In einem Gerichtssaal sitzen mehrere Angeklagt und deren Anwälte
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Prozess in Aschaffenburg: Angeklagte Tierärztinnen machen Aussagen

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Schlachthof Aschaffenburg: Angeklagte Tierärztinnen sagen aus

Schlachthof Aschaffenburg: Angeklagte Tierärztinnen sagen aus

Im Prozess gegen zwei ehemalige amtliche Tierärztinnen am Schlachthof Aschaffenburg haben sich beide Angeklagten zu den Vorwürfen geäußert. Sie sollen den Schlachthof vor unangekündigten Kontrollen gewarnt haben.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Im Sommer 2023 hat der Aschaffenburger Schlachthofskandal nicht nur bei Tierschützern eine Welle der Empörung ausgelöst: Schweine und Rinder wurden mit Elektroschockern traktiert, noch lebende Tiere auseinandergenommen. Weil zwei amtliche Tierärztinnen in die Verstöße verwickelt sein sollen, müssen sie sich ab heute vor dem Landgericht Aschaffenburg verantworten. Der Vorwurf: Verletzung des Dienstgeheimnisses.

Zwei Tierärztinnen wegen Geheimnisverrats angeklagt

Die beiden angeklagten Frauen haben sich heute zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft geäußert. Der 50 Jahre alten Frau wirft die Anklage Verrat des Dienstgeheimnisses in fünf Fällen vor, der 28-Jährigen in einem Fall. Sie sollen den Schlachthofbetrieb vor unangekündigten Kontrollen der Bayerischen Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV) gewarnt haben.

Vor Kontrollen via Whatsapp gewarnt

Die 50-Jährige räumte vollumfänglich ein, die Daten der Kontrollen in einer schlachthofeigenen Whatsapp-Gruppe angekündigt zu haben. Mitglieder der Gruppe waren unter anderem der ehemalige Geschäftsführer der Schlachthof Aschaffenburg GmbH und der Inhaber und Mitarbeiter eines Zerlegebetriebs auf dem Gelände des Schlachthofs. Es tue ihr leid, wie sie gehandelt habe, lies sie ihren Anwalt verlesen. Bei der Befragung der 50-Jährigen durch Richter und Staatsanwaltschaft kam aber auch heraus, dass sie das offenbar vor allem getan habe, um sich selbst und ihren Job zu sichern: Durch die Warnung konnte sich das Schlacht-Personal auf die KBLV-Kontrolle vorbereiten. Damit stand auch sie als überwachende amtliche Tierärztin gut da.

Mail an Zerlegebetrieb auf Schlachthofgelände

Eine andere Veterinärin war 2021 nach so einer Kontrolle gesperrt worden, weil es etliche Beanstandungen gab. Auch die 28-jährige Angeklagte ließ sich zu den Vorwürfen ein. Sie argumentierte allerdings anders: Sie habe damals eine E-Mail weitergeleitet, in der es nicht um die Kontrolle des Schlachtbetriebs ging, sondern eine „Kontrolle der Kontrolleure“. Dabei prüft die KBLV die amtlichen Tierärzte während des Schlachtbetriebes. Um ihrer Kollegin in diesem Fall die besten „Prüfungsbedingungen“ zu schaffen, habe sie die E-Mail weitergeleitet. Das sei nicht verboten und keine Verletzung des Dienstgeheimnisses, so die Argumentation ihres Anwalts. Die 28-Jährige hatte die entsprechende E-Mail damals an den Inhaber des Zerlegebetriebs weitergeleitet, mit dem sie damals auch zusammen war. Sie schrieb ihm, er solle die E-Mail an den Geschäftsführer des Schlachthofs weiterleiten. Was dieser auch tat. Der 33-Jährige steht deswegen heute ebenfalls vor Gericht wegen Beihilfe zur Verletzung des Dienstgeheimnisses. Auch er hat den Vorwurf der Staatsanwaltschaft vollumfänglich eingeräumt, wollte aber keine Fragen der Kammer beantworten.

Schockierende Bilder von "Soko Tierschutz"

Im Sommer 2023 waren Aufnahmen der Tierschutzorganisation "Soko Tierschutz" publik geworden. Diese zeigten, wie Beschäftigte Schweine und Rinder mit Elektroschockern traktieren und offensichtlich noch lebende Tiere auseinandernehmen. Die Staatsanwaltschaft hat deshalb umfangreiche Ermittlungen aufgenommen. Diese Ermittlungen wegen quälerischer Tiermisshandlung dauern noch immer an, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Mit einem Abschluss sei "aufgrund des Umfangs der auszuwertenden Beweismittel" nicht vor Ende 2024 zu rechnen.

Schlachtung nach Verbesserungen für Tierwohl wieder erlaubt

Aufgrund der Filmaufnahmen hatte die KBLV im Juli 2023 dem privaten Betreiber des Schlachthofes die Durchführung von Schlachtungen am Schlachthof Aschaffenburg zunächst untersagt. Nachdem der Schlachthofbetreiber den Geschäftsführer, Betriebsleiter und Tierschutzbeauftragten ausgewechselt hatte, seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Tierschutzfragen durch externe Sachverständige zusätzlich geschult und diverse Änderungen in den Betriebsabläufen und den technischen Einrichtungen vorgenommen hatte, hat die KBLV die Schlachtung von Schweinen im September 2023 wieder zugelassen. Auch die Schlachtung von Rindern ist wieder zugelassen.

Menschen stehen im Gerichtssaal.
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