Menschenmengen beim Ein- und Aussteigen an einer U-Bahn in München. (Symbolbild)
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Eine Studie zeigt: Jede vierte junge Frau wurde im Münchner Nahverkehr schon einmal sexuell belästigt. (Symbolbild)
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Eine Studie zeigt: Jede vierte junge Frau wurde im Münchner Nahverkehr schon einmal sexuell belästigt. (Symbolbild)

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Sexuell bedrängt im ÖPNV: Jede vierte junge Münchnerin betroffen

Sexuell bedrängt im ÖPNV: Jede vierte junge Münchnerin betroffen

Der Kreisjugendring hat junge Münchnerinnen und Münchner zur Mobilität befragen lassen. Ein Ergebnis: Jede vierte junge Frau wurde im Münchner Nahverkehr schon einmal sexuell belästigt.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Männer, die sie anstarren, sexualisierte Sprüche loslassen, ungefragt Fotos machen oder ihnen am Bahnsteig nachlaufen: Von solchen und ähnlichen Erlebnissen erzählen junge Frauen vor der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität dem BR, wenn sie angesprochen werden auf Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen in Münchner Bussen, Trams, U- oder S-Bahnen. Vor allem nachts seien sie deshalb in erhöhter Alarmbereitschaft. Catcalling, also Pfiffe, anzügliche Sprüche oder Gesten im Vorbeigehen oder Bedrängung durch meist alkoholisierte Männer, hätten sie schon einmal erfahren, erzählt der Großteil der Frauen.

Ihre Erfahrungen bestätigt jetzt eine repräsentative Studie, die der Kreisjugendring (KJR) in Auftrag gegeben hat: Demnach ist mehr als jede vierte junge Frau zwischen 14 und 27 Jahren im Münchner Nahverkehr schon einmal sexuell belästigt worden.

Mobilitäts-Studie: Viele fühlen sich nachts unsicher

Für die repräsentative Studie zu junger Mobilität in München beauftragte der KJR das Institut für empirische Soziologie an der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg. Für die Studie wurden die Antworten von knapp 1.200 Menschen zwischen 14 und 27 Jahren ausgewertet. Für Aufsehen sorgten vor allem die Ergebnisse zu Sicherheit im ÖPNV: Denn drei Viertel aller Frauen, die sich nachts im ÖPNV unsicher fühlen, meiden öffentliche Verkehrsmittel. Das trifft auch auf 38 Prozent der Männer zu. Ein Faktor, der das Problem verschärft: Alkohol. Etwa die Hälfte der jungen Menschen fühlt sich in München von sichtbar Betrunkenen belästigt. Unter anderem deshalb fühlt sich etwa jeder fünfte junge Mann nachts beim Warten an der Haltestelle unsicher. Bei den jungen Frauen betrifft das mit fast drei Viertel der Befragten den Großteil.

KJR: "Bild von Männlichkeit ändern"

München sei nach wie vor die sicherste Großstadt Deutschlands, so Theresa Baum, Referentin für Junge Politik beim KJR, bei einer Informationsveranstaltung am Mittwoch. Dennoch müsse man die Bedürfnisse junger Menschen vor allem in Bezug auf Sicherheit ernst nehmen.

Denn das offenbar stark verbreitete Gefühl der Unsicherheit - vor allem im nächtlichen ÖPNV - würde ein gesamtgesellschaftliches Problem widerspiegeln, da in öffentlichen Verkehrsmitteln viele Menschen auf engem Raum zusammenkommen. "Die meisten übergriffigen Personen sind Männer. Daher müsste man das Bild von Männlichkeit ändern", so Baum. Der Großteil der Männer wolle niemanden bedrängen. "Doch auch diese Männer müssen sich bewusst werden, dass sie trotzdem andere Fahrgäste sich unsicher fühlen lassen können", sagt Baum.

Frauennotruf: Belästigung von Frauen kein neues Phänomen

Dass das Sicherheitsgefühl von Frauen und Männern im ÖPNV stark auseinandergeht, sei kein neues Phänomen, sagt Annemarie Aiyeju. Sie berät seit Jahren Frauen und Mädchen für den Münchner Frauennotruf. "Jede Form von Gewalt ist eine Grenzüberschreitung, die sie nicht aushalten müssen", so Aiyeju.

Hohe Dunkelziffer - Keine Untersuchung zu übergriffigen Männern

Sebastian Rauch, der Leiter der Studie, nannte die Ergebnisse "durchaus bedenklich". Bei den tatsächlich bei der Polizei gemeldeten Fällen gebe es eine sehr hohe Dunkelziffer, weil die Überwindung, solche Fälle anzuzeigen, hoch sei. "Die Zahlen aus der Studie zeigen jetzt aber sehr deutlich, dass es ein entsprechendes Thema ist, das es zu adressieren gilt." Welche Gruppen von Männern die in der Studie benannten Übergriffe begangen haben, wurde in der Studie nicht abgefragt. Annemarie Aiyeju vom Frauennotruf sagt dazu: "Es gibt keine Klassifikation. Übergriffige Männer sind Männer."

Wunsch der Beraterin: Sicherheit "auf politischer Ebene priorisieren"

"Eine Frau sollte sich verhalten und anziehen dürfen, wie sie möchte, ohne befürchten zu müssen, dass sie eine Grenzverletzung erlebt. Es ist unsere Verantwortung als Gesellschaft, Menschen vor Gefahrensituationen zu schützen", sagt Aiyeju. Die Sicherheit der Frau müsse auch auf politischer Ebene priorisiert werden. "Dann wird es unserer Gesellschaft insgesamt besser gehen", sagt die Frauennotruf-Beraterin.

Transparenzhinweis: Wir haben den Text am 22.10. um 17:15 Uhr aktualisiert und mit weiteren Informationen ergänzt.

Im Video: Studie: Sexuelle Belästigung im ÖPNV

Studie: Sexuelle Belästigung im ÖPNV
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Studie: Sexuelle Belästigung im ÖPNV

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