Horst Seehofer mit Manfred Weber
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Horst Seehofer mit Manfred Weber

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Seehofer ist wieder da - und stichelt gegen Söder

Seehofer ist wieder da - und stichelt gegen Söder

Seit Jahren bleibt Horst Seehofer konsequent CSU-Veranstaltungen fern, im Europawahlkampf macht er für einen Abend eine Ausnahme: als "Freundschaftsdienst" für Manfred Weber. Parteichef Markus Söder ist als Person nicht dabei - aber als Stichel-Ziel.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Dass der Name Markus Söder auf einer CSU-Veranstaltung überhaupt nicht erwähnt wird, dürfte Seltenheitscharakter haben. Beim "politischen Abend" im Landgasthof Rouherer im oberpfälzischen Hahnbach ist von Franz Josef Strauß die Rede, von Edmund Stoiber - und viel von Horst Seehofer. Mehr noch: Es spricht vor allem Horst Seehofer. Der 74-Jährige hat für einen Abend seinen Ruhestand unterbrochen, um mal wieder Wahlkampf für die CSU zu machen. Konkret: für Manfred Weber, den CSU-Spitzenkandidaten bei der Europawahl.

Es sei ein "reiner Freundschaftsdienst", sagt Seehofer. Weber gilt so manchem in der CSU als Anti-Söder. Über Seehofer ist bekannt, dass er Söders weiteren Aufstieg eigentlich verhindern wollte. Obwohl Seehofer und Weber den Namen des aktuellen CSU-Chefs kein einziges Mal in den Mund nehmen, hat so mancher im Saal immer wieder das Gefühl: Es geht auch um Söder.

"Der einzige, der bei einer Wahl hinzugewonnen hat"

Insbesondere die Art und Weise, wie Seehofer den bodenständigen Niederbayern Weber lobt, spricht für sich. Ein "feiner Kerl" sei er, zu dem man Vertrauen haben könne. "Das ist das wichtigste Kapital in der Politik." Weber sei der einzige CSU-Politiker, "der in den letzten fünf Jahren bei einer Wahl hinzugewonnen hat", erläutert Seehofer mit Blick auf die vorige Europawahl.

Bei allen anderen Wahlen in den vergangenen fünf Jahren habe die CSU "schlechter abgeschnitten als in der Wahl vorher". Vorsitzender der CSU ist seit fünf Jahren Söder.

Seehofer: Nicht so viel über Kanzlerkandidaten reden

Später kommt Seehofer noch einmal auf Wahlergebnisse zu sprechen, erklärt Werte von mehr als 40 Prozent zum Maßstab: Es sei für die CSU möglich, bei Wahlen zuzulegen. "Man darf nicht über künftige Koalitionspartner reden, sondern man muss darüber reden, wie wir stärker werden können." Nach der Landtagswahl im Herbst hatte sich Seehofer aus der CSU-internen Wahlanalyse herausgehalten - damals aber hatten mehrere führende Christsoziale (auch Weber) Söders frühzeitige Festlegung auf eine Fortsetzung der Koalition mit den Freien Wählern als Fehler kritisiert.

Seehofer ermahnt zudem CSU und CDU, "nicht so viel über Kanzlerkandidaten zu reden", sondern über ihre Politik. "Über Kanzlerkandidaten haben wir 2021 viel zu viel geredet, und damit sind auch die Grundlagen gelegt worden, dass die Bevölkerung geglaubt hat, wir sind nicht einig." Um die Kanzlerkandidatur hatte 2021 auch Söder gekämpft, konnte sich aber schließlich nicht gegen den damaligen CDU-Vorsitzenden Armin Laschet durchsetzen.

Küchentisch statt Merkels Kabinettstisch

Bemerkenswert sind Seehofers Aussagen vor allem deswegen, weil sich der Ex-Parteichef aus der Öffentlichkeit und aus politischen Debatten zurückgezogen hat. "Ich habe also den Kabinettstisch mit Angela Merkel mit dem Küchentisch von Karin Seehofer getauscht", sagt er und stößt sein typisches Horst-Seehofer-Lachen aus, das "Der Spiegel" einst als "trockenes Hecheln" beschrieben hatte. "Ich verfolge die Politik nur noch rudimentär. Vielleicht haben Sie festgestellt, dass ich mich seit fast drei Jahren nicht mehr einmische."

Seehofer ist so etwas wie der unsichtbare Dritte der CSU-Ehrenvorsitzenden. Während Edmund Stoiber und Theo Waigel bei wichtigen Ereignissen und CSU-Parteitagen immer wieder in der ersten Reihe zu sehen sind, verzichtet Seehofer seit Jahren konsequent auf solche Termine. Auch Interviews mit dem Ex-CSU-Chef sind sehr selten. Für Weber stellen sich ausnahmsweise alle drei in eine Reihe: Demnächst sollen auch Stoiber und Waigel noch für den Spitzenkandidaten werben.

In Hahnbach sitzt schon mal ein gelassener und gut gelaunter Seehofer mehr als 100 Minuten lang neben Weber auf der Bühne und plaudert über Privates und Politisches. Dabei erinnert der Ex-Bundestagsabgeordnete, Ex-Bundesminister, Ex-Ministerpräsident und Ex-Parteichef die Moderatorin daran, dass ihre Aufzählung seiner Ämter unvollständig war. "Ich war übrigens auch fünf Jahre im bayerischen Landtag", wirft er ein. "Ich war auch vier Wochen Bundespräsident. Ich war alles - mit Ausnahme Bundeskanzler. Aber die Planstelle war besetzt."

Webers vielsagendes Lob für Seehofer

Auch in Webers Lob für Seehofer lässt sich ohne große Mühe einiges hineininterpretieren: Er habe Seehofer um Wahlkampfhilfe gebeten, weil dieser für ihn "der Ministerpräsident" sei, der die Idee, dass Politik bei den Bürgern starte, auf "eine perfekte Art und Weise" gelebt habe. Und Seehofer sei der CSU-Politiker, der aus einer Koalition heraus wieder die absolute Mehrheit in Bayern geholt habe. Mit dem Spitzenkandidaten Söder war die CSU zweimal bei etwa 38 Prozent gelandet und benötigte einen Koalitionspartner.

"Ich wüsste keine Intrige"

Seehofer erklärt den rund 120 Gästen im Saal dann auch noch, warum er für Manfred Weber ausnahmsweise Wahlkampf macht: "Ich wüsste überhaupt keinen Streit zwischen uns beiden. Was noch wichtiger ist: Ich wüsste auch keine Intrige" - kurze Pause - "die von Dir ausgegangen ist." Vielsagendes Lachen. Seinem damaligen Minister Söder hatte Seehofer 2017 in Abwesenheit charakterliche Defizite und "Schmutzeleien" vorgeworfen. Weber dagegen würdigt der Ingolstädter nun als einen Politiker mit "Haltung".

Immer einer Meinung waren freilich auch Seehofer und Weber nicht. Die CSU hat ihre Europawahlkämpfe immer nach dem Motto gemacht: Europa - ja, aber. Mal war das "Ja" lauter - wie jetzt gerade. Mal auch das "Aber". Wie 2014: Damals bollerte Seehofers CSU-Vize Peter Gauweiler gegen die "Flaschenmannschaft" in der EU-Kommission. Eine Teilschuld für den vergeigten Wahlkampf sah Weber damals auch bei Seehofer. Das ist lange her. Jetzt werben beide nach Kräften gemeinsam für Europa.

Migration: Seehofer sieht sich bestätigt

Seehofer lobt Webers Einsatz für den europäischen Migrationspakt - und erklärt wortreich, dass er seine frühere Flüchtlingspolitik durch die aktuellen Debatten in Deutschland bestätigt sieht. Seine Forderungen nach Obergrenze und Rückführungsabkommen waren seinerzeit an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) abgeprallt. Heute blicke er "mit Zufriedenheit" darauf, "dass sich allmählich durchsetzt, dass es eine Zuwanderung ohne Steuerung und ohne Ordnung nicht gibt".

Dabei spannt Seehofer den Bogen von der Flüchtlingskrise 2015 bis heute, blickt aber auch zurück in der deutschen Geschichte bis in die Weimarer Republik: Der Aufwind für Extremisten sei immer eine Folge der Schwäche von Demokraten gewesen. "Wir sind nicht für die Abschottung der Bundesrepublik Deutschland, aber wir sind dafür, dass die Zuwanderung auf ein Maß reduziert wird jährlich, dass wir die innenpolitischen Probleme lösen und die Rechten verschwinden."

Versöhnliches zum Schluss

Zum Schluss gibt es dann noch versöhnliche Worte Seehofers für seine Partei. "Die CSU hat allen Grund, zuversichtlich in die Zukunft zu schauen. Es ist meine tiefe Überzeugung", sagt der Ex-Ministerpräsident. "Ich will Euch damit ein bisschen den Rücken stärken."

Und er fügt einen Satz hinzu, der auch Markus Söder gefallen könnte: "Wir machen nicht alles hundertprozentig richtig, aber das meiste."

Horst Seehofer und Manfred Weber.
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Gestern hat Horst Seehofer in der Oberpfalz Wahlkampf für die CSU gemacht - zur Unterstützung von Spitzenkandidat Manfred Weber.

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