwommen ist und jetzt noch bis Mainz zur Mainmündung in den Rhein will, staunt sie: "Das finde ich großartig, dass er das schafft. Der eigene Wille schafft viel", sagt sie, und Avram krault weiter.
Große Fangemeinde
Tausende Rumänen verfolgen Avrams Schwimmtour über einen Live-Tracker. Als er am Ufer eine Pause macht, entdecken ihn Landsleute in den Weinbergen gegenüber. Über mehrere hundert Meter Entfernung rufen sie einander zu und winken.
Konstatin, ebenfalls Rumäne, ist extra aus Marktheidenfeld an den Main gekommen. Er hat Avram richtiggehend gesucht. Über einen Uferweg hat er sich durch die Büsche an den Main gekämpft. Radu holt ihn mit dem Schlauchboot ab. Obwohl sie sich noch nie gesehen haben, umarmen sich der Rekordschwimmer und Konstantin und machen Selfies. Nach einer halben Stunde verabschieden sie sich herzlich und Radu bringt Konstantin wieder ans andere Mainufer zurück.
Support von allen Seiten
Avram, Ulise und Radu übernachten meist im Zelt. Viele Landsleute laden sie aber auch spontan zu sich nach Hause ein. Hier können die drei duschen, essen und "mit einem festen Dach über dem Kopf" schlafen. Am nächsten Tag werden sie wieder zum Main gefahren.
Bei den Rumänen ist Avram Iancu längst eine Berühmtheit - auch weil er bislang jeden Meter ohne Neopren-Anzug geschwommen ist, egal in welcher Jahreszeit und bei welchem Wetter.
Sein aktuelles Schwimm-Projekt will er nach der Main-Etappe noch mit der Strecke von Hilpoltstein bis Kelheim komplettieren. Dann hat er auch den Main-Donau-Kanal vollständig im Kraulstil bewältigt. Das sind weitere 72 Kilometer.
Kraulend bewegt sich Extremschwimmer Avram Iancu im Main fort.
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